Wer sich heutzutage offen kritisch über die Corona-Maßnahmen äußert, muss damit rechnen, diffamiert und geächtet zu werden. Dennoch wächst die Zahl derjenigen, die kein Blatt vor den Mund nehmen: Am Freitag hat Helge Schneider wütend ein Konzert in Augsburg abgebrochen. Nach knapp einer halben Stunde ging der Kabarettist entnervt von der Bühne. Die rund 900 Fans blieben allein zurück. Inzwischen rudert Schneider zurück – offenbar will er nicht als „Corona-Ketzer“ dastehen (siehe „Aktualisierung“ unten).
„Das macht einen so’n bisschen wahnsinnig – die Leute, die immer mit ihren Tüten hin- und hergehen. Ich sag mal, noch fünf Minuten und ich hör auf“, klagte der Entertainer beim sogenannten „Strandkorb Open Air“ in Augsburg. Konkret gemeint waren offenbar Menschen mit Masken, die vor der Bühne unterwegs waren: „Ich muss sagen, das geht mir ziemlich auf den Sack. Ich habe langsam keine Lust mehr.“ Und: „Es macht wirklich keinen Spaß. Man kriegt keinerlei Kontakt zum Publikum.“
Dem Komiker und Kabarettisten riss dann endgültig der Geduldsfaden – weil ihm das durch die Corona-Maßnahmen diktierte Format massiv gegen den Strich ging: „Das macht einfach ein bisschen wahnsinnig … Also, ich breche die Strandkorb-Konzerte an dieser Stelle ab. Es tut mir sehr leid. Vielleicht könnt Ihr Euer Geld wiederkriegen.“
Ein Zuschauer hat die Szene auf Video aufgenommen:
Helge Schneider verlässt die Bühne auf dem Strandkorb Open Air in #Augsburg:
"Das geht mir ziemlich auf'n Sack, ich hab keine Lust mehr. […] Ich breche die Strandkorb Konzerte an dieser Stelle ab, es tut mir sehr leid." pic.twitter.com/rjJZPElo6D
— muesli (@xilseum) July 23, 2021
Auf dem Streifen kann man auch die Reaktionen erahnen. Einige Zuschauer lachen. Andere pfeifen. Offenbar wissen sie nicht, ob Schneider es ernst meint. „Ich als Künstler kann unter diesen Umständen überhaupt nichts mehr machen. Ich habe alles gegeben“, sagt Schneider in dem Video. Das Publikum könne nichts dafür, es sei das „System“, das sei „einfach fadenscheinig und dumm“.
Das „System“ – damit meint Schneider das Konzept der Strandkorb-Konzerte. Es soll auch in Corona-Zeiten solche Veranstaltungen ermöglichen. T-Online lobt es wie folgt: „Das Besondere: Die Zuschauer erleben die Konzerte in Strandkörben. An ihren Plätzen werden sie bedient. Dieses Hygienekonzept bietet Urlaubsfeeling, aber auch Sicherheit. Es wurde sogar mit dem Deutschen Tourismuspreis 2020 ausgezeichnet.“
Auf Nachfrage von T-Online erklärte der Manager des Künstlers: „Helge Schneider hat gestern das Konzert abgebrochen, weil die Organisation der Gastronomie vor Ort so war, dass er ständig durch das Gastropersonal, welches an die Plätze serviert hat, abgelenkt wurde.“ Alle Gäste sollen ihr Geld zurückbekommen. Die Tour werde allerdings fortgesetzt. Vielleicht kann sich Schneider damit davor retten, als „Corona-Ketzer“ durch den medialen Reißwolf gezogen zu werden.
Laut Augsburger Allgemeine (AZ) war die Reaktion des Publikums gemischt. Gerhard Seckler vom FC Augsburg sagte: „Für mich ist das jetzt auch ein Jahrhundert-Ereignis, aber ich verstehe den Mann schon. Er lebt von diesem Draht zum Publikum und der fehlt hier völlig.“ Secklers Strandkorb-Nachbarin zitiert die AZ wie folgt: „Einerseits finde ich das ziemlich cool von ihm, andererseits zahlst du 50 Euro für die Karte und kannst jetzt dem Geld hinterherlaufen.“
Ich persönlich weiß von Vorträgen, dass solche Ablenkungen, wie sie Schneider in Augsburg erlebt hat, in der Tat eine massive Ablenkung bedeuten. Sie können dafür sorgen, dass der Draht zum Publikum abreißt – was für den Auftretenden sehr nervenzehrend ist.
+++ AKTUALISISIERUNG 24.7.2021, 21.18 Uhr +++
Hier ein Statement von Helge Schneider zu dem Abbruch: https://t.me/der_thueringer/1184. Offenbar bemüht er sich um Schadens-Begrenzung – und darum, nicht in den Ruf des „Corona-Ketzers“ zu kommen und den Gang auf den medialen Scheiterhaufen zu vermeiden. Zumindest aus zweiter Hand gibt es bereits Abbitten:
Querdenker und Co können ihre Instrumentalisierung stecken lassen: „Helge Schneider hat gestern das Konzert abgebrochen, weil die Organisation der Gastronomie vor Ort so war, dass er ständig durch das Gastropersonal, welches an die Plätze serviert hat, abgelenkt wurde.“
— Helge Schneider News (@helgenews) July 24, 2021
Mein Video-Tipp:
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Bild: 360b/Shutterstock
Text: red