Olaf „Erich“ Scholz oder der Geist der DDR Neujahrsrede: Der deutsche Größenwahn ist zurück, in neuem Gewand

Seien wir ehrlich: Es gab nicht allzu viele große Reden von Bundeskanzlern. Und zumindest auf Anhieb ist mir nicht bekannt, dass eine Neujahrsansprache darunter war. Einmal wurde eine sogar verwechselt wie bei Helmut Kohl 1986, als die ARD die Rede vom Vorjahr ausstrahlte – und bevor er die Jahreszahl aussprach, merkte es kaum jemand. Aber immer: Die Neujahrsreden der Regierungschefs waren in der Regel nicht geeignet, negative Emotionen auszulösen oder gar Schaden anzurichten. Sie wurden, wenn man das so nüchtern vermerken darf, anständig über die Bühne gebracht.

Nicht so im Falle von Neukanzler Olaf Scholz (SPD). Nicht nur, dass seine Rede eher die Aura einer Impfwerbung hatte als die einer Kanzlerrede. Der Hamburger mit dem mysteriösen Dauergrinsen verstand es auch zu Neujahr, mit dem ihm eigenen Zynismus die Spaltung in der Gesellschaft noch zu verschärfen. Auch, indem er sie negierte. Den folgenden Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: „Manche beklagen in diesen Tagen, unsere Gesellschaft sei ‚gespalten‘. Ich möchte hier mit aller Deutlichkeit sagen: Das Gegenteil ist richtig! Unser Land steht zusammen.“

Das ist nicht nur blanker Zynismus, das ist blanker Hohn, ja eine Ohrfeige für all diejenigen, die heute als Ungeimpfte faktisch Menschen zweiter Klasse sind – und auch für diejenigen, die es als „Ungeboosterte“ bald werden könnten. So eine dreiste Negierung der Realität mit einer Verhöhnung der Opfer war das Merkmal der DDR. Solche dummen, dreisten Phrasen voller Realitätsresistenz hätte man von Erich Honecker erwarten können. Aber nicht von einem Regierungschef der Bundesrepublik Deutschland.

Weiter sagte Scholz: „Was ich überall wahrnehme, das ist eine riesige Solidarität, das ist überwältigende Hilfsbereitschaft, das ist ein neues Zusammenrücken und Unterhaken.“ Wie bitte? Familien sind gespalten, Freundeskreise zerbrochen, Kollegen entzweit, und zwar aufgrund einer Politik, die so spaltet wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Entweder lebt der Kanzler wie weiland Honecker in einer anderen Wirklichkeit oder steht in Sachen Zynismus den Genossen in der DDR, für die er früher ja unverhohlen Sympathie hatte, in nichts nach.

Weiter hieß es bei Scholz: „Natürlich erleben wir im täglichen Miteinander auch unterschiedliche Meinungen und Einschätzungen. Gerade zum Thema Corona. Das ist oft anstrengend. Aber eine starke Gemeinschaft hält Widersprüche aus – wenn wir einander zuhören. Und wenn wir Respekt voreinander haben.“

Was für ein Hohn! Andersdenkende werden diffamiert und entmenschlicht, in der Bundespressekonferenz nicht aufgenommen oder hinausgeschmissen, der Hass und die Hetze gegen Menschen mit anderer Meinung hat Ausmaße angenommen wie nie in der Geschichte der Bundesrepublik zuvor – und Olaf „Erich“ Scholz stellt sich hin und behauptet das Gegenteil.

„Und ich bin sehr froh, dass wir uns auf den Rat von unabhängigen Expertinnen und Experten verlassen können“, fährt Scholz fort. Ich habe zweimal in der Bundespressekonferenz nachgehakt, mit welchen kritischen Experten der Kanzler spricht. Die (Nicht-)Antwort glich einer Ohrfeige (anzusehen hier). 

