Verblasster Glanz: Fridays for Future stemmt sich gegen schwindenden Zuspruch Verschärfung der Rhetorik soll für neuen Zulauf sorgen

Von Daniel Weinmann

Die fetten Jahre sind vorbei. Die Zeiten, in denen Fridays for Future (FFF) wie im September 2019 allein in Deutschland – eigenen Angaben zufolge – 1,4 Millionen Menschen mobilisierte, sind fern. Immerhin: In Berlin versammelten sich am 23. September laut Polizei rund 30.000 Teilnehmer. In rund 200 weiteren Städten und in einigen Ländern wie Japan, Großbritannien und Italien gab man sich unter dem Motto „#PeopleNotProfit“ ein Stelldichein.

Hinter diesem Slogan verbirgt sich die Idee, dass das Wachstum und die Gewinne großer Konzerne über Menschenleben gestellt werden. „Fridays for Staatszersetzung“ rühmt sich die Fridays-for-Future-Ortsgruppe in Erfurt bereits seit längerem auf ihrem Twitter-Profilbild. Immer mehr Anhänger fordern „System Change Not Climate Change“. Phrasen, die insbesondere die Aktivisten aus dem radikalen Milieu besonders gern hören. Auch „Umverteilen jetzt“ passt zu diesen Leitsätzen.

Was damit konkret gemeint ist, bleibt im Ungefähren. Stattdessen sind es altbekannte Forderungen wie ein Preisdeckel für Strom und Gas oder die „gemeinwohlorientierte Wirtschaft statt Gewinne für Konzerne und Superreiche“. Wie immer drückt man sich um tiefergehende gedankliche Arbeit.

»Brecht die Macht der Banken«

Neben Parolen wie diesen soll auch die Zusammenführung von sozialer Sicherheit und Klimaschutz für neuen Zulauf sorgen. Die Regierung wird den Herausforderungen nicht gerecht, lautet die pauschale Kritik. Es werde der Anschein erweckt, so FFF-Vorzeigefrau Luisa Neubauer gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, „als sei Klimaschutz per se unsozial, günstige Energie fossil und soziale Sicherheit irgendwie etwas, was man sich erst auch einmal leisten können muss.“

Die Politik solle die Konzerninteressen nicht mehr länger über Menschenleben stellen, lautet eine der zentralen Forderungen, der dazu passende Slogan: „People not Profit“. Ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro, wie es die Bundesregierung auch für die Bundeswehr eingerichtet hat, solle die Sache richten. Die Milliarden sollen nach Ansicht der Aktivisten „für wirklich gerechte und tatsächlich wirksame Klimaschutz-Maßnahmen“ bereitstehen. Fließen sollen die Milliarden in eine Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket, den dauerhaften Zugang zu bezahlbarer Energie und die Entschuldung armer Staaten.

Garniert wird der Forderungskatalog mit deftiger Kapitalismuskritik. „Brecht die Macht der Banken!“ skandieren einige Mitstreiter von der Bühne. Dann wird gegen die FDP und deren Chef Christian Lindner als umweltverschmutzender Porschefahrer Stimmung gemacht.

Substanzlose Floskeln und hohle Phrasen bringen keine neuen Mitglieder

Atomkraft gilt – selbstredend – als Tabu, „der Ausstieg ist erneuerbar“ steht auf großen Plakaten. Natürlich geraten Aktivisten ins Stottern oder schweigen schlicht, wenn sie schlüssig aufzeigen sollen, wie der Strombedarf ohne Kernenergie gedeckt werden soll.

Fridays for Future muss nicht nur gegen den Teilnehmerschwund kämpfen. Es gibt ein weiteres, mindestens ebenso großes Problem: die mangelnde Empathie der Menschen. Für Bürger, die nicht wissen, wie sie die horrenden Energiekosten stemmen können, klingen die geforderten 100 Milliarden Euro fürs Klima wie hohle Phrasen. Ebenso naiv mutet die pauschale Kapitalismuskritik an: Wo die dreistelligen Milliardenbeträge herkommen sollen, bleibt offen. Kapitalismus ist grundsätzlich verpönt. Aber das Geld derer, die es verdienen, nimmt man gerne.

Kaum vorstellbar, dass sich die Friday-for-Future-Bewegung allein mit substanzlosen Floskeln und hohlen Phrasen einem weiteren Schwund ihrer Basis entgegenstemmen kann.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Shutterstock

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