Klüngel-Verdacht bei Visa-Projekt im Auswärtigen Amt „Auslandsportal“ bringt Baerbock in Bedrängnis

Von Kai Rebmann

Hat Annalena Baerbock (Grüne) ihre Behörden noch im Griff? Nur wenige Wochen nach Bekanntwerden von mutmaßlich illegalen Machenschaften im Auswärtigen Amt (AA), unter anderem im Zusammenhang mit dem sogenannten „Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan“, kommt die Bundesaußenministerin jetzt erneut in Erklärungsnot. Diesmal geht es um den Verdacht der Klüngelei bzw. die Frage, welche Rolle eine ehemalige AA-Mitarbeiterin bei der Vergabe von Millionen-Aufträgen an ihren neuen Arbeitgeber spielte – und was Annalena Baerbock wann über die Vorgänge wusste.

Im Laufe der kommenden Wochen soll die Digitalisierung eines wichtigen Teilbereichs des Auswärtigen Amtes abgeschlossen werden: die Beantragung von Visa für die Einreise nach Deutschland. Das sogenannte „Auslandsportal“ soll dann in allen Botschaften der Bundesrepublik weltweit zur Verfügung stehen und die bisherige Verfahrensdauer deutlich abkürzen. Bisher müssen die entsprechenden Anträge – rund ein bis zwei Millionen im Jahr – zum weit überwiegenden Teil noch in Papierform eingereicht und bearbeitet werden.

Problem: Mit der Umsetzung dieses Prestigeprojekts wurde die Init AG beauftragt. Bei der Beratungsfirma ist inzwischen eine ehemalige ranghohe Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes in leitender Position tätig. Der Wechsel des Arbeitgebers erfolgte bereits im Spätjahr 2023. Im Frühjahr 2024, also wenige Monate nach dem Seitenwechsel, erhielt die Init AG dann weitere millionenschwere Aufträge aus dem Auswärtigen Amt.

Auswärtiges Amt verstrickt sich in Widersprüche

Besagte Mitarbeiterin war bis zu ihrem Ausscheiden aus der Baerbock-Behörde als IT-Koordinatorin im Digital-Referat in nennenswertem Umfang an der Konzeption und Entwicklung des „Auslandsportals“ beteiligt – und arbeitete schon damals eng mit ihrem neuen Arbeitgeber zusammen. Nach Informationen des „Business Insiders“ soll sich daran auch jetzt nichts geändert haben, nur dass die Spezialistin nun eben auf der anderen Seite des Schreibtischs sitze.

Das Volumen der Aufträge, die das Auswärtige Amt an die Init AG vergeben hat, soll sich demnach auf einen zweistelligen Millionenbetrag summieren, wobei die tatsächliche Größenordnung erst nach und nach ans Licht gekommen ist. Die Kollegen schreiben dazu: „Im Juli war bei Journalisten noch von zwei Millionen Euro die Rede, inzwischen heißt es, Init habe fünf Millionen Euro erhalten. Nach Informationen von Business Insider erhält Init für das Projekt jedoch insgesamt rund zehn Millionen Euro.“

Das Auswärtige Amt schweigt sich über die genauen Hintergründe aus und lässt damit die Chance aus, den auf der Hand liegenden Verdacht der Klüngelei auszuräumen oder wenigstens zu entkräften. Bestätigt wird lediglich die Auftragsvergabe an sich, wohl auch, weil diese sich kaum leugnen lässt. Zudem erbringe die Init AG in diesem Zusammenhang gar „externe Beratung“, so das AA, sondern unterstütze lediglich „operativ die Umsetzung der Visadigitalisierung“ in den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland.

Oder anders ausgedrückt: Das Auswärtige Amt hat demnach zwar einen externen Beratungsdienstleister beauftragt, der aber keine „externe Beratung“ liefert – und bezahlt dafür bis zu 10 Millionen Euro.

Dieses Wortgeplänkel ist dann auch schnell als eben solches entlarvt und das gleich aus mehreren Gründen. Einerseits handelt es bei der Init AG ausdrücklich um einen IT-Beratungsdienstleister, andererseits werden die entsprechenden Dienstleistungen beim Auswärtigen Amt intern unter „strategischer Beratung und Umsetzungsbegleitung“ verbucht. Der Vorgang wirkt also umso rätselhafter – und verdächtiger – wenn selbst offensichtliche Tatsachen verdreht werden sollen.

Dennoch werden beide Seiten nicht müde zu betonen, dass die ehemalige AA- und jetzige Init-Mitarbeiterin „nichts mit der Auftragsvergabe an das Unternehmen zu tun gehabt“ habe. Das Auswärtige Amt versichert zudem, wenn auch äußerst schwammig formuliert: „Bei der Auftragsvergabe wurden alle einschlägigen vergaberechtlichen Richtlinien eingehalten.“

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Alexandros Michailidis/Shutterstock

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