Von Kai Rebmann
Keine Frage, Alexandra Popp ist eine verdiente deutsche Nationalspielerin: 145 Länderspiele sprechen da eine klare Sprache. Auch der DFB hält große Stücke auf seine langjährige Kapitänin und ehrte die Stürmerin des VfL Wolfsburg mit einem Abschiedsspiel gegen Australien (1:2). Das Sportliche geriet bei diesem Testspiel aber schnell zur Nebensache, wozu nicht zuletzt Popp selbst einen großen Teil beigetragen hat.
Schon vor dem Anpfiff wollte die 33-Jährige ihre „Haltung“ demonstrieren und lief einmal mehr mit der Regenbogen-Binde auf, die beim DFB schon zum Inventar gehört. Dafür gab es von Schiedsrichterin Maria Marotta die sinnbildliche Rote Karte! Die Italienerin pochte darauf, dass Popp entweder eine Binde in einer (!) dominanten Farbe oder in den Landesfarben trägt. Genau so sehen es die Statuten der FIFA vor und daran musste sich auch Popp halten, die sich letztlich – und aus ihrer Sicht wohl notgedrungen – für die deutschen Farben entschied.
Es sollte jedoch nicht der einzige Aufreger dieses Abends bleiben. Der Arbeitstag selbst war für die DFB-Kapitänin mit ihrer Auswechslung nach 15 Minuten ohnehin früh beendet. Genug Zeit also, um sich Gedanken abseits des Spielfelds zu machen und diese nach der Partie in die Mikrofone der Reporter zu sprechen.
Zunächst bedauerte es die Stürmerin, dass sie die Regenbogen-Binde zu ihrem Abschied nicht doch tragen durfte. Schließlich sei diese doch „immer ein Statement von uns“ gewesen. Mit der Deutschland-Binde zu spielen, habe aber „auch etwas Schönes“ gehabt, schob sie dann schnell noch nach.
Gratis-Mut? Ja, bitte! Echtes Rückgrat? Nein, danke!
Von der nächsten Generation wünscht sich Popp, dass ihre Nachfolgerinnen ihr wokes Erbe weiterführen: „Es geht darum, etwas verändern zu wollen. Wir sind noch nicht am Ende der Entwicklung des Frauenfußballs. Der sinnbildliche Ball soll demnach bei den künftigen Führungsspielerinnen liegen, auch mal ein bisschen Druck auszuüben, um die Entwicklung ein Stück weit voranzutreiben.“
Konkret werden wollte Popp zwar nicht, man kann sich aber gut vorstellen, in welche Richtung die Gedanken gingen. Dabei gäbe es wahrlich genug Themen, für die sich prominente Sportlerinnen und nicht zuletzt der DFB als weltweit größter Dachverband einsetzen könnten. Da wäre zum Beispiel ein Plädoyer für die Frauenrechte, in der Gestalt etwa, dass auch wirklich nur Frauen – und zwar biologische – am Frauensport partizipieren und sich auf Wettkampfebene messen dürfen.
Aber halt! Stopp! Das geht ja nicht! Denn statt Gratis-Mut würde das ja echtes Rückgrat verlangen; und das ist die Sache des DFB und seiner Protagonisten auf dem grünen Rasen bekanntermaßen nicht unbedingt. Bloß nicht rauskommen aus der eigenen Komfortzone und sich womöglich noch den Mund verbrennen.
Große Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Schließlich ging Popp im Interview mit der Springer-Presse noch auf die in ihren Augen ungerechte Bezahlung im Frauenfußball ein: „In der 1. Liga sind wir durch die Bank weg noch nicht hochprofessionell aufgestellt.“ Es sei „einfach ein Unterschied, ob ich 8 Stunden arbeiten gehe – und dann muss ich 100 Prozent auf dem Platz geben. Oder ich kann mich voll und ganz auf den Fußball konzentrieren.“
Doch, Frau Popp, das geht – nur eben vielleicht nicht in Deutschland, zumindest nicht in der großen Breite. Und warum ist das so? Weil der Markt dafür schlicht und ergreifend nicht da ist! Angebot und Nachfrage bestimmen auch im Profisport den Preis. In Schweden oder den USA mag das in Bezug auf den Frauenfußball anders aussehen, aber hierzulande lassen Zuschauerzahlen, TV-Einnahmen und nicht zuletzt das vergleichsweise geringe Engagement von Sponsoren eben keine Millionen-Gehälter zu.
Das mögen Profi-Fußballerinnen wie Alexandra Popp offenkundig als ungerecht empfinden, spiegelt aber nun mal die wirtschaftliche und gesellschaftliche Realität wider. Bei der Einordnung hilft auch der Blick auf die aktuellen Zuschauerzahlen in der Frauen-Bundesliga. Im Schnitt finden in der laufenden Saison 2024/25 gerade 2.794 Fans den Weg in die Stadien. Zum Vergleich: Bei den Herren der Schöpfung liegt der Schnitt schon in der 3. (!) Liga bei 11.304 Zuschauern und damit um mehr als das Vierfache höher.
Dazu passt dann wohl auch, dass das Abschiedsspiel für Alexandra Popp in Duisburg stattgefunden hat und eben nicht in einem der großen Fußball-Tempel in Dortmund oder München.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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