Nach dem Beitrag in der Süddeutschen Zeitung über mich (siehe Beitrag „Rufmordversuch nach Süddeutscher Art“) hat mich folgender Brief von einem Leser, einem Münchner Rechtsanwalt, erreicht:
Ich bin nicht mit allem einverstanden, was Sie selbst oder andere auf Ihrer Seite publizieren, aber
darum geht es nicht, denn das ist schließlich die Pluralität der Meinungen.
Umso mehr habe ich mich über den Hetzartikel der SZ über Sie geärgert. Ich
bin seit 50 Jahren SZ-Leser, hatte aber das Vollabo wegen der tendenziösen
Berichterstattung schon vor Monaten gekündigt. Es war mir ein Bedürfnis,
eine Beschwerde beim Presserat einzureichen, die ich Ihnen beiliegend zur
Verfügung stelle.
Gerne möchte ich die bemerkenswerte Beschwerde von Werner Matschke, die den Beitrag in der SZ und die Manipulationen dort exzellent auseinander nimmt, hier veröffentlichen:
Per email:
[email protected]
Deutscher Presserat
Fritschestr. 27/28
10585 Berlin
„Beschwerde über den Artikel „Störsender“ in der Süddeutschen Zeitung vom 19.02.2021
Im o.g. Artikel wird über die Bundespressekonferenz berichtet. Deren Zweck ist es gemäß § 3 der Satzung:
… Pressekonferenzen zu veranstalten und seinen Mitgliedern Möglichkeiten einer umfassenden Unterrichtung der Öffentlichkeit zu verschaffen.
In dem SZ-Artikel wird nun behauptet: „Manche (Journalisten) missbrauchen sie (die BPK) für Propaganda und Verschwörungsmythen“. Insbesondere der Journalist Boris Reitschuster wird massiv diffamiert. Dies verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen den Pressekodex. In dessen Präambel heißt es u.a.:
Die publizistischen Grundsätze konkretisieren die Berufsethik der Presse. Sie umfasst die Pflicht, im Rahmen der Verfassung und der verfassungskonformen Gesetze das Ansehen der Presse zu wahren und für die Freiheit der Presse einzustehen.
Außerdem sind hier die Präambel Ziffer 2 (journalistische Sorgfalt) und Ziffer 9 (Schutz der Ehre) tangiert.
Worin liegen nun die Verstöße?
Es geht ganz harmlos los. Von der „Verwundbarkeit der offenen Gesellschaft“ ist die Rede und davon, dass die Bundespressekonferenz (BPK) „gekapert“ worden sei. Damit soll der Eindruck vermittelt werden, die SZ stehe für diese offene Gesellschaft. Offensichtlich soll das aber nur für bestimmte Meinungen gelten. Denn ganz eindeutig vermittelt der Artikel den Eindruck, bei Fragen, die den SZ-Redakteuren offenbar nicht genehm sind, handele es sich um Störungen der BPK. Daher der Titel „Störsender“. Dies offenbart ein fundamentales Missverständnis des journalistischen Ethos. Aufgabe der Presse ist es, das Regierungshandeln kritisch zu hinterfragen, nicht aber, sich als Verlautbarungsorgan der Regierung zu verstehen. Auch der Subtitel „Doch manche missbrauchen sie (die BPK) für Propaganda und Verschwörungsmythen“ soll den – wie nachfolgend zu belegen sein wird – irreführenden Eindruck erwecken, R. verfolge seine eigene Agenda und sei ein Verschwörungstheoretiker.
Reitschuster wird in die Nähe der angeblich rechtspopulistischen „Querdenker“-Szene gerückt. Dass die „Querdenker“-Szene rechtspopulistisch ist, entspricht dem gängigen Narrativ vieler Medien, obwohl jüngst sogar das BKA konstatierte „eine umfassende Beeinflussung bzw. Unterwanderung des Protestgeschehens durch die rechte Szene (könne) aktuell nicht konstatiert werden.“ Diese Behauptung ist also falsch oder wenigstens fragwürdig.
Sodann geht es direkt um die Person Reitschuster. Zunächst wird R. als geschwätzig dargestellt. Im Anschluss an die Beschreibung seiner Maske („…ist ein weißes Kreuz abgebildet. Das soll wohl einen Maulkorb symbolisieren“) heißt es: „Dabei redet R. hier, wann immer es geht. An einem Morgen im Januar etwa, als er gleich 3 Corona-Experten vorführen will …“ Hierzu ist festzustellen, dass es Aufgabe der Journalisten ist, auf der BPK Fragen zu stellen. Wenn andere dies nicht tun, kann man R. dies nicht vorwerfen.
