Von Daniel Weinmann
Bis zum 4. April musste der deutsche Durchschnittsbürger arbeiten, um das Geld zu verdienen, das der Staat für seine Sozialleistungen braucht. Das hat das Forschungszentrum Generationenverträge für die Stiftung Marktwirtschaft errechnet. Grund genug für die Denkfabrik, diesen Tag zum „Sozialabgabengedenktag 2024“ auszurufen.
Die Stiftung will diesen Erinnerungstag von nun an regelmäßig erheben, um den Menschen ein Gefühl dafür zu geben, was ihnen die Finanzierung des deutschen Sozialsystems abfordert. Klar ist schon jetzt: Die Sozialabgaben, die mit 25,9 Prozent schon jetzt einem Viertel des durchschnittlichen gesamten Jahreseinkommens, entsprechen, werden stetig steigen. Denn in den kommenden 15 Jahren erreichen hierzulande rund 13 Millionen Erwerbstätige das Renteneintrittsalter. Dies entspricht knapp einem Drittel der Erwerbspersonen in Deutschland.
Der Eintritt der „Babyboomer“ – also jenen zahlenmäßig stärksten Jahrgängen, die zwischen 1957 und 1969 zur Welt kamen – in den Ruhestand, fordert seinen Tribut. „Der Gipfel der sogenannten demografischen Welle erreicht Ende der 2020er-Jahre das Rentenalter“, bringt es das Statistische Bundesamt (Destatis) auf den Punkt.
Wer heute zwischen 65 und 70 Jahre alt ist, profitiert am meisten
Während die Ausgaben für Rente, Gesundheitsversorgung und Pflege mit dem Alter der Bevölkerung steigen, nimmt die Zahl derer ab, die mit ihrer Arbeit für Steuern und Sozialbeiträge sorgen. Die Crux: Im Umlageverfahren der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung müssen die Erwerbstätigen die Ausgaben der Rentenbezieher stemmen. Die immer höheren Abgaben verteilen sich damit zwangsläufig auf immer weniger Schultern.
Wie überall gibt es Gewinner und Verlierer. Die klaren Profiteure des deutschen Sozialsystems sind laut des Forschungszentrums Generationenverträge die Babyboomer – insbesondere diejenigen, die heute zwischen 65 und 70 Jahre alt sind.
Bis zum Alter von 36 Jahren und drei Monaten profitieren die Menschen demnach noch vom System, Stichtag ist der 10. Oktober 1987. Wer nach diesem Tag geboren ist, trägt laut Studie statistisch betrachtet während seines restlichen Lebens mehr zur Finanzierung des Sozialstaates bei, als er an beitragsfreien Leistungen erhält.
Sozialsystem nur dann dauerhaft finanzierbar, wenn der Staatshaushalt immer stärker belastet wird
Die größten Verlierer sind die heute zwischen 15- und 20-Jährigen, rechnen die Ökonomen vor. Sie zahlen rund 10.000 Euro mehr ein, als sie – etwa in Form einer Rente – erhalten werden. Auf der Sonnenseite stehen die 65-Jährigen, die knapp 60.000 Euro mehr bekommen, als sie einzahlen. Wer heute 50 Jahre alt ist, erhält immerhin noch gut 20.000 Euro mehr, als ihm während seines Erwerbslebens abgezogen wurde.
Fragt sich, wie die Schieflage kompensiert werden soll. Am Ende müssen es vermutlich die Steuerzahler richten. „Aufgrund der Bevölkerungsalterung wird das heutige Niveau der steuerfinanzierten und versicherungsfremden Sozialleistungen nur dann unter Beibehaltung der aktuellen Steuersätze dauerhaft finanzierbar sein, wenn der Staatshaushalt immer stärker belastet wird“, warnt Bernd Raffelhüschen, Vorstandsmitglied der Stiftung Marktwirtschaft und Finanzwissenschaftler an der Universität Freiburg.
Schon heute betrage der Anteil der gesamten Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden, der jährlich allein für die Finanzierung beitragsfremder Sozialleistungen aufgewendet werden müsse, rund 22,3 Prozent. Raffelhüschens Blick in die Zukunft verheißt wenig Gutes: „Im Jahr 2040 werden wir mehr als ein Viertel der gesamten Steuereinnahmen benötigen, um die Ausgaben bei gleichem Leistungsniveau zu decken.“
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