Schon heute steht die Lufthansa immer öfter für schlechten Service. Doch es wird wohl noch dicker kommen. Der Konzern kündigte jetzt an, sich auf Langstrecken zu konzentrieren. Auf der Kurzstrecke, also innereuropäisch, sollen vermehrt ganze Crews samt Flugzeugen von anderen Anbietern angemietet werden. Die Folgen werden in meinen Augen im besten Fall „nur“ ein noch schlechterer Service sein – und im schlimmsten Fall ein Chaos. Die Lufthansa riskiert, durch diese Maßnahmen ihr ohnehin schon mehr als angekratztes Image weiter zu verschlechtern. Denn vom Prädikat „Premiummarke“ ist wenig übrig geblieben.
Das zeigen auch die Leser-Reaktionen auf die Schilderung meiner gruseligen Erlebnisse mit der Lufthansa-Tochter „Austrian Airlines“ – die zum Lachen sind, solange man nicht selbst davon betroffen ist (siehe meinen Text und mein Video „Wie komme ich hier wieder raus? Gestrandet in Berlin“). Ganz offensichtlich bin ich mit meinen unschönen Erfahrungen nicht allein. Nach dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ haben mir mehrere Leser ihre eigenen Erfahrungen mit der heutigen Luftfahrt und mit der Lufthansa im Besonderen geschildert. Zwei der Zuschriften möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Sie sind stellvertretend für andere Zuschriften und Erzählungen von Freunden und Bekannten. Eine Freundin musste kürzlich am Berliner Flughafen fast geschlagene zwei Stunden auf die Gepäckausgabe warten. Mir selbst haben ausländische Crews erzählt, dass sie inzwischen regelrecht Angst haben, deutsche Flughäfen anzufliegen – weil zu viel schief gehe. Mal müssten sie ewig auf die Zugangstreppe warten, oder auf das Putzpersonal, oder auf Mitarbeiter, die behinderte Passagiere beim Aussteigen betreuen. Eine Leserin stellt die gar nicht so abwegige Frage, ob die Idee hinter dem Chaos vielleicht sei, den Menschen das Fliegen zu verleiden. Ich denke – das ist nur ein gerne gesehener Begleiteffekt – Ursache ist schlicht Organisationsversagen. Zumal man sich mehr um politische Korrektheit zu bemühen scheint als um reibungslose Betriebsabläufe. Hier die beiden Leserbriefe:
Hallo Herr Reitschuster,
im Folgenden berichte ich Ihnen von einem wirklich unglaublichen Erlebnis, welches ich am XXX im Flughafen Düsseldorf hatte. Der Flieger aus Madrid landete am Abend um XXX in Düsseldorf. Nach Erreichen der Parkposition brauchte der Flughafen geschlagene 20 Minuten, um die Passagierbrücke an das Flugzeug heran zu manövrieren. Der Kapitän entschuldigte sich mehrfach bei seinen langsam unruhig werdenden Fluggästen und bemerkte, in Düsseldorf habe man wohl ein Personalproblem. Endlich konnten wir den Flieger verlassen und zur Gepäckausgabe gehen. Dort tat sich allerdings nichts. Wir warteten eine Stunde, dann zwei, ohne dass sich ein Offizieller zeigte, ohne Getränke, einzig durch eine Lautsprecher Stimme darüber informiert, die Abfertigung werde sich „aus Witterungsgründen“ verzögern. Um 21:50 präsentierte sich dann ein gutfrisierter Anzugträger und erklärte: „Heute kommen keine Koffer mehr.“ Als sich unter den ca. 200 Reisenden, darunter schwer behinderte und alte Menschen sowie Familien mit kleinen Kindern, Unmut breit machte, rechtfertigte sich der Anzugträger: „Mir sind die Hände gebunden, das Gepäck ist irrtümlich in Madrid geblieben“.
Darauf meldeten sich gleich zwei empörte Männer. Wie es sich herausstellte, hatten beide einen GPS-Tracker in ihren Koffern und konnten so den direkten Nachweis erbringen, dass die Koffer sich tatsächlich in Düsseldorf befanden. „Heute kommen trotzdem keine Koffer mehr!“ war die barsche Antwort. Wir wurden dann zu einem Schalter am anderen Ende der Halle geführt, vorbei an hunderten anderen Fluggästen, deren Maschinen ebenfalls nicht abgefertigt worden waren. Formulare wurden ausgegeben. Kugelschreiber gab es keine. Ausländische Fluggäste waren mit den deutschen Formularen vollkommen überfordert. Die Koffer würden möglichst bald an die von uns angegebenen Adressen ausgeliefert. Seither warten ich und vermutlich hunderte andere Fluggäste ebenfalls. Der Flughafen selbst weist jede Verantwortung weit von sich. „Da sind Sie hier leider falsch. Um das Gepäck kümmert sich ein Subunternehmer…“
Überflüssig zu erwähnen, dass sich unter der Telefonnummer des Subunternehmers tagelang niemand meldet. Glücklicherweise habe ich noch genügend Unterhosen zum Wechseln im heimischen Kleiderschrank, was aber passiert mit Personen, in deren Koffern sich womöglich lebensnotwendige Medikamente befinden? Mir ist es an diesem denkwürdigen Tag noch gelungen, den Regionalexpress zu erreichen. Im Zug traf ich auf einen Mann im neongelben Arbeitsdress. Ob er am Flughafen arbeite? Ja.