Dass Scholz kritische Experten ausgesperrt hat, ist daran zu erkennen, wie zweifelhaft der Wahrheitsgehalt seiner Aussagen ist, wie etwa dieser: „Wir wissen, dass diejenigen, die bisher noch nicht geimpft sind, besonders gefährdet sind, sich anzustecken und lange und schwerwiegend an der Krankheit zu leiden.“ Die Realität besagt etwas anderes: 95 Prozent der Omikron-Fälle sind laut RKI vollständig geimpft. Warum lügt der Kanzler? Oder kennt er die Zahlen der eigenen Bundesbehörde nicht?

Sodann folgt der heute unvermeidliche Impfaufruf: „Ich appelliere daher noch einmal an Sie: Lassen Sie sich impfen! Ich weiß, dass manch einer und manch eine skeptisch ist. Sich sorgt, die Impfung könnte negative Folgen haben.“

Nicht mal die eifrigsten Befürworter der Impfung behaupten, sie könne keine negativen Folgen haben. Das in dieser Form einfach zu negieren, ist schlicht dreist. Scholz fährt fort: „Inzwischen sind allerdings fast vier Milliarden Menschen auf der ganzen Welt geimpft. Ohne größere Nebenwirkungen.“ Auch hier wieder eine dreiste Lüge. Natürlich gab es Todesfälle. Und sind diese keine größere Nebenwirkungen, Herr Scholz? Natürlich kann man sich die Ansicht zueigen machen, die Nebenwirkungen würden durch den Nutzen ausgeglichen – aber dann bitte ehrlich formulieren und nicht so tun, als gäbe es die Nebenwirkungen nicht!

„Das ist der Weg aus dieser Pandemie.“ Namhafte Forscher sehen das anders. Weil immer deutlicher wird, dass die Impfung eben nicht die Versprechen hält, die wir gebetsmühlenartig wiederholt immer wieder gehört haben. 

Dann begibt sich der Kanzler vollständig auf die Ebene eines Marktschreiers in Sachen Impfung:

„Meine Bitte: Machen Sie gleich in den nächsten Tagen einen Termin bei einem Impfzentrum, bei einem Arzt oder einer Ärztin! Nutzen Sie die Möglichkeiten, sich spontan und ohne Anmeldung impfen zu lassen! Bitte verschieben Sie es nicht auf ‚demnächst‘!

Und alle, die bereits geimpft sind, bitte ich eindringlich, sich rasch boostern zu lassen, sich die dritte Impfung zu holen. Dann sind Sie im Falle einer Ansteckung mit dem Virus besser vor einem schweren Verlauf geschützt.

Jetzt kommt es auf Tempo an. Wir müssen schneller sein als das Virus!“

Nicht nur das Weltklima soll von uns gerettet werden, auch das Virus überholt. 

Dann werden Impfzahlen aufgezählt wie in der DDR die neuen Zahlen über die Erfüllung des Fünfjahresplans. Und dann wird noch versprochen, man werde „den größten Umbau unserer Wirtschaft seit mehr als 100 Jahren voranbringen“. Und natürlich darf nicht fehlen: „Unsere Technologien gehören weiter zur Weltspitze!“

Honecker hätte gesagt: „Lasst uns den Fünfjahresplan in vier Jahren erfüllen!“

Und was bei ihm der Weltfrieden war, darf auch bei Scholz nicht zu kurz kommen – am deutschen Wesen muss weiter die Welt genesen: Als G7-Vorsitzender soll Berlin „Vorreiter für klimaneutrales Wirtschaften und eine gerechte Welt“ werden. Und die Welt hatte nichts anderes zu tun, als neidisch nach Deutschland zu schauen – weil wir selbst beim Regierungswechsel (von rotgrünlila nach ultrarotgrünlila) Weltmeister waren: „Der reibungslose, mitunter fast freundschaftliche Übergang von der alten Bundesregierung zur neuen hat überall in der Welt viel Anklang gefunden.“

Der deutsche Größenwahn ist zurück, wieder einmal in neuem Gewand. Und mit leicht abweichenden Formulierungen. 

Bild: Screenshot ARD/Ekaterina Quehl
Text: br

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