Von Daniel Weinmann
Impfungen – möglichst im Dauerabo – und Masken sind des Gesundheitsministers liebste Kinder. Geht es darum, die Werbetrommel für die im Corona-Sprech als Mund-Nasen-Schutz glorifizierte Gesichtsbedeckung zu rühren, kennt Karl Lauterbach keine Tabus. So gilt seit Anfang dieses Monats eine Maskenpflicht in Pflegeheimen, die vom Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz als „absurd“ bezeichnet wird (reitschuster.de berichtete). Ebenso menschenunwürdig ist der Maskenzwang für Behinderte (s. Bericht hier).
„Masken wirken sehr gut, sie halten den größten Teil der Viren in Aerosolen ab und somit ist“, fabuliert Lauterbach in einem Video des Bundesgesundheitsministeriums. Die Maske sei der wichtigste und einfachste Bestandteil der Prävention von Covid-Infektionen.
In dem Aufklärungsfilmchen geht der fünffache Vater zudem der Frage nach, warum Kinder Masken tragen sollten. „Niemand kann genau sagen, was mit einer Generation von Kindern passiert, wenn die sich sehr häufig infizieren. Da müssen wir sehr vorsichtig sein, das wissen wir noch nicht genau.“ Außerdem sei es so, dass die Kinder natürlich, wenn sie sich infiziert hätten, wiederum ihre Eltern infizieren könnten und andere Menschen. „Wir wollen einfach, dass die Infektionsketten klein sind und die Schüler schützen“, betont der SPD-Politiker.
»Mit wahrscheinlichkeitsbefreiten Aussagen das Angstnarrativ Covid-19 weiter schüren
Für den Epidemiologen und Virologen Klaus Stöhr ist dies eine perfide Behauptung: „Niemand kann sagen, was mit einer Generation von Kindern passiert, wenn sie sich häufig infizieren“, twitterte der frühere Leiter des Influenza-Programms der WHO.
Die Wahrscheinlichkeit, dass SarsCoV2 sich nicht genauso wie die anderen mindestens 100 Atemwegserkrankungen einschließlich der vier bekannten humanen endemischen Coronaviren verhalte, sei praktisch null. „Aber man kann Karl Lauterbach oder seine Berater) nicht der Lüge bezichtigen“, so Stöhr, „nur der Absicht mit wahrscheinlichkeitsbefreiten Aussagen das Angstnarrativ Covid19 weiter zu schüren. Oder der Inkompetenz.“
Daten von „Our World in Data” unterstützen Stöhr, der von 2007 bis Ende 2017 in der Impfstoffentwicklung und weiteren Funktionen beim Schweizer Pharmariesen Novartis arbeitete. Danach werden in der Schweiz signifikant weniger Corona-Patienten intensivmedizinisch behandelt als hierzulande (s. Grafik). Mehr noch: Während deren Anzahl in Deutschland in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen ist, blieb der Wert in der Eidgenossenschaft in dieser Zeit in etwa konstant.
Geradezu abenteuerlich ist auch Lauterbachs Begründung, warum im Flieger keine Maske getragen werden muss, während dies im Fernverkehr der Bahn verpflichtend ist. „Es fahren natürlich viel mehr Menschen mit dem Zug, als dass sie fliegen“ weiß der Minister – und fügt hinzu: „Außerdem dauern diese Fahrten länger und in den Zügen ist die Lüftung viel schlechter als in den Flugzeugen. Daher ist der Schutz für die gesamte Bevölkerung natürlich durch den Schutz in den Flugzeugen viel wichtiger.“
Erschreckende Erkenntnisse bei der Sauerstoff-Versorgung
„Diese evidenzbefreiten Spekulationen von Karl Lauterbach sind unglaublich und diffamieren die deutschen Mikrobiologen and Infektiologen international immer weiter“, wettert Virologe Stöhr.
Gerade in der Bahn ist die Maskenpflicht gänzlich sinnfrei, wenn man sich vor Augen hält, dass sich Fahrgäste, die jenseits außerhalb Deutschlands ohne Maske zusammengesessen haben, mit dem Grenzübertritt eine FFP2-Maske aufsetzen müssen.
Der Bundesgesundheitsminister hält unterdessen eisern an seiner evidenzlosen Maßnahmen-Agenda fest, obwohl immer mehr Forschungsergebnisse die Nutzlosigkeit oder gar deren Kontraproduktivität belegen. Die hier zu findende 35 europäische Staaten umfassende Studie oder der Abbruch einer Untersuchung der Stiftung Warentest wegen erschreckender Erkenntnisse bei der Sauerstoff-Versorgung scheinen Lauterbach entgangen zu sein.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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