Nervenerkrankung nach Impfung mit Astrazeneca Ein „sehr selten“ im Beipackzettel tröstet Gelähmte nicht

Nervenerkrankung nach Impfung mit Astrazeneca

(red.) Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine seltene und schwere neurologische Erkrankung, die von einer überschießenden Autoimmunreaktion gekennzeichnet ist.

Konkret wird hier eine bestimmte Schicht der Nerven geschädigt, so dass die Reizübertragung schwer behindert wird. Betroffen sind vor allem das Rückenmark und die daraus hervorgehenden Nervenwurzeln.

Etwa jeder fünfte GBS-Patient behält bleibende Funktionsausfälle, die Sterblichkeit liegt bei rund fünf Prozent. Und die Belastungen für den Patienten reichen bis hin zu schweren Lähmungen.

Die Arzneimittelbehörde EMA hat das Guillain-Barré-Syndrom jetzt auf die Liste „sehr seltener“ Nebenwirkungen des Corona-Impfstoffs Astrazeneca aufgenommen.

Die EU-Behörde stützt ihre Entscheidung in einer Erklärung am Mittwoch darauf, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten der Nervenerkrankung im Zusammenhang mit der Impfung von Astrazeneca „zumindest begründet“ sei, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering sei – auf fast sechshundert Millionen Impfungen hätte man bisher etwas mehr als achthundert Fälle von GBS festgestellt.

Zum Vergleich: Weltweit erkranken am Guillain-Barré-Syndrom 1 bis 2 Menschen auf Hunderttausend im Jahr, also bis zu eintausend jährlich nur in Deutschland, von denen statisch fünfzig Personen pro Jahr diese Krankheit nicht überleben.

Wer sich den oft kilometerlangen Beipackzettel eines x-beliebigen Medikaments anschaut, der wird dort mitunter ähnlich verstörende, sehr seltene Nebenwirkungen finden. Aber – und das ist der Unterschied – in der Regel findet sich eine ganze Reihe solcher Warnungen nach Freigabe im Anschluss an einen Zulassungsprozess aus vielen hundert Einzelschritten, der im Schnitt mehr als 13 Jahre dauert.

Bereits im Juli hatte die EMA das Guillain-Barré-Syndrom als „sehr seltene“ Nebenwirkung des Impfstoffs von Johnson & Johnson aufgenommen. Die US-Arzneimittelbehörde hatte vor einem „erhöhten Risiko“ einer Erkrankung mit GBS nach einer Impfung mit Johnson & Johnson gewarnt – aber ebenso wie die EMA erwähnt auch das US-amerikanische Pendant den Vorteil des Impfens gegenüber möglichen, sehr seltenen Risiken.

Mindestens interessant in dem Zusammenhang ist noch etwas anderes: Schon 2009 wies das Paul-Ehrlich-Institut in einer Studie darauf hin, dass ein erhöhtes Risiko bestände, an GBS zu erkranken „innerhalb eines recht kurzen Zeitraums von 5 bis 42 Tagen nach einer Impfung gegen Influenza A/H1N1v“.

Es war möglicherweise naheliegend anzunehmen, das könne auch auf eine Corona-Impfung zutreffen – so weiß man es jetzt eben nach Zählung der bisher Erkrankten bzw. der Opfer.

Aber selbst wenn man es vorher hätte annehmen können: Die Zulassung oder Notzulassung wäre trotzdem erfolgt, denn die Arzneimittelbehörden sind sich ja übereinstimmend einig: Der Vorteil überwiegt das Risiko.

Ein einflussreicher deutscher Mediziner, den reitschuster.de dazu befragt hat, erklärt es beinahe flapsig an einem persönlichen Beispiel: Er selbst würde sich immer sicherer fühlen bei Medikamenten mit langem Beipackzettel und also vielen Nebenwirkungen. Denn so wäre klar, dass das Medikament schon länger auf dem Markt ist. Und weil es das ist, sei es, insbesondere seine Nebenwirkungen betreffend, für den Normalsterblichen auch bestens abgesichert.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Bild: Shutterstock
Text: wal

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