Inhaltlich geht es um die Verlässlichkeit des PCR-Tests, zu dem die WHO im „WHO Information Notice for IVD Users 2020/05“ vom 20.01.2021 festgestellt hat:
„Users of IVDs must read and follow the IFU carefully to determine if manual adjustment of the PCR positivity threshold is recommended by the manufacturer.
WHO guidance Diagnostic testing for SARS-CoV-2 states that careful interpretation of weak positive results is needed (1). The cycle threshold (Ct) needed to detect virus is inversely proportional to the patient’s viral load. Where test results do not correspond with the clinical presentation, a new specimen should be taken and retested using the same or different NAT technology.
WHO reminds IVD users that disease prevalence alters the predictive value of test results; as disease prevalence decreases, the risk of false positive increases (2). This means that the probability that a person who has a positive result (SARS-CoV-2 detected) is truly infected with SARS-CoV-2 decreases as prevalence decreases, irrespective of the claimed specificity.
Most PCR assays are indicated as an aid for diagnosis, therefore, health care providers must consider any result in combination with timing of sampling, specimen type, assay specifics, clinical observations, patient history, confirmed status of any contacts, and epidemiological information.“
Hierzu stellt R. auf der BPK die Frage (darauf geht die SZ nicht ein, dies ist aber essentiell für das Verständnis), ob und welche Rückschlüsse die Bundesregierung aus dieser Information Notice zieht. Die SZ stellt dazu fest, R. würde systematisch Zitate aus dem Zusammenhang reißen und für seine Zwecke instrumentalisieren. Dies ist falsch (s. die Notice der WHO) und ein grober Verstoß gegen journalistische Sorgfaltspflichten. Letztere hätten es erfordert, sich mit der Stellungnahme der WHO inhaltlich auseinanderzusetzen und den Leser darüber aufzuklären, dass es wiederholt falsch positive Tests gegeben hat, s. z.B. Ärztezeitung vom 29.10.20: 58 von 60 getesteten Personen falsch-positiv.
Dazu wird ein Soziologe zitiert: „Die Methode ist klassisch populistisch. Weil sie ein kleines Wahrheitsmoment aufgreift, nämlich das offiziöse Sprechen, und daraus etwas Falsches macht.“
Damit wird R. in 3-facher Weise diskreditiert und diffamiert: zunächst einmal dadurch, dass behauptet wird, es handle sich um eine offiziöse, also halbamtliche Aussage der WHO. Da sie sich auf der offiziellen Website der WHO findet, ist dies falsch und ehrenrührig, da damit der Eindruck generiert wird, R. halte sich nicht an die offiziellen, sondern nur die halbamtlichen Stellungnahmen der WHO. Die Aussage, dies sei populistisch und falsch, ist inhaltlich durch nichts belegt und an den Haaren herbeigezogen. Allein deshalb, weil viele namhafte Experten gleichfalls den PCR-Test bei niedriger Prävalenz als wenig verlässlich einstufen, ist dies nicht populistisch. Dann wäre das, was die Regierung behauptet, von Hause aus immer populistisch. Und falsch ist es schon allein deshalb nicht, weil sich die mangelnde Verlässlichkeit des PCR-Tests bei entsprechender Sensitivität und Spezifität im Verhältnis zur Prävalenz mathematisch genau berechnen lässt. Die Zuhilfenahme des Soziologen hat also erkennbar nur den Zweck, die Person R. in ein bestimmtes Licht zu rücken.
Sodann folgt ein Exkurs über die Entstehungsgeschichte und Werdegang der BPK; er mündet in den Satz: „Aber jahrzehntelang hat es funktioniert, denn es ging hier in der Regel um die Sache. Oder, wie einer aus eigener Erfahrung weiß: „Da wurde man inhaltlich gegrillt. Das war in Ordnung.“ Damit wird erneut der Eindruck suggeriert, R. ginge es nicht um die Sache. Dass R. die Frage nach den Konsequenzen der Regierung aus der WHO-Stellungnahme insgesamt 5-mal stellte, ohne eine zufriedenstellende Antwort zu bekommen und damit die für die Regierung Antwortenden „grillte“, ist der SZ offenbar nicht aufgefallen.
Sodann wird wahrheitswidrig behauptet (s. R.’s eigenen Blog), R. habe die Korrespondentin Dunz im vertraulichen Gespräch mit einem Sprecher des Gesundheitsministeriums gefilmt. Abgesehen davon, dass solche Aufnahmen nach Ende der BPK offenbar gang und gäbe sind, machte R. nach eigener Aussage ein Foto, kein Video. Warum dieser Vorgang geeignet sein soll, „die BPK nachhaltig (zu) erschüttern“, erschließt sich wohl nur der SZ. R. habe D. als „langjährige Kanzleramtskorrespondentin und als solche nahe dran an der Kanzlerin“ präsentiert, worauf sie auf Twitter beschimpft worden sei. Seit wann ist ein Journalist dafür verantwortlich, was andere als Reaktion darauf auf Twitter von sich geben? Auch hier ist also die Zielrichtung klar: R. soll als halbseidener Journalist porträtiert werden, dessen Verhalten dazu führt, dass KollegInnen auf Twitter angegangen werden. Deshalb ist es aus Sicht der SZ nur schlüssig, über einen Ausschluss R.’s aus der BPK nachzudenken. Dazu wird ohne jeden Beleg behauptet: „Unter den Vereinsmitgliedern scheint die Zahl derer zu wachsen, die meinen, dass B.R. spätestens seit den Vorfällen mit der Kollegin Dunz diese Grenze (gemeint ist die Möglichkeit, jemanden auszuschließen, wenn der Zweck des Vereins gefährdet oder dessen Ansehen oder Belange geschädigt werden) überschritten hat“. Hier wird also mit Mutmaßungen versucht, einen unliebsamen Kollegen anzuschwärzen und loszuwerden.
Da damit offenbar immer noch nicht genügend Ehrenrühriges verbreitet worden ist, wird als nächstes der zweifelhaft beleumundete Blogger Tilo Jung bemüht: „Das Entscheidende ist, dass er (R.) keinen Journalismus macht, sondern Desinformation und Propaganda.“ Die SZ weiter: „Es sei auch ein großer Unterschied, ob jemand mit Journalismus Geld verdiene oder wie R. mit Desinformation Spenden auf seiner Webseite sammle“.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass in der Bundesrepublik – anders als im 3. Reich – jeder die Bezeichnung Journalist führen darf, s. dazu auch die Aufnahmekriterien für die Mitgliedschaft im Verein BPK, wo nicht von Journalisten die Rede ist. Dies hat eingedenk der Erfahrungen mit der Reichspressekammer auch seinen guten Grund. Indem die SZ Jung für ihre Zwecke einspannt und die Aussage zitiert, R. betreibe keinen Journalismus, wird – bewusst oder unbewusst – an diese dunklen Zeiten erinnert und der Eindruck erweckt, es gäbe gute und schlechte Journalisten. Mal ganz abgesehen davon, dass es eine infame und schäbige Art ist, einen Kollegen so in die Pfanne zu hauen, ist es nicht Aufgabe eines Publikationsorgans wie der SZ, andere mit einer Bewertung für sich einzuspannen, was Journalismus ist und was nicht. Wie heißt es doch in der Präambel des Pressekodex:
„Verleger, Herausgeber und Journalisten müssen sich bei ihrer Arbeit der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und ihrer Verpflichtung für das Ansehen der Presse bewusst sein. Sie nehmen ihre publizistische Aufgabe fair, nach bestem Wissen und Gewissen, unbeeinflusst von persönlichen Interessen und sachfremden Beweggründen wahr. Die publizistischen Grundsätze konkretisieren die Berufsethik der Presse. Sie umfasst die Pflicht, im Rahmen der Verfassung und der verfassungskonformen Gesetze das Ansehen der Presse zu wahren und für die Freiheit der Presse einzustehen.“
Dass das Vorgehen der SZ keine faire Herangehensweise ist, „unbeeinflusst von sachfremden Beweggründen“, dürfte sich von selbst verstehen. Das gilt auch für Jungs Behauptung, R. würde mit Desinformation Spenden sammeln. Die SZ garniert diese Aussage sogar noch mit der Behauptung, R. würde es nicht verwerflich finden, von Leuten Geld zu bekommen, über die er berichtet (auf einer Demo). Hierzu ist festzustellen, dass es sich bei R. um einen freiberuflichen Journalisten handelt, der seinen Blog vermutlich zu einem großen Teil über Spenden finanziert. Anders als die SZ, die diesen Artikel zum Beispiel hinter einer Bezahlschranke versteckt. Außerdem erhält die SZ – ebf. anders als R. – Geld vom Bund aus dem Topf zur „Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens, zur Förderung des Absatzes und der Verbreitung von Abonnementzeitungen, -zeitschriften und Anzeigenblättern“. Blättert man in derselben Ausgabe 2 Seiten weiter, stößt man auf eine ganzseitige Anzeige des Bundesinnenministeriums, des (bundeseigenen) RKI sowie der (ebf. bundeseigenen) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Thema: Impfstoff für Deutschland. Was diese Anzeige wohl gekostet hat? Damit ist der Gipfel der Doppelmoral erreicht.
