Heftige Kritik an der Corona-Politik der Bundes- und Länderregierungen hat der Kindheitswissenschaftler Michael Klundt geübt. Bereits am 9. September stellte der Professor vom Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften an der Hochschule Magdeburg-Stendal den Corona-Maßnahmen im Hinblick auf deren Auswirkungen auf Kinder ein vernichtendes Urteil aus. Er spricht bereits von einer „Form der Kindeswohlgefährdung.“ Solche Kritik aus der Wissenschaft hätte in einer funktionierenden Demokratie zu großen Schlagzeilen und zu einer breiten öffentlichen Debatte über das Thema führen müssen. In unseren Medien taucht sie dagegen so gut wie gar nicht auf (laut Google-News). Weswegen ich sie hier rückwirkend dokumentiere – zumal sie aktueller zu sein scheint denn je.
Kinderrechte seien im Zuge der Corona-Politik weitgehend ignoriert worden, sagte der Professor in der Kinderkommission des Deutschen Bundestages (KiKo), wo er seine Untersuchungsergebnisse zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen in Zeiten der Pandemie vorstellte. Weder der Bund noch die Länder hätten ihre Verpflichtung zu Schutz und Fürsorge für 13 Millionen Kinder erfüllt. Stattdessen seien die Kinder von ihnen „wie Objekte behandelt“ worden.
„Meine Ergebnisse: Obgleich Bund, Länder und Kommunen auch in Zeiten der Corona-Pandemie zur vollumfänglichen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet waren und sind, konnte mit dieser Untersuchung nachgewiesen werden, dass dies in der Praxis weitgehend versäumt wurde“, sagte der Professor, der von 2007 bis 2009 wissenschaftlicher Fachreferent für Kinder- und Jugendpolitik bei der Fraktion der „Linken“ im deutschen Bundestag war: „So sind nachweislich elementare Schutz-, Fürsorge– und Beteiligungsrechte von ca. 13 Millionen Kindern und Jugendlichen verletzt worden. Faktisch alle Entscheidungen und Maßnahmen der Politik seit März/April wurden somit völkerrechtsverstoßend und bundesgesetzwidrig ohne vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls vorgenommen. Die Kinder sind aus der Perspektive rausgefallen, die Familien sind aus der Perspektive rausgefallen.“
Man habe sich in relativ radikaler Form sehr lange Zeit nur noch auf ganz, ganz wenige Virologen konzentriert und dann erstmal alle anderen Virologen ausgeschlossen aus dem Mediendiskurs, aber vor allem auch alle anderen Wissenschafter, die sich auch hätten äußern können, so Klundt: Die Psychologen, die Kinderärzte, die Sozialwissenschaftler, die Pädagogen. Es könne doch nicht sein, dass man nur eine einzige Berufsgruppe nimmt und auch aus dieser nur eine Handvoll. Dies schaffe auch die Polarisierung in den Diskursen. Hier seien die Kinder und das Kindeswohl nicht nur ignoriert worden, aus dem Schutz des Kindeswohls sei der „Schutz vor Kindern“ geworden. Denn sie galten als die einzigen „Super-Spreader“: „Sie wurden wie Objekte behandelt, die man nicht fragen muss, sondern sie müssen einfach nur weg.“ Hier müsse eine kritische Aufarbeitung geschehen: „Wie kann das sein, dass wir so mit unseren Kindern vorgegangen sind, mit den entsprechenden Begleiterscheinungen für unsere Familien. Es ist wichtig, das aufzuarbeiten.“
„Diese instrumentelle Form von Behandlung von Kindern betrachte ich auch als eine Form von Kindeswohlgefährdung. Diese besonderen Quarantäne-Regelungen für Kleinkinder, die nicht infiziert sind, aber zuhause in Quarantäne gehalten und abgeschieden werden sollen von ihrer Familie und anderen Familienmitgliedern“, mit Androhung, das Kind in Obhut zu nehmen, wenn es nicht isoliert werde, sei nach Ansicht des Kinderschutzbund-Präsidenten eine Form von psychischer Gewalt, machte Klundt geltend: „Hier stellt sich ganz konkret die Frage: Was haben wir für ein Verständnis von Gesundheit? Was haben wir für ein Verständnis von Kindeswohl? Und was meint an dieser Stelle die Verobjektivierung des Kindes? Denken wir noch daran, was da eigentlich passiert, wenn wir der Familie ein Schreiben schicken, wenn das nicht passiert, nehmen wir dir dein Kind morgen ab?“
Auch die sozialen Probleme würden sich durch die aktuelle Situation vergrößern, glaubt der frühere Mitarbeiter der „Linken“-Bundestagsfraktion: Kinder aus sozial schwachen Familien würden mehr Nachteile erleiden als diejenigen aus besser gestellten Haushalten.
Die gesamte Debatte der Kinderkommission des Deutschen Bundestages, in der auch von anderen Teilnehmern kritische Töne in Sachen Corona-Maßnahmen laut wurden, können Sie hier sehen, einen Zusammenschnitt von Klundts Äußerungen hier.
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Text: red