Der Mann erzählte mir folgendes: Man habe die Maschinen abfertigen wollen, sei aber aufgrund einer Gewitterwarnung und wegen „versicherungstechnischen Gründen“ nicht tätig geworden. Nach einer Zeit enthüllte er mir die wahren Gründe. Der Flughafen funktioniere nur mit einem undurchdringlichen Konstrukt von Subunternehmern. Allen gemeinsam seien Mindestlohn und schlechte Arbeitsbedingungen. Während der „Pandemie“ sei allen sofort gekündigt worden. Die einen hätten jetzt einen anderen, besseren Job, die anderen wären lieber im Bürgergeld als am Flughafen. Fazit: Am Flughafen Düsseldorf wird man im Zweifelsfall nicht als Fluggast sondern wie ein lästiger Bittsteller behandelt. Man lässt dich stundenlang warten, ohne dir zumindest einen Schluck Wasser anzubieten und obendrein wirst du dann noch dreist belogen.
Düsseldorf international= Düsseldorf disfunktional
Guten Tag Herr Reitschuster,
mein Mann musste aus familiären Gründen kurzfristig nach Indien fliegen. Da ich Ihre Reisegeschichten mit den deutschen Fluggesellschaften/ Flughäfen gelesen habe, muss ich Ihnen dieses Erlebnis zukommen lassen. Da mein Mann nur 9 Tage unterwegs war, buchte er, um Zeit zu sparen, einen Direktflug nach Delhi mit der Lufthansa, Premium Economy. Auf der Hinreise hat alles prima geklappt. Zurück am XXX ging die Maschine nachts schon mit Verspätung los, da die geplante Maschine nicht verfügbar war und ein anderes Flugzeug organisiert wurde. Sie sollte dann statt um 6 Uhr um 8 Uhr in München landen. Ich bin also morgens mit dem Auto los, um ihn im 200km entfernten München abzuholen. Um 8 Uhr angekommen, kein Lufthansa Flug auf der Anzeige. Im Internet auf Flightradar24 konnte ich das Flugzeug über Italien finden (Ankunft um 9:18 Uhr). Da das Parken in der Ankunft sehr teuer ist, bin ich nochmals raus und schaute dann wieder auf das Flightradar wie weit das Flugzeug ist. Das Flugzeug war dann plötzlich aus dem Radar weg, nach einigem Suchen fand ich heraus, dass die Maschine nach Rom umgeleitet wurde. Mein Mann rief dann auch schon an, dass der Kapitän eine Durchsage machte, dass wegen der Sperre des Luftraums über dem Iran die Maschine nicht mehr genügend Kerosin hätte und sie landen müsste.
Nach der Landung mußte mein Mann 2 Stunden in der Passkontrolle anstehen und noch einen Stunde am Gepäck. Danach gab es keine Auskunft, keinen Service, einfach nichts. Familien mit kleinen Kindern wurden einfach so stehen gelassen. Gegen 12 Uhr kam per Mail die Info, dass es um 16.15 mit der Alitalia weiter nach München geht, ohne Premium, nur Economy, das wurde einfach ignoriert. Da ich zwischenzeitlich wieder heimfahren mußte, da die Kinder alleine waren, und am Abend die Zugverbindungen extrem schlecht waren und mein Mann mit den Nerven am Ende, bin ich dann abends nochmals nach München, hatte dann 800 km hinter mir. Da wir selbstständig sind und er abends noch was vorbereiten mußte, war mir auch das Risiko, sich auf die Deutsche Bahn zu verlassen, zu groß.
Eine schriftliche Beschwerde bei Lufthansa, da 12 Stunden verspätet, wurde mit einer Entschuldigungsantwort abgetan, dass es durch Dritte verursacht wurde, und es keine Erstattung geben wird. Unterschrieben von einem indischen Mitarbeiter.
Wir fliegen jedes Jahr nach Indien, mit arabischen, der türkischen oder auch schon mit Aeroflot, aber das war wohl das nervigste Flugerlebnis. Es kann immer mal was sein, aber dass man die Gäste dann einfach so stehen lässt, macht einfach sprachlos.
Mann fragt sich dann schon, ob es Lufthansa egal ist, was ihre Kunden denken oder ob sie einen Auftrag haben einem das Fliegen möglichst zu verleiden.
Meine Seite braucht Ihre Unterstützung!
Wenn Sie weiter Artikel wie diesen lesen wollen, helfen Sie bitte mit! Sichern Sie kritischen, unabhängigen Journalismus, der keine GEZ-Gebühren oder Steuergelder bekommt, und keinen Milliardär als Sponsor hat. Und deswegen nur Ihnen gegenüber verpflichtet ist – den Lesern!
1000 Dank!
Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre:
Über diesen LinkAlternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71 oder BE43 9672 1582 8501
BITCOIN Empfängerschlüssel auf Anfrage
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.
Wer übernimmt die Verantwortung? 12 ketzerische Fragen zum tödlichen Politik-Versagen von Solingen?
Solingen als Mahnmal – Gesellschaft zahlt den Preis für Wegsehen und Verdrängung bei Gewalt(-Import)
Bilder: Shutterstock