Maske verweigert – Albaniens Regierungschef fliegt aus Lufthansa-Maschine Ministerpräsident Edi Rama von der Polizei aus dem Flugzeug begleitet

Von Kai Rebmann

Edi Rama ist seit September 2013 Ministerpräsident von Albanien, im September 2021 wurde er vom Parlament zum zweiten Mal in diesem Amt bestätigt. Rama ist Vorsitzender der Sozialistischen Partei Albaniens (PS) und war von 2000 bis 2011 Bürgermeister der Hauptstadt Tirana. In der vergangenen Woche weilte der Regierungschef des kleinen Balkan-Staats zu einem Deutschland-Besuch in Berlin und traf dabei unter anderem mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen. Im Dezember 2021 hat Edi Rama am Flughafen in Frankfurt/Main für einen Eklat gesorgt, der um ein Haar zu diplomatischen Verwicklungen geführt hätte.

Der ehemalige albanische Basketball-Nationalspieler wollte mit seiner Delegation von Frankfurt nach Detroit (USA) fliegen. Dem Vernehmen nach trug Rama dabei lediglich eine einfache Stoffmaske. Das Bordpersonal forderte den Politiker auf, stattdessen entweder eine FFP2-Maske oder eine OP-Maske aufzusetzen. Nachdem Rama dies verweigert hatte, wurde der Kapitän der Lufthansa-Maschine hinzugezogen, der den albanischen Regierungschef aber ebenfalls nicht umstimmen konnte. Als letzten Ausweg, um diese offenbar als akute Gefährdung des Bordpersonals und der übrigen Passagiere empfundene Lage lösen zu können, sah sich der Lufthansa-Kapitän dazu gezwungen, die Polizei zu verständigen. Diese begleitete Rama und seine Delegation schließlich aus dem Flugzeug, das kurz darauf ohne den Ministerpräsidenten in Richtung USA abhob.

Das Auswärtige Amt, das in der Zwischenzeit über den Vorfall informiert worden war, schickte eine Mitarbeiterin zum Flughafen, um sich der Sache anzunehmen. Der Diplomatin gelang dann, woran sowohl das Lufthansa-Personal als auch die Polizei zuvor noch gescheitert waren. Rama ließ sich doch noch davon überzeugen, sich einen regelkonformen Mundschutz umzuschnallen, und konnte seine Reise in die USA mit einer anderen Lufthansa-Maschine fortsetzen. Wohl auch um den diplomatischen Schaden zu begrenzen, wurde auf die Verhängung eines Bußgeldes verzichtet.

Lufthansa-Crew statuiert ein Exempel an ranghohem Politiker

Man kann Edi Rama nun für einen sturen Kindskopf halten oder sich die Frage stellen, wie eine solch banale Situation derart eskalieren und dazu führen konnte, dass das Auswärtige Amt eingreifen musste, um diplomatische Verwerfungen zwischen Deutschland und Albanien in letzter Minute abzuwenden. Es ist kaum anzunehmen, dass Rama sich an diesem Tag anders verhalten hat als bei seinen unzähligen sonstigen Auslandsreisen. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass das Lufthansa-Personal und die deutschen Behörden bei der Durchsetzung „ihrer“ Corona-Maßnahmen keinen Spaß verstehen und deshalb besonders streng sind, jedenfalls deutlich penibler als anderswo. Der albanische Ministerpräsident saß ja nicht völlig „oben ohne“ im Flieger, er trug eben nur eine sogenannte „Alltags-Maske“ – und nicht, wie vorgeschrieben, eine FFP2- oder medizinische OP-Maske. Man kann es nicht oft genug betonen, dass die Hersteller von FFP2-Masken ohne Ausatemventil eine ununterbrochene Tragezeit von maximal 75 Minuten empfehlen (hier und hier).

Dieser Fall erinnert an jenen von Mario Barth, der vor einigen Tagen wegen einer ähnlichen Nichtigkeit aus einem ICE geworfen wurde. Der Comedian hatte sich erdreistet, zum Trinken seine Maske abzunehmen, und bekam kurz darauf die Allmachtsfantasien eines kleinen Schaffners der Deutschen Bahn zu spüren, der die dankbare Gelegenheit nutzte, um sich auf Kosten seines ungleich prominenteren Gegenübers zu profilieren. Nur die zur Pandemie erklärte Corona-Zeit und die in diesem Zusammenhang erlassenen Maßnahmen konnten einen politischen Hinterbänkler wie Karl Lauterbach (SPD) ins Amt des Bundesgesundheitsministers spülen. Und eben diese grotesken Maßnahmen verleihen Schaffnern, Stewardessen oder auch jedem x-beliebigen Türsteher und der Kassiererin im Supermarkt eine derartige Macht über ihre Mitmenschen. Es liegt wohl leider in der Natur des Menschen, dass er seine Macht umso mehr ausspielt, je kleiner sein eigenes Licht in Wahrheit eigentlich ist.

Albanien von Corona-Maßnahmen besonders schwer getroffen

Ramas Abneigung gegen sinnbefreite Corona-Maßnahmen könnte auch darin begründet liegen, dass sein Land unter den Folgen der Pandemie besonders zu leiden hat – womit weniger das Virus als solches gemeint ist, als vielmehr die deswegen verhängten Maßnahmen. Albanien galt schon vor Corona als ein vergleichsweise armes Land. Allein im Zeitraum von Juni 2021 bis März 2022 gingen in Albanien 4.152 Firmen pleite, durchschnittlich also 15 pro Tag. Im Gegensatz zu großen Industrienationen wie Deutschland konnte Albanien seine Unternehmer und Bürger aber nicht mit milliardenschweren Hilfspaketen stützen, so dass vielen nur noch die Schließung ihres Betriebs blieb.

Putins Krieg in der Ukraine könnte die Situation für Albaniens Wirtschaft weiter verschärfen. Albanien ist in vielen Bereichen von Russland und/oder dem als prorussisch geltenden Serbien abhängig. Die Freihandelsinitiative „Open Balkan“ gehört zu den wichtigsten Pfeilern für Albaniens Wirtschaft, weshalb eine mögliche Destabilisierung des Balkans infolge des Ukraine-Kriegs vergleichsweise kleine Staaten wie Albanien, Kosovo oder Montenegro deutlich härter treffen dürfte als Serbien oder die EU-Mitglieder Kroatien und Slowenien.

Edi Rama hat sich schon mehrfach als großer Fan der EU geoutet und bekräftigte dies auch im Rahmen seines jüngsten Deutschland-Besuchs. Auch über Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dessen Vorgängerin Angela Merkel (CDU) schwärmte der albanische Ministerpräsident in den höchsten Tönen. Auch wenn es für Albanien bis zur EU-Mitgliedschaft noch ein sehr weiter Weg sein dürfte – bis heute wurden noch nicht einmal Beitrittsverhandlungen begonnen – betonte Rama ausdrücklich, dass er sich für sein Land auch in Zukunft keinen anderen Partner vorstellen könne als die EU.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: photocosmos1/Shutterstock
Text: kr

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