Von Kai Rebmann
Forschung führt zu Fortschritt und in aller Regel auch zum Gewinn neuer Erkenntnisse – wenn man das denn überhaupt will. In kaum einer Disziplin muss das einmal geschaffene Narrativ so unangetastet bleiben wie beim vermeintlich menschengemachten Klimawandel. Wer dieses Mantra aber dennoch hinterfragt, der muss mit Denunziation und Ausgrenzung rechnen. So wie jetzt John K. Dagsvik und Sigmund H. Moen, die beiden Autoren eines kritischen Diskussionspapiers.
Die Arbeit setzt sich mit der im Titel gestellten Frage auseinander: „Inwieweit wirken sich Treibhausgase auf Veränderungen des Temperaturniveaus aus?“ („To what extent are temperature levels changing due to greenhouse gas emissions?”) In der Zusammenfassung ihres Papiers weisen die Autoren auf die aus ihrer Sicht wichtigsten Erkenntnisse hin:
„Wetter und Temperaturen variieren in einer Art und Weise, die schwer zu erklären und präzise vorherzusagen sind. […] Tests zeigen, dass (die) Standard-Klimamodelle durch Daten aus (historischen) Zeitreihen der globalen Temperatur verworfen werden. […] Der Effekt der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen ist offenbar nicht stark genug, um systematische Veränderungen bei den Temperaturschwankungen während der vergangenen 200 Jahre zu erklären.“
Mit anderen Worten: Dagsvik und Moen rütteln nicht nur an den seit Jahrzehnten gepflegten Narrativen, sie könnten sie – sofern sich ihre Thesen bestätigen sollten – vollends zum Einsturz bringen!
Natürliche Ursachen stärker als menschlicher Einfluss
Dass es sich bei dem Artikel um mehr als bloße Schwurbelei handelt, legt nicht zuletzt die Tatsache nahe, dass er von Statistics Norway (SSB) veröffentlicht wurde, dem zentralen Statistikamt des Landes, in etwa vergleichbar mit dem Statistischen Bundesamt.
Im Mittelpunkt der Arbeit stand die Frage, ob überhaupt und – wenn ja – in welchem Ausmaß die CO2-Emissionen, sprich der Mensch, für die Temperaturschwankungen in den vergangenen beiden Jahrhunderten verantwortlich sind bzw. sein können. Dagsvik und Moen stellten dabei insbesondere die gängigen und schon öfter kritisierten Klimamodelle des IPCC der Vereinten Nationen auf den Prüfstand.
Die Forscher sind überzeugt, dass sich die bisweilen starken Veränderungen seit Beginn bis Mitte des 19. Jahrhunderts mit eben diesen Modellen nicht erklären lassen. Schon an der in den Modellen suggerierten Möglichkeit der Unterscheidbarkeit zwischen natürlichen und menschengemachten Ursachen bestehen nach Ansicht der Forscher „ernsthafte Zweifel“:
„Die Analyse zeigt, dass es beim gegenwärtigen Stand der Wissenschaft unmöglich erscheint, herauszufinden, wie hoch der Anteil am Temperaturanstieg ist, der auf CO2-Emissionen zurückgeführt werden kann.“
An anderer Stelle betonen die Autoren, dass es ihnen keineswegs um die Behauptung geht, der Mensch habe überhaupt keinen Einfluss auf das Klima. Ihre Untersuchungen und Annahmen hätten jedoch gezeigt, dass „der Effekt der CO2-Emissionen der vergangenen 200 Jahre nicht stark genug ist, um systematische Änderungen in den Temperaturschwankungen zu verursachen.“
Stattdessen sehen Dagsvik und Moen natürliche Faktoren als deutlich wahrscheinlichere Ursache für den Klimawandel, etwa den Sonnenzyklus, kosmische Strahlung aus dem Weltall, Meeresströmungen oder die Fähigkeit der Ozeane zur Speicherung von CO2. Hierzu nennen die Autoren das folgende Beispiel: „Der Theorie und rekonstruierten Temperaturdaten zufolge wird das Klima durch die zyklischen Schwankungen der Erdumlaufbahn, der Erdachse und der Bahnen von Jupiter, Saturn, Neptun und Uranus beeinflusst.“
Kritiker verfallen in alte Muster
Eine derart ketzerische Forschung, wie sie von den beiden Norwegern betrieben wurde, darf natürlich nicht lange unwidersprochen bleiben. Zu den ersten Kritikern gehörte Edgar Hertwich. Der Ökologe und Klimaforscher zielt in einem Blog-Beitrag für die Norwegian University of Science and Technology auf die vermeintlich fehlende Reputation der beiden Autoren ab, also die persönliche anstatt fachliche Ebene.
So wird Dagsvik unter anderem als „im Ruhestand befindlicher Wissenschaftler“ von Statistics Norway bezeichnet, was offenbar implizit ausdrücken soll, dass dessen Arbeit deshalb per se weniger belastbar sei. Ein Blick in das Impressum des Papiers weist jedoch nicht Dagsvik, den Hauptautor der Arbeit, als im Ruhestand befindlich aus, sondern dessen Partner Sigmund H. Moen. Für Dagsvik wird als Kontakt nach wie vor eine E-Mail-Adresse angegeben, die offenkundig Statistics Norway zuzuordnen ist.
Besonders schwer scheint Hertwich die Tatsache im Magen zu liegen, dass der kritische Artikel von einem so renommierten Haus wie dem offiziellen Statistikamt Norwegens veröffentlicht worden ist, wenn auch „nur“ als Preprint: „Bei dem Manuskript handelt es sich nicht um eine Forschungsarbeit, sondern um ein Stück Propaganda.“ Gleichzeitig fällt allerdings auf, dass Hertwich ausgerechnet das von den beiden Autoren so heftig kritisierte IPCC und dessen Modelle verteidigt, als handele es sich dabei um ein päpstliches Dogma.
Andere Kritiker wollen Dagsvik und Moen am liebsten gleich ganz den Mund verbieten und fragen sich, was denn ein Statistiker und ein pensionierter Ingenieur über den Klimawandel sagen könnten. Es ist dieselbe Engstirnigkeit, mit der sich die Mainstream-Wissenschaft gerne umgibt. Dass gerade der interdisziplinäre Blick bei der Lösung komplexer Fragestellungen hilfreich sein kann, wird in bestimmten Zusammenhängen hartnäckig negiert.
Tatsächlich gilt gerade John K. Dagsvik in seiner Heimat als sehr renommierter Ökonom und Statistiker, dessen Arbeiten seit Jahrzehnten in hoch angesehenen Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Von „Ruhestand“ im wörtlichen Sinne kann keine Rede sein, wie insbesondere der Blick auf mehrere Publikationen in der jüngsten Vergangenheit zeigt.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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