Purer Aktionismus? Deutliche Kritik an Lauterbachs Hitzeschutzplan Destatis: Zweifel an Lauterbachs Zahlen

Von Kai Rebmann

Das Timing hätte schlechter wohl kaum sein können. Seit Tagen herrschen in Deutschland für einen Juli außergewöhnlich kühle Temperaturen, die zu allem Überfluss auch noch von ergiebigen Regenfällen begleitet werden. Und inmitten dieser Gemengelage stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dieser Tage seinen Hitzeschutzplan für Deutschland vor.

Aufgeschreckt durch teilweise sehr hohe Temperaturen um 35 Grad zu Beginn des Sommers wollte der ewige Mahner die Notwendigkeit für ein nationales Schutzkonzept für die Bevölkerung erkannt haben. Lauterbach erklärte dazu: „Wir haben das Ziel, die Sterbefälle in diesem Jahr zu halbieren, also unter 4.000 zu halten.“

Demnach müssten in Deutschland im Sommer 2022 mindestens 8.000 Menschen den Hitzetod gestorben sein. Doch sowohl diese Zahlen als auch der jetzt vorgestellte Hitzeschutzplan sorgen gleich auf mehreren Ebenen für Zweifel und Kritik.

Hitzeschutzplan? DRK sieht andere Prioritäten

Um viel mehr als Stückwerk und puren Aktionismus scheint es sich bei Lauterbachs Konzept tatsächlich nicht zu handeln. Diese Kritik äußern zumindest sinngemäß auch Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Christoph Schlütermann, Kreisvorsitzender aus Coesfeld, zuckt nur mit den Achseln: „Diese Dinge sind doch bekannt.“

Gemeint sind damit die sechs zentralen Punkte aus Lauterbachs Hitzeschutzplan: Hitze meiden, sich im Schatten aufhalten, viel trinken und leichte Kost essen, unnötige Belastungen vermeiden, luftige Kleidung tragen und im Zweifelsfall einen Arzt konsultieren. Derartige „Ratschläge“ sind in Wahrheit natürlich Binsenweisheiten, die in Deutschland – und nicht nur da – jedes Kind kennt. Für so etwas „braucht es keinen Hitzeschutzplan“, ist sich wohl nicht nur der DRK-Funktionär sicher.

Stattdessen würde es Schlütermann gerne sehen, wenn solche Gelder in die personelle Aufrüstung beim DRK und ähnlichen Diensten investiert würden. Bei Hitzewellen besonders gefährdete Personengruppen seien demnach Schwangere, Kranke und ältere Menschen. Diese Meinung mag man sicherlich teilen – wirklich neu ist natürlich aber auch diese Erkenntnis nicht.

Statistisches Bundesamt liefert ganz andere Zahlen

Viel interessanter aber ist die Frage, woher die von Karl Lauterbach verbreiteten Zahlen stammen. Die Antwort: Sie beruhen – einmal mehr – auf Berechnungen und Schätzungen des RKI. Demnach sollen in Deutschland allein in den vergangenen drei Jahren rund 20.000 Menschen an den Folgen von Hitzewellen gestorben sein.

Problem: Derartige Schätzungen sind frei von jeder Evidenz und erinnern ein wenig an das berühmt-berüchtigte „an und mit“ aus der Corona-Zeit. Wer es genau wissen will, sollte sich deshalb die beim Statistischen Bundesamt gesammelten Todesursachen anschauen – und die zeichnen ein gänzlich anderes Bild.

Demnach sterben in Deutschland pro Jahr durchschnittlich gerade einmal 19 Menschen infolge von Hitzschlag, Sonnenstich und „andere durch Hitze oder Sonnenlicht verursachte Schäden“. Diese als „direkte Todesursache“ bezeichneten Faktoren lassen sich – ganz im Gegensatz zu den Schätzungen des RKI – zweifelsfrei einem ganz bestimmten Verursacher zuordnen und werden als solche auch auf den Totenscheinen entsprechend vermerkt. Je nach Jahr schwanken diese Werte zwischen 3 (2001) und 60 (2015).

Selbst die Zahl der hitzebedingten Hospitalisierungen liegt noch deutlich unter den vom Gesundheitsminister und der ihm unterstellten Behörde. Diese führten Destatis zufolge „im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2021 zu knapp 1.500 Krankenhausbehandlungen jährlich.“

Flucht in den Süden?

Allen anderslautenden Warnungen zum Trotz, etwa vor dem „heißesten Monat seit Jahrtausenden“ – gemeint ist der Juli 2023 –, ist zumindest das subjektive Empfinden vieler Deutscher in diesen Tagen ein anderes. Den Hitzetod zu sterben, erscheint angesichts der zuletzt außergewöhnlich kühlen und nassen Witterung eher unwahrscheinlich.

Und: Die Prognosen für die erste August-Woche sehen nicht viel besser aus, das eigentlich für den April typische Wetter soll uns vorerst erhalten bleiben. Das Portal „daswetter.com“ schreibt dazu: „Zum Monatsstart erreichen die Temperaturen regional kaum mehr als 20 Grad. Zum ersten Augustwochenende kann es sogar Schnee geben!“ Letzteres gilt wohlgemerkt für absolute Höhenlagen, ist im hier behandelten Zusammenhang und für diese Jahreszeit aber dennoch bemerkenswert.

Was also tun, wenn man doch noch ein Stück Sommer abbekommen möchte? Auch hier lesen sich die Empfehlungen inzwischen ganz anders als noch vor wenigen Tagen. Während Karl Lauterbach unlängst noch über eine „spektakuläre Hitzewelle“ in der Toskana (bei 29 Grad) fabulierte und die Medien praktisch rund um die Uhr über aus Urlaubsparadiesen flüchtende Touristen berichteten, heißt es jetzt wieder:

„In Anbetracht der unerfreulichen Wettervorhersage bleibt vielen Urlaubern nur der Gedanke an eine Flucht in den Süden, wo das Mittelmeerklima für angenehmere Bedingungen sorgen könnte.“ Die Länder rund um das Mittelmeer lockten mit ihrer mediterranen Atmosphäre, ihren malerischen Stränden und einer Fülle von kulturellen und kulinarischen Erlebnissen, schreibt „daswetter.com“. Erst ganz am Schluss erfolgt ein Hinweis auf regionale Brände, die gegebenenfalls „nicht ungefährlich“ seien. Vom allgemeinen Alarmismus aber keine Spur!

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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