Von Christian Euler
Alpha, Beta, Gamma und Delta sind als Namen für die unterschiedlichen Spielarten des Corona-Virus bereits vergeben. Es ist also nur konsequent, dass nun die Lambda-Mutation ihr pandemisches Unwesen treibt. „Nun ist die Lambda-Variante in Europa angekommen“, titelte die „Welt“ vor gut einer Woche.
Die Aachener Zeitung und die Rheinische Post orteten die Lambda-Mutation gestern auch in Deutschland. Immerhin: Während Alpha bis Delta von der WHO als besorgniserregend eingestuft wurden, gilt Lambda – auch bekannt als „Anden-Variante“ bzw. „C.37“ – nur als sogenannte Variante von Interesse.
Laut RKI verbergen sich dahinter Virus-Varianten, die „Mutationen aufweisen, welche mit einer erhöhten Übertragbarkeit und/oder veränderter Immunantwort assoziiert sind.“ Auch eine noch nicht peer-reviewte Studie der NYU Grossman School of Medicine in New York verleiht Lambda das Prädikat „eher unspektakulär“.
Gleichwohl dürften die Medien und die Bundesregierung wieder nach ihrem bewährten Drehbuch agieren. Bei der Alpha-Variante warnten sie bereits vor ihrem tatsächlichen Erscheinen, dass diese nicht nur tödlicher sei, sondern sich auch schneller ausbreite und zu schwereren Verläufen führen könne. „Variante B.1.1.7 wohl tatsächlich tödlicher“, hieß es wörtlich in der Pharmazeutischen Zeitung.
Eine Frage der Zeit, wann die üblichen Mahner die Bühne betreten
Bei der Delta-Variante ließ es sich auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nicht nehmen, eindringlich vor deren Ausbreitung zu warnen, während sie der Focus als „tödlicher als bisherige Corona-Mutationen“ einstufte.
Viel Rauch um nichts, lässt sich die medien-initiierte Panikmache auf den Punkt bringen. So entwarnte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Burkhard Rodeck, gegenüber der dpa: „Sie ist allerdings, was die Sterblichkeitsrate angeht, eher unterhalb der anderen Varianten anzusiedeln.“
Mit Blick auf Lambda gibt es nun ein Déjà-vu: „Wie gefährlich ist die Lambda-Variante?“, titeln Zeitungen und Magazine gleichlautend. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die üblichen Mahner wieder ihre Plattformen in Funk und Fernsehen nutzen, um die Bevölkerung in den Alarmzustand zu versetzen.
Doch dabei dürfte es kaum bleiben, schließlich bietet das griechische Alphabet noch einige weitere Möglichkeiten. Die neue Variante Eta wurde bereits Ende 2020 in Angola und Nigeria entdeckt und steht seit März unter Beobachtung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Laut Robert Koch-Institut traten in Deutschland bereits 700 Eta-Fälle auf.
Durchdeklinierung des griechischen Alphabets
Epsilon heißt die Variante, die im März 2021 in Kalifornien entdeckt wurde. Wissenschaftler gehen hier von einer um 20 Prozent höheren Übertragbarkeit aus. Noch ist unklar, ob Epsilon schwerere Krankheitsverläufe verursacht. Hierzulande spielt Epsilon bislang – noch – keine Rolle.
Theta wiederum fiel zu Beginn dieses Jahres auf den Philippinen auf, später auch in Japan, den USA und auch in Deutschland. Experten zufolge könnten einige ihrer Mutationen einen verringerten Immunschutz auslösen, auch eine erhöhte Übertragbarkeit ist möglich.
Kappa schließlich stammt aus Indien, wurde auch schon in Großbritannien und den Vereinigten Staaten nachgewiesen, in Einzelfällen auch hierzulande. Die WHO hat die Variante noch nicht als schwerwiegend klassifiziert. Eine verringerte Immunität sowie eine höhere Übertragbarkeit sind nach Ansicht von Fachleuten aber denkbar.
Angesichts der Vielzahl von Varianten hat die Politik nun die Qual der Wahl, welcher griechische Buchstabe herhalten darf, um das Paniklevel hochzuhalten und Impfskeptiker zur späten Umkehr zu bewegen.
»Alle Impfstoffe sind effektiv«
Die Weltgesundheitsorganisation steht hilfreich zur Seite und stilisiert die Impfung als wirksamstes Mittel gegen alle Mutationen hoch. „Alle von uns zugelassenen Vakzine gegen die weltweit zirkulierenden Corona-Varianten sind generell effektiv – und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sie dies bei Lambda weniger wären“, sagte Jairo Méndez-Rico, Experte für Viruserkrankungen bei der WHO, der Deutschen Welle.
Für Karl Lauterbach, den obersten Mahner der Nation und SPD-Gesundheitsexperten in Personalunion, ist selbst das zu wenig: „Es kann durchaus sein, dass die Impfungen ohne jeden Lockdown, also wenn wir wieder ganz normal miteinander zusammenleben, dass die Impfungen dann nicht so stark wirken, weil man dann sehr viel stärker exponiert wird, und wenn dann tatsächlich die Impfwirkung sinkt, in dieser Größenordnung, dann hätten wir auch im Herbst ein Problem.“
Erste Wetten, auf welche Variante sich der omnipräsente Mahner dann beruft, dürfen abgeschlossen werden. Möglicherweise sind dann aber schon sämtliche griechischen Buchstaben aufgebraucht.
Bild: zizou7/Shutterstock
Text: ce
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