Viktor Orbán ist das Gegenmodell für ein anderes Europa Eine andere Politik, die Normalität auf der Agenda hat

Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle

Wenn der „Spiegel“ heute Morgen schreibt, die erneute Wahl von Viktor Orbán zum ungarischen Ministerpräsidenten sei „keine gute Nachricht“, dann wissen wir: Es ist eine extrem gute Nachricht. Und wenn nach dem haushohen Sieg Orbáns bei den Parlamentswahlen gestern ein Artikel darüber beim „Spiegel“ erst ganz unten auf der Startseite zu finden ist, also bewusst gezeigt werden soll, wie bedeutungslos das eigentlich ist, dass dieser Rechtspopulist da in einem kleinen EU-Land Osteuropas eine so gewaltige Unterstützung seiner Bürger genießt, dann verstehen wir, dass genau das die Herrschaften in den warmen Redaktionsstuben in Hamburg geradezu fassungslos macht, was hier gestern passiert ist.

Und stellen Sie sich einen Moment vor, Orbán hätte gestern verloren. Wo stünde das dann beim „Spiegel“ auf der Seite mit zig Jubelartikeln?


Viktor Orbán zeigt, was möglich ist. So wie Trump es 2016 gezeigt hat. Es gibt eine andere Politik, die nicht woke sein muss, die nicht Gleichmacherei und Lastenfahrräder zur Agenda hat, sondern Normalität. Es ist eigentlich doch ganz einfach: Hört den Leuten zu, sprecht mit ihnen, sorgt dafür, dass möglichst alle gut und sicher leben können, dass die Kinder eine gute Zukunft haben! Und hört auf, die Menschen mit Ideologien umformen zu wollen, ihnen in die Köpfe zu hämmern, was angeblich gut sein soll für sie.

Auch gestern Abend gab es wieder die bürgerlichen Bedenkenträger und Freunde, die mir – gutmeinend – schrieben, dass Orbán doch „korrupt“ sei und dass er Putin nicht klar genug zeige, was er von den Tötungsorgien der russischen Uniformierten in der Ukraine hält. Und als Orbán gestern Abend vor seine Anhänger zur Siegesrede trat, vergaß er auch nicht zu erwähnen, dass sein Erfolg gegen viele Widerstände aller Art errungen worden sei – auch gegen George Soros, seinen Erzfeind. Der mit Devisenspekulationen schwerreich gewordene Ami unterstützt mit seiner „Open Society Foundation“ global alles was links und nicht gut ist. Außer vielleicht – das will ich ihm zugestehen – dass er es irgendwie gut meint. Das meinen sie ja alle irgendwie immer. Soros meint es gut und Bill Gates meint es bestimmt gut…obwohl, da muss ich nochmal kurz drüber nachdenken… „Hitler, Pol Pot und Stalin meinten es auch bestimmt gut“, sagte Ken Jebsen mal, als ich ein Interview mit ihm führte. Und er fügte auf seine unnachahmliche Art hinzu: „Aber es war gar nicht gut!“

Die Rolle von Soros

George Soros und Ungarn – das hat eine extra Geschichte, müssen Sie wissen. Denn Soros wurde in Ungarn geboren, in Budapest, da, wo ich gerade in einem Hotelzimmer sitze und schreibe. Irgendwer wird nachher auf Facebook posten: „Das kann doch kein Zufall sein…“ Dass der Kelle ausgerechnet dort gleich frühstücken wird, wo der Soros geboren wurde…

Aber zurück zu Orbán: Er und Ungarn, auch andere Osteuropäer, allen voran die Polen, sind das Alternativmodell, wie man eine Gesellschaft regieren kann – ganz offenbar zur Zufriedenheit einer großen Mehrheit der Bürger. Irgendwann gestern Abend bei der Wahlparty wurde ein Schaubild auf der Videowand gezeigt – eine Karte von Ungarn mit allen Wahlkreisen im ganzen Land. Und alle waren orange eingefärbt – die Farbe der Fidesz, Orbáns Partei. Nur ein einziger grüner Fleck war im orangefarbenen Meer zu sehen: Budapest. Weil auch hier die Großstädter anders ticken als die Menschen auf dem platten Land. Urbanes Lebensgefühl und konservative Überzeugungen – das funktioniert auch in Ungarn offenbar nicht. So wie in Berlin oder Hamburg, London oder New York nicht. Auch mal ein gutes Thema für weitere Betrachtungen.

Ich habe mit konservativen Journalisten aus allen möglichen Ländern gestern Abend auf Orbán angestoßen. Auch mal schön, als Konservativer bei den Siegern sein zu können. Hat man nicht oft. Alle tranken Weißwein, ich als einziger besorgte mir – Selbstzahler wegen Sonderwunsch – ein kaltes, frisch gezapftes Bier. Das kostete 1200 Forint, was enorm klingt, aber gar nicht ist. Aber das musste einfach sein. Denn nach einem großen Erfolg trinkt ein Ostwestfale Pils, egal ob Fußballspiel oder Wahlerfolg.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf „the-germanz.de“ erschienen.

Bild: Frederic Legrand – COMEO/Shutterstock
Text: Gast

Mehr von Klaus Kelle auf reitschuster.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert