Oskar Lafontaine legt nach: Strahlender Ritter und Don Quijote Anklage gegen das erbärmliche Niveau der gegenwärtigen Debatte

Von reitschuster.de

Nein, man kann wirklich nicht sagen, dass Oskar Lafontaine sich zur Ruhe gesetzt hätte. Auch wer seiner politischen Linie nicht folgt oder sie nicht greifen kann, der kann vielleicht dennoch eines sagen: Dieser Mann hat Respekt verdient.

Respekt dafür, dass er auch nach Jahrzehnten anstrengender Tagespolitik – unter anderem als Ministerpräsident, Parteivorsitzender von SPD und später Linkspartei, Kanzlerkandidat der Sozialdemokratie und Bundesfinanzminister –, dass Lafontaine sich trotzdem noch wie eine Art moderner Don Quijote aus dem Saarland gegen jede Windmühle wirft, die von einer an Diskursen und Debatten so armen, dafür an Hysterie, Hass und Hetze so reichen Gegenwart aufgestellt wurde.

Vielleicht kann man es so zusammenfassen: Auch Lafontaine mag in seinem politischen Leben viele Fehler gemacht haben, aber mit einem Pfund kann er mittlerweile wuchern: Der Endsiebziger verfügt über ein ausgeprägt feinjustiertes Gerechtigkeitsgefühl. Und aus diesem Gefühl heraus schöpft er sein politisches Adrenalin.

Erwähnen darf man hier noch – auch weil es Lafontaine im folgenden Facebook-Text ebenfalls macht –, man darf sagen, dass Lafontaine auch ein hohes Maß an Loyalität zeigt gegenüber seiner Ehefrau Sahra Wagenknecht, die auch seine politische Weggefährtin ist. Sie wurde angegriffen: zuerst bei Anne Will, anschließend in den etablierten Medien, also verteidigt Lafontaine hier auch ein Stück weit die Familienehre. Bühne frei für Oskar gegen den Rest der Welt:

Zunehmende Intoleranz und Denkverweigerung

Dass Angst zu irrationalem Verhalten führt, ist aus der Psychologie bekannt. Daher ist es verständlich, dass auch in der Corona-Debatte Menschen ein Verhalten an den Tag legen, das sonst nicht zu erklären wäre, und absurde Thesen und wunderliche Meinungen vertreten. Beängstigend ist aber die Zunahme der Intoleranz und der Ausgrenzung Andersdenkender.

Als der Bayern-Profi Joshua Kimmich sagte, er sei noch nicht geimpft und warte auf einen klassischen Impfstoff, erntete er einen Shitstorm.

Als der Philosoph Richard David Precht sich in der Diskussion mit Markus Lanz kritisch zur Kinder-Impfung äußerte, auf mögliche Langzeitfolgen der Impfung hinwies und keine rechtliche Basis für einen staatlichen Druck gegen Ungeimpfte sah, („Ich würde Kinder sowieso niemals impfen, weil ein im Aufbau befindliches Immunsystem mit diesem Impfstoff zu bearbeiten – das würde ich nicht tun“), wurde er im „Spiegel“ vorgeführt und beschimpft.

Als Sahra Wagenknecht in der Talk Show mit Anne Will sagte, sie sei noch nicht geimpft und warte auf einen klassischen Impfstoff, konnte man das erbärmliche Niveau der gegenwärtigen Debatte wieder beobachten. Obwohl sie Älteren und Menschen mit Vorerkrankungen riet, sich impfen zu lassen, hinderte das Politiker, Journalisten und Nutzer der sozialen Medien nicht daran, sie als „Impfgegnerin“ an den Pranger zu stellen. Man erinnert sich an Peter Scholl-Latours Begriff der medialen Massenverblödung.

Den Vogel schoss bei „Anne Will“ wieder einmal Karl Lauterbach ab. Für ihn gibt es keine Spätfolgen einer Impfung („Es ist noch nie passiert, dass eine Nebenwirkung erst sehr spät aufgetreten ist.“). Damit steht er im offiziellen Gegensatz zum RKI, in dessen „Impfbuch für alle“ es heißt: „Noch länger dauert die Beobachtung möglicher Spätfolgen. Denn natürlich kann man bei einer Impfung, die erst seit ein paar Monaten verabreicht wird, noch nicht wissen, ob und welche Spätfolgen nach ein paar Jahren auftauchen.“

Ist das nicht peinlich? Deutschlands Covid-Papst, der das Ohr der Kanzlerin hat, und gleichzeitig in mehreren Talkshows sitzt, widerspricht vor einem Millionen-Publikum dem RKI?

Noch wirrer wurde es, als Lauterbach auf die bekannten Spätfolgen des Dengue-Fiebers hingewiesen wurde. Seine Antwort: „Das ist ein Unterschied, ob die Krankheit dann schwerer verläuft, wenn ich geimpft bin oder, äh, eine Nebenwirkung der Impfung. […] Bei Dengue war das etwas anders, aber das ist ja keine Nebenwirkung der Impfung, sondern das ist ein schwerer Verlauf bei Infektion nach Impfung, aber keine Nebenwirkung der Impfung.“

Ah so. Wenn du geimpft wirst und dadurch schwer erkrankst, ist das keine Folge der Impfung. Karl Lauterbach hat sich mit diesen hoch-wissenschaftlichen Ausführungen das Prädikat „Schwurbler des Tages“ (Jens Berger) redlich verdient.

Die Krönung der sich ausbreitenden Denkverweigerung und Intoleranz ist die Vorliebe vieler Covid-Politiker und Journalisten für 2-G. Geimpfte und Genesene dürfen sich auf Veranstaltungen ungetestet gegenseitig anstecken. Ein negativ getesteter Ungeimpfter, der andere nicht anstecken kann, darf nicht rein. Und wenn es danach Impf-Durchbrüche gibt, dann sind die Ungeimpften schuld.

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Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
Bild: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0
Text: reitschuster.de

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