Vor dem Hintergrund dieser unbestreitbaren Fakten über die Finanzierung der SZ (auf Spenden der Gates-Stiftung möchte ich gar nicht eingehen) ist es völlig abstrus und ehrenrührig, R. vorzuwerfen, er nähme Geld von denjenigen, über die er berichtet (und die wahrscheinlich auch seine Blogs lesen), denn die SZ tut exakt das gleiche: sie lässt sich ihre Artikel von denjenigen bezahlen, über die sie berichtet, nimmt sie doch für sich in Anspruch, auf der Seite der „Guten“ zu stehen, die sich brav an die AHA-Regeln halten und über die dann Artikel in der Zeitung erscheinen. In normalen Zeiten würde man so etwas Heuchelei nennen.
Zum Schluss folgt ein journalistischer „Kunstgriff“, mit dem die SZ meint, ihren Artikel würzen zu müssen. Um das Narrativ „Kritiker der Coronamaßnahmen = Coronaleugner = Schwurbler = rechtsextrem“ zu bedienen, muss natürlich noch die AfD-Nähe von R. herausgearbeitet werden. Zunächst wird – argumentum e contrario – die These in den Raum gestellt, R. bestreite, der „Querdenker“-Szene oder der AfD nahezustehen, um dann Schritt für Schritt das Gegenteil zu „beweisen“. R. wird zunächst mit den Worten zitiert: „Wenn man den Leuten gut zuhört und ihre Sorgen ernst nimmt, dann muss das nicht automatisch Populismus sein.“ Weil gegen dieses Statement wenig einzuwenden ist, folgt sodann als Steigerung, er spreche auf Twitter von „Virus-Panikmache“. Dies ist eine Formulierung, die mittlerweile von vielen Experten verwendet wird. Beispielshalber sei hier auf einen Bericht von ZDF heute vom 09.02.2021 verwiesen mit dem Titel „Experte warnt vor Panikmache – Wie gefährlich wird uns die Mutante?“ Vielleicht haben die SZ-Journalisten gemerkt, dass auch dieses Argument für eine AfD-Nähe eher dünn ist. Deshalb erfolgt ein neuer untauglicher und nicht zielführender Versuch, R. nach rechts zu richten, indem R. mit der Behauptung zitiert wird, Merkel sei „die beste Kanzlerin, die die politische Linke je hatte“.
Dies ist eine politische Bewertung, die angesichts der „Sozialdemokratisierung“ der Union viele Anhänger im konservativen politischen Spektrum finden dürfte. Also wieder Fehlanzeige! Deswegen wird nun behauptet, R. wettere gegen Kollegen, die am „Futtertrog der Regierung“ hängen. Dabei handelt es sich um eine überspitzte, aber gleichwohl zutreffende Behauptung (s.o. bzgl. der Finanzierung der SZ durch den Bund), die aber schwerlich als Beleg für eine AfD-Nähe herhalten kann. Dann folgt ein klassisches Beispiel für Kontaktschuld: R. filme Coronaleugner vor dem Impfzentrum in Berlin (der Ausdruck Kritiker existiert offenbar im Wortschatz der SZ im Zusammenhang mit Corona nicht) und die SZ fragt dann: „Muss man sich da wundern, wenn einem die Likes der Rechtspopulisten zufliegen?“ Ich möchte hier die Gegenfrage stellen: Sollte man sich wundern, wenn der SZ wegen tendenziöser Berichterstattung über Demos von Corona-Kritikern die Likes der Antifa zufliegen? Auf jeden Fall kann man sich in Zeiten der sozialen Medien seine Follower schwer aussuchen. Im Falle von R. dürfte es sich in der Mehrzahl nicht um Rechtspopulisten handeln, sondern um Bürger der Mitte, die die einseitige Berichterstattung der Leitmedien satthaben. Weil aber die SZ womöglich merkt, dass die Belege für eine AfD-Nähe immer noch zu dünn sind, erfolgt eine letzte grandiose Volte: da man R. offenbar mit inhaltlichen Aussagen nicht zur Strecke bringen kann, vergleicht man Argumentationsmuster und behauptet einfach ohne jeden Beleg, R. bediene sich des AfD-Prinzips „Provozieren und zurückrudern, die Grenzen des Sagbaren verschieben und dann so tun, als sei alles nicht so gemeint gewesen“. Getreu dem Motto „irgendetwas wird schon hängenbleiben“.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Matschke
Rechtsanwalt
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Bild:
Text: Gast
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