Von jemandem, der das höchste Regierungsamt in einem der wichtigsten Länder Europas innehat, erwartet man eine gewisse Sensibilität, was den Umgang mit geheimen Unterlagen angeht. Im schlimmsten Fall kann davon Leben oder Tod abhängen – wenn etwa aus Geheimdienstpapieren Rückschlüsse auf Quellen in anderen Ländern gezogen werden könnten. Ein verantwortungsbewusster Staatsmann, so würde man denken, geht deshalb vorsichtig und mit der nötigen Sorgfalt mit solchen Unterlagen um.
Nicht so Olaf Scholz. Der Bundeskanzler und seine Frau, Britta Ernst, die Bildungsministerin in Brandenburg, haben an ihrem Potsdamer Wohnort offenbar vertrauliche Papiere entsorgt, ohne sie unkenntlich zu machen, wie der „Spiegel“ berichtet. Demnach haben Nachbarn des Paares über Monate im allgemeinen Hausmüll der Wohnanlage in der Potsdamer Innenstadt regelmäßig interne Papiere ausfindig gemacht.
Einige dieser Unterlagen, die offenbar Ernst weggeworfen hat (woher auch immer der „Spiegel“ wissen will, wer in dem gemeinsamen Haushalt was wegwirft), sind dem Bericht zufolge zwar zerrissen, aber nicht geschreddert worden. Kurz nach dem G7-Gipfel im bayerischen Elmau landete dem Artikel zufolge auch ein Papier in dem Müll der Hausgemeinschaft, auf dem Fotos und „Kurzprofile der Partner:innen“ der Staats- und Regierungschefs zu finden waren. Das Papier war demnach vom Auswärtigen Amt als „Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft worden.
Laut „Spiegel“ haben die Nachbarn des Kanzlerpaars die Unterlagen zufällig entdeckt. Demnach lagen sie um die Mülltonnen herum verstreut auf dem Boden. Möglicherweise habe sich ein Fuchs daran zu schaffen gemacht, heißt es. Wenigstens keine ausländische Agenten. Der Artikel geht noch weiter: Scholz und Ernst hätten das Altpapier im Restmüll entsorgt. Was für ein Umweltfrevel im „besten Deutschland aller Zeiten“ – ein Versagen bei der Mülltrennung. Gut, dass dies nun öffentlich bekannt ist!
Für den Umgang mit vertraulichen Dokumenten gelten in Deutschland strenge Regeln, wie „ntv“ in einem Bericht über die Causa ausführt: „Derartige Verschlusssachen seien so zu vernichten, ‚dass der Inhalt weder erkennbar ist noch erkennbar gemacht werden kann‘, heißt es in der Verwaltungsvorschrift des Bundes zum sogenannten ‘materiellen Geheimschutz‘.“
Umgang mit Verschlusssachen darf nur bekommen, „wer eine Sicherheitsüberprüfung zur Feststellung der erforderlichen Zuverlässigkeit bestanden hat“, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz auf seiner Seite erklärt.
Eine gewisse Schlampigkeit beim Mülltrennen mag als lässliche Sünde durchgehen oder sogar etwas Sympathisches haben in diesen Zeiten des grünen, peniblen Öko-Spießertums. Dass ein Kanzler es aber mit geheimen Papieren nicht so genau nimmt, noch dazu in solchen Zeiten, spricht jedoch nicht unbedingt für einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem hohen Amt.
Bild: ShutterstockText: br
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