Es klingt wie ein Witz. Aber es ist keiner. Und man hat zunehmend das Gefühl, dass man genau das immer wieder schreiben muss, wenn man aus Deutschland berichtet. Doch dieser Fall ist selbst für deutsche Verhältnisse besonders absurd.
In Baden-Württemberg wurden seit 2005 insgesamt 1440 Lehrerstellen als „besetzt” ausgewiesen – obwohl dort niemand unterrichtete. Zwei Jahrzehnte lang hat das Kultusministerium Geisterlehrer gezählt. Niemandem fiel es auf. Keine Schule meldete Alarm. Keine Behörde stellte die Zahlen ernsthaft infrage. Erst als kürzlich eine Software umgestellt wurde, flog die Falschmeldung auf.
Die offizielle Wortwahl: ein „technisches Problem“. Ein „fehlerhafter Datenübertrag“ des IT-Dienstleisters ITEOS. Ausgerechnet dort, wo seit Jahren vom Fachkräftemangel, von fehlendem Personal und überlasteten Schulen geklagt wird, zählte die Landesregierung Tausende Lehrer zu viel. Keine Finte, sondern ein Irrtum. Sagt das Ministerium. Wirklich?
Denn natürlich kann man sich fragen: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein solcher Fehler über zwei Jahrzehnte nicht auffällt? Wie viele Berichte, Haushaltspläne, Bildungsdebatten, Pressekonferenzen und parlamentarische Anfragen wurden in dieser Zeit mit den falschen Zahlen gefüttert? Wie oft wurde die Illusion von „ausreichendem Personal“ verkauft, während in der Wirklichkeit Unterricht ausfiel, Notpläne geschrieben wurden und Überstunden zur Regel wurden?
Und was muss eigentlich alles schieflaufen, damit das niemandem auffällt? Hat nie jemand die realen Lehrkräfte an den Schulen mit den offiziellen Zahlen abgeglichen? Gab es nie eine Kontrolle, nie eine Nachfrage, nie einen Widerspruch? Entweder wurde hier grob geschlampt – oder bewusst weggeschaut. Beides wäre ein Skandal für sich.
Ein Symbol für den Zustand eines ganzen Landes
Diese 1440 Phantomstellen sind mehr als eine IT-Panne. Sie sind das perfekte Symbol für einen Staat, der lieber in Daten glaubt als in Realität. Für eine Politik, die ihre eigene Welt erschafft, weil sie die echte nicht mehr erträgt. Und für ein Verwaltungssystem, das Fehler lieber verschleiert als korrigiert.
Der Fall wirkt wie aus Schilda. Nur dass dort wenigstens jemand bemerkte, wenn der Dachziegel nach innen fiel. In Deutschland hingegen scheint die Fiktion zur Routine geworden zu sein. Lehrer, die es nicht gibt. Windräder, die nicht drehen. Bahnen, die nicht fahren. Beamte, die keiner braucht. Minister, die nie Verantwortung tragen. Aber auf dem Papier ist alles in bester Ordnung.
Verantwortung? Wer redet denn davon?
Ministerin Theresa Schopper (Grüne) zeigt sich „verärgert“ – natürlich nicht über sich selbst oder ihr Haus, sondern über die IT-Firma. Garantiert wird auch diesmal wieder niemand persönliche Verantwortung übernehmen. Wie fast immer in Deutschland. Eine Arbeitsgruppe soll nun aufklären. Und die nächsten Haushaltszahlen, das verspricht man, werden dann hoffentlich korrekt sein. Man hört sie schon, die legendäre Beamtenweisheit: „Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich ’nen Arbeitskreis.“ Oder besser gleich einen interministeriellen Koordinierungsausschuss mit rotierendem Protokollwesen. Bürokratische Selbsthypnose statt echter Konsequenzen.
Das muss man sich vorstellen: In einem der reichsten Bundesländer Europas dauert es zwei Jahrzehnte, bis man merkt, dass 1440 Lehrer fehlen. Oder besser gesagt: nie da waren.
Was bleibt? Eine Bilanz der Fremdscham. Und ein bitterer Verdacht, der sich nicht mehr wegschieben lässt: Wenn ein Staat 20 Jahre lang Lehrer zählt, die es nie gegeben hat – was zählt er dann noch alles, was gar nicht existiert?
Vielleicht auch Fachkräfte. Vielleicht Integrationswunder. Vielleicht wirtschaftliche Resilienz. Vielleicht demokratische Debatten. Vielleicht gar das Vertrauen der Bürger – das man inzwischen so oft beteuert, dass man fast vergisst, wie es sich anfühlt, es zu haben.
Vielleicht zählt dieser Staat längst mehr Illusionen als Realitäten. Nur: Die Rechnung zahlt am Ende der, der noch in der Realität lebt.
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