Ökostromanlagen müssen zwangsabgeschaltet werden! Die Netze sind immer häufiger überlastet

Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld

Seit Jahren weisen Fachleute darauf hin, dass unser Stromnetz nicht für den volatilen Ökostrom ausgelegt ist. Das stieß bei der Politik auf taube Ohren. Der Ausbau von „Erneuerbaren“ wurde planmäßig vorangetrieben, ohne Rücksicht auf technische Erfordernisse. Das führte dazu, dass die Eingriffe der Netzregulierer, die dafür sorgen müssen, dass es keinen Netzzusammenbruch gibt, dramatisch gestiegen sind. Betrug die Zahl der Netzeingriffe bis zum Jahr 2000 noch unter 10 pro Jahr, waren es 2022 schon 12 500! In diesem Jahr ist die Zahl der Eingriffe noch einmal um 75 % gestiegen!

Wenn Wind weht und die Sonne scheint, wird der plötzlich anfallende Ökostrom eine Gefahr für unser Stromnetz. Um die zu bannen, wird immer wieder Strom umsonst oder sogar gegen Entgelt in die Netze unserer Nachbarländer gedrückt. Das bezeichnen die Grünen als „Stromexport“. Ebbt die Ökostromwelle ab, weil der Himmel sich bewölkt und der Wind abgeflaut ist, muss Strom von eben diesen Ländern teuer gekauft werden.

Am 19. Juni überraschte MDR-Kultur mit Meldungen, dass es immer wieder Zwangsabschaltungen von Ökostromanlagen geben muss, um das Netz stabil zu halten. Es komme immer häufiger vor, dass die Netze den anfallenden Ökostrom nicht verkraften können. Allein der Netzbetreiber 50Hertz, der die Überlandleitungen in Ostdeutschland und Hamburg betreibt, musste vergangenes Jahr, um eine Überlast zu verhindern, die Produktion von 1.000 Gigawattstunden Ökostrom unterbinden. Das heißt, das Unternehmen ließ Windräder stoppen. Es musste dafür 58 Millionen Euro an Entschädigung aus einer Umlage berappen, in die alle Stromkunden einzahlen. Diese Entschädigungs-Regelung verdanken wir der FDP, deren Auffassung von Marktwirtschaft offenbar ist, Gewinne zu privatisieren und für Verluste die Gesellschaft in Haftung zu nehmen.

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Nun wollen die Betreiber endlich die Netze verstärken und ausbauen. Das ist aber ein Rennen zwischen Hase und Igel; immer wenn ein neues Stück Netz in Betrieb genommen werden kann, sind die neuen Windräder schon da. Schließlich hat die Regierung das 2%-Ziel propagiert und angekündigt, die Windstromkapazität verdoppeln zu wollen. Wobei man sich fragt, wieso es nur 2 % der Landesfläche sein sollen, wenn man in manchen Gegenden vor lauter Windrädern die Landschaft nicht mehr sieht. Die 2 % Fläche sind berechnet mit dem Rotordurchmesser. Nicht berücksichtigt ist die Freifläche zwischen den Windrädern. Es sind bereits etwas über 10 % der Landesfläche mit Windrädern zugebaut, wenn die verdoppelt werden, sind 20 % unserer Landesfläche ruiniert. Und das für Anlagen, die abgeschaltet werden müssen, um das Netz nicht kollabieren zu lassen.

Das Unternehmen Mitnetz betreibt in weiten Teilen Ostdeutschlands jene Leitungen, die Gemeinden und Haushalte mit Strom versorgen. Das Unternehmen musste im vergangenen Jahr 3.200 von 75.000 Ökostromanlagen zeitweise stoppen.

Um das zu reduzieren, wolle man investieren: „Wir nehmen dieses Jahr 343 Millionen Euro in die Hand, um das Netz zu verstärken. Das meint Umspannwerke mit ihren Transformatoren. Das meint größere Leitungsquerschnitte und das meint auch gänzlich neue Trassen“, sagt die kaufmännische Geschäftsführerin Christine Janssen. Also neue gigantische Eingriffe in die Natur.

Aber, siehe oben, Wind- und Solaranlagen sind schneller installiert.

Zwangsweise Abschaltungen ärgern auch die Windkraftbetreiber, obwohl die Branche entschädigt wird, wenn Windräder gestoppt werden. Aber mit Recht fürchten sie, dass Windkraft immer weniger akzeptiert wird, wenn neben der Landschaftszerstörung und der gesundheitlichen Beeinträchtigung für Mensch und Tier Zwangsabschaltungen dazu kommen, die vom Stromkunden bezahlt werden müssen.

Ökostrom soll genutzt werden können, auch wenn er nicht ins Netz gelangen darf. Aber wie? Elektrolyseure wären eine Möglichkeit, sagt Wolfram Axthelm, Chef des Bundesverbands Windenergie. Aber die sind erstens rar und zweitens, wie sollen die grünen Wasserstoff erzeugen, wenn der Strom nur ab und zu anfällt?

Die Stadtwerke Erfurt sollen laut MDR an einer Power-to-Heat-Anlage, die aus überschüssigem Strom Fernwärme für die Stadt macht, bauen. Gleiches Problem: Wie will man die betreiben, wenn der Strom nicht dauerhaft zur Verfügung steht?

Es bleibt dabei, was der geschasste Staatssekretär Graichen schon vor zehn Jahren erkannt hat: Die Erneuerbaren haben nicht gebracht, was sich die Erfinder der „Energiewende“ erhofft hatten: einen Ersatz für die Kohleverstromung zu sein.

Die dysfunktionale Energiewende wird nicht nur teuer, für manche unbezahlbar, sie zerstört Landschaft und Natur, zerschreddert Vögel und Insekten und sorgt höchstwahrscheinlich für die seit einem Jahrzehnt auftretenden Sommerdürren in Norddeutschland. Es wird höchste Zeit, den „Irrtum“ (Graichen) zu beenden und das gescheiterte Projekt zu stoppen, sonst wird Deutschland in ein Entwicklungsland verwandelt.

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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle. Der Beitrag erschien zuerst auf Vera Lengsfelds Blog.

Bild: Shutterstock

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