Von reitschuster.de
Eine Gruppe von Forschern rund um die Virologin Prof. Sandra Ciesek kommt in einer kürzlich veröffentlichten Arbeit zu beachtlichen Ergebnissen hinsichtlich der Wirkung einer vierten Corona-Impfung für verschiedene Bevölkerungsgruppen.
Die noch nicht durch den Peer-review-Prozess abschließend validierte Studie, die am 30. März von den Forschern veröffentlicht wurde, untersucht die Wirksamkeit der Booster-Impfung gegen die verschiedenen Varianten: Alpha, Beta, Delta und Omikron sowie gegen die Omikron-Untervarianten BA.1 und BA.2.
Die Gruppe kommt zu dem Ergebnis, dass ein Anstieg der neutralisierenden Antikörper zwar für die Standardvarianten gemessen werden könne, jedoch die neutralisierende Kapazität gegen die Untervarianten gering bleibt.
In der Diskussion der Studie kommen die Forscher zu folgender Einschätzung:
„Die positive Wirkung einer regelmäßigen Impfung der jungen und gesunden Bevölkerung könnte begrenzt sein, da die Infektionsrate mit Omikron derzeit noch hoch und die Krankheitslast niedrig ist.“
Ciesek, die auch die Regierung berät, ist immer wieder Gast im NDR Podcast und hatte sich jüngst gegen die Lockerung der Maßnahmen ausgesprochen. Bisher hatte sie sich uneingeschränkt positiv der Impfung gegenüber geäußert, daher kommt der Richtungswechsel unerwartet.
„Insgesamt deuten unsere Daten auf einen geringeren Schutz vor Durchbruchsinfektionen mit der Omikronvariante im Vergleich zu anderen Coronavarianten nach vier Impfdosen hin“, erklärt Ciesek auf Twitter.
Eine zweite Auffrischungsimpfung führte zu einem Anstieg der neutralisierenden Antikörper gegen die VOCs Alpha, Beta, Delta und Omikron der Untervarianten BA.1 und BA.2. Im Vergleich zu B.1 blieb die neutralisierende Kapazität der beiden Omicron-Subvarianten jedoch gering.
— Sandra Ciesek (@CiesekSandra) March 30, 2022
Im Dezember war Ciesek noch von der Wirkung gegen die Omikronvariante überzeugt. Die schwache Wirkung wurde dann jedoch bald durch eine dänische Kohortenstudie absehbar und wird aktuell selbst vom RKI bestätigt.
Die Autoren betonen aber, dass gefährdete Patienten oder ältere Menschen, die eine ausgeprägte Immunabschwächung, Vorerkrankungen oder ein hohes Risiko für schwere Erkrankungen aufweisen, von einer Impfung alle drei Monate profitieren könnten.
„Außerdem könnte angesichts der ungleichen Verteilung der Impfungen weltweit der Nutzen von Impfungen mit einer Dauer von weniger als sechs Monaten für die gesunde Bevölkerung vernachlässigbar sein, primär in Zeiten geringer Inzidenz“, so die Forschenden. Womit sie implizit von der Impfung für die gesunde Bevölkerung abraten, solange die Inzidenzen gering sind.
Weiterhin vermuten die Forscher, die Omikronvariante sei eine Immun-Escape-Variante, die aufgrund des evolutionären Drucks in der durchseuchten und geimpften Bevölkerung entstanden ist. So werde das Virus zur Entwicklung einer neuen Variante gezwungen. Diese Tendenz werde wahrscheinlich fortbestehen und könnte sich noch verstärken, „wenn sich der endemische Zustand nähert und die Maßnahmen verschwinden“.
Bild: Screenshot ARD extraText: reitschuster.de