Von Daniel Weinmann
Seit Rot-Grün-Gelb dieses Land regiert, ist die Zahl der Beamten in der Bundesverwaltung kontinuierlich gestiegen. Waren es im Jahr der Bundestagswahl 2021 noch 289.000 dort angesiedelte Staatsdiener, stieg deren Zahl zuletzt auf knapp 300.000 an. Besonders deutlich war der Zuwachs bei der Bundespolizei und der Zollverwaltung. Nun wollen die Ampelkoalitionäre einen Polizeibeauftragten des Bundes einsetzen, der die Arbeit von BKA und Bundespolizei überwachen soll. Als „Anlaufstelle für Bürger und Polizisten“ verbrämt, soll er als Anlaufstelle für Bürger fungieren, die Fehlverhalten oder strukturelle Missstände von Beamten anzeigen wollen. Über diese Frage hatte Berlin bereits im März 2019 diskutiert.
„Das ist ein großer innenpolitischer Meilenstein, für den wir uns als grüne Bundestagsfraktion lange eingesetzt haben“, frohlockten die Grünen Mitte Januar, als der Bundestag für die Einsetzung eines „unabhängigen“ Polizeibeauftragten stimmte. Die Union und die AfD lehnten das Vorhaben ebenso ab wie die Deutsche Polizeigewerkschaft.
Deren erster stellvertretender Bundesvorsitzende, Manuel Ostermann, hegt im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ erhebliche Bedenken. „Wenn dieses Gesetz kommt, wird unser Bundesvorsitzender vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Denn die gesamte Gewaltenteilung kann ausgehebelt werden und dadurch werden Tür und Tor für politische Willkür im Umgang mit unseren Kollegen geöffnet.“
„Faeser kann Beamte »in Kombination mit dem neuen Bundesdisziplinargesetz mit einem Federstrich entlassen«
„Der neue Bundespolizeibeauftragte ist in der aktuellen gesetzlichen Eingriffstiefe als eine Art Paralleljustiz vorgesehen“, befürchtet Ostermann – und nennt ein Beispiel: Zeigte ein Bürger einen Polizisten an, weil er meint, bei einer Personenkontrolle aus rassistisch motivierten Gründen kontrolliert worden zu sein, ermittelten bisher dessen Dienstbehörde und die Staatsanwaltschaft. Stellte letztere fest, dass keine Straftat vorliegt, wurde das Verfahren eingestellt. Alternativ landete der Fall vor Gericht.
Künftig, so der Polizeigewerkschafter, kann der Polizeibeauftragte schlichtweg ignorieren, was die Staatsanwaltschaft oder auch später ein Gericht feststellen. Ist der Polizeibeauftragte etwa der Meinung, dass ein beschuldigter Polizeibeamter zu Unrecht freigesprochen wurde, berichtet er seine Bewertung an Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Sie könne den Beamten „in Kombination mit dem neuen Bundesdisziplinargesetz mit einem Federstrich entlassen“.
„Staatsanwaltschaften und Gerichte werden also komplett ausgehebelt“, mahnt Ostermann. Das sei aber noch nicht alles, „denn der Polizeibeauftragte kann auch anonyme Beschwerden ohne Gerichtsurteil oder auch hier entgegen einem Gerichtsurteil über einzelne Beamte bis zur Innenministerin hochjazzen“. Dies könne im Extremfall dazu führen, dass ein Beamter ohne richterliches Urteil und aufgrund anonymer Vorwürfe, die von keinem Gericht bestätigt wurden, entlassen werden könne.
„Das darf nie wieder passieren. Ganz egal, unter welcher Regierung«
Mit anderen Worten: Innenministerin Faeser kann nunmehr nach Gutdünken entscheiden – und die Polizeibehörden so auf Linie bringen. Polizeigewerkschafter Ostermann verdeutlicht dies exemplarisch: „Ein Bundespolizist sitzt privat an einem Stammtisch, bei dem auch ein AfDler ist. Jemand wendet sich anonym an den Polizeibeauftragten und beschwert sich darüber. Der Polizeibeauftragte geht damit zur Innenministerin und die entscheidet ohne Gericht: Stimmt, wer sich da engagiert, völlig unabhängig wie stark oder was er konkret gemacht hat, der ist Verfassungsfeind. Den Beamten entlasse ich jetzt per sogenannter Disziplinarverfügung.“
Eine politische Instanz könne somit freigestellt von jeglichen rechtsstaatlichen Grundsätzen darüber entscheiden, ob ein Mensch in seiner Laufbahn und damit beruflich und existenziell vernichtet werde. „Das erinnert an finsterste DDR-Zeiten“, unterstreicht Ostermann.
„Aus Polizeibeamten, die ideologiefrei nach geltendem Recht und Gesetz ermitteln und handeln, können politische Polizeibeamte gemacht werden“, bilanziert Ostermann. „Und das darf nie wieder passieren. Ganz egal, unter welcher Regierung.“ Der Bundesrat muss dem Gesetzentwurf zwar noch zustimmen. Dies dürfte im besten Deutschland, das es jemals gegeben hat, allerdings nur Formsache sein.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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