„Maske verweigert – Albaniens Regierungschef fliegt aus Lufthansa-Maschine“ – unter dieser Überschrift ist hier auf meiner Seite vor einigen Tagen ein Artikel darüber erschienen, wie Ministerpräsident Edi Rama von der Polizei aus einem Lufthansa-Flugzeug geholt wurde, weil er statt der vorgeschriebenen OP- oder FFP2-Maske nur eine Stoffmaske trug (nachzulesen hier). Mindestens genauso interessant ist der Leserbrief, den mir daraufhin ein Pilot der Lufthansa schickte, und den ich Ihnen deshalb nicht vorenthalten will. Besonders interessant: Im anschließenden Briefwechsel mit dem Piloten meinte er, dass in etwa ein Drittel der Mitarbeiter von Deutschlands größter Luftfahrtgesellschaft so kritisch denkt wie er. Eine fast gleiche Information („20 bis 30 Prozent“) hatte ich zuvor von einem anderen Piloten erhalten, der ebenfalls ein treuer Leser meiner Seite ist. Aber nun der Brief aus dem Cockpit:
Zu Ihrem Artikel möchte ich gerne als dauerhafter Unterstützer Ihrer Seite, aber auch als Mitarbeiter und Pilot der dort benannten Airline einige kurze Anmerkungen machen:
Wie überall in großen Firmen gibt es, speziell auf Corona bezogen, auch bei uns eher die lockeren Mitarbeiter und Maskenhasser, aber eben auch das Gegenteil – und davon leider nicht zu wenige, wie immer wieder in internen Diskussionen zu sehen und lesen ist. Ich kann Ihnen aber versichern, dass dennoch keiner hier ein Exempel statuieren wollte, auch wenn es so aussieht.
Es ist folgendermaßen: Lufthansa gibt Vorschriften heraus, an die sich die Mitarbeiter nun mal halten müssen, ob sie wollen oder nicht. Das ist zuerst mal der Grundsatz.
Jetzt gibt es aber natürlich unterschiedliche Mitarbeiter an Bord (siehe oben Geschriebenes). Leider kommt oft die deutsche Spitzelmentalität beim Personal, aber auch bei den Passagieren zum tragen. D.h., am Beispiel des MP aus Albanien, fiktiv durchgespielt:
Der Kabinenchef sieht das eher weniger streng, lässt den MP gewähren. Es passt nun einem Fugbegleiter nicht, der spricht das einmal an, der Kabinenchef wischt das locker vom Tisch. Was dann oftmals passiert, ist, dass der Flugbegleiter einen Report über den Kabinenchef schreibt. Die Konsequenz daraus ist dann ein Gespräch und nicht selten als Konsequenz eine Abmahnung. Da ist LH bei Kabinenangestellten recht zügig dabei. Also wird er auf der korrekten Maske bestehen.
Passagiere sind da übrigens nicht besser: Die beschweren sich noch viel schneller über – ihrer Meinung nach – nicht korrektes Verhalten.
Jetzt kommt der Kapitän ins Spiel: Er hat die Bordgewalt und entsprechend könnte er den Kabinenchef anweisen, die Maske Maske sein zu lassen. Die Konsequenzen sind aber dann ähnlich: Der Kabinenchef wird sicher, um sich zu schützen, einen Report über den Kapitän schreiben und mitteilen, dass er (der Kabinenchef) vom Kapitän angewiesen wurde. Die Konsequenzen wären für den Kapitän nicht so ausgeprägt, da tut sich die Firma wesentlich schwerer mit Abmahnungen. Und natürlich gibt es auch im Cockpit die Corona-Angsthasen und dann halt auch welche, die das völlig anders sehen (wie ich z.B.). Bei über 15.000 Mitarbeitern in der Kabine und etwa 5.000 im Cockpit bleibt das nicht aus. Und die Kombinationsmöglichkeiten des Personals sind nun mal sehr groß und in der Regel kennt man sich nicht vor dem Flug. Daher sind viele „lockere“ Mitarbeiter gerade und speziell bei Corona mit ihren Handlungen und Meinungen sehr sehr vorsichtig, denn auch bei uns ist die Mehrheit noch immer für die Maskenpflicht in den Betriebsgebäuden…
Bild: ShutterstockText: br
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