Voodoo-Zauber an der Kasse Geschichten zum Schmunzeln – Mein Krisen-Alternativ-Programm

Hand aufs Herz: Haben Sie es nicht auch satt, ständig negative Nachrichten zu lesen? Bei denen man denkt, es seien „Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“? Was sie aber leider nicht sind – denn es sind reale Neuigkeiten aus Deutschland. Ich möchte Ihnen ein Kontrastprogramm bieten – diesmal aus Kuba. Zum Entspannen und Schmunzeln. Voilà:

Selbst ein einfacher Einkauf kann auf Kuba zum Abenteuer werden – und an eine strenge Zollkontrolle erinnern. Von B. Reitschuster, Havanna.

Habe ich etwas falsch gemacht? Sorgfältig und streng studiert die Kassiererin mit der Hakennase und der weißen Jacke, die in jeder südamerikanischen Seifenoper die strenge Oberschwester spielen könnte, das Rum-Fläschlein im Miniatur-Format, das ich auf ihren Tresen gelegt habe. Wird sie mir gleich sagen, dass derart Hochprozentiges nicht gut für mich ist? Schließlich hat sich ein sozialistischer Staat wie Kuba fürsorglich um seine Bürger zu kümmern.

Zauber aus der Flasche

So akkurat, als habe sie es mit einem rohen Ei zu tun, fixiert sie das Fläschlein, das einen halben Dollar kostet, zwischen Daumen und Zeigefinger, und dreht es hin und her. Verwechselt sie es mit einer Zigarre? Oder handelt es sich um eine kubanische Abwandlung des Voodoo-Zaubers? Will sie am Ende gar einen kleinen Flaschengeist zum Leben erwecken? Sie kämpft um Durchblick, indem sie ihre gewaltige schwarze Brille, die so dick ist wie eine Lupe, im Gesicht hin und her schiebt, und greift zum Stift.

Keimfreies Paradies

Es sind Momente wie diese, die für Fremde den Reiz Kubas ausmachen – einem zuweilen aber auch die Nerven gewaltig reizen: Immer wieder fühlt man sich auch in reifen Jahren wie ein kleines Kind – weil man einfach nicht versteht, was da um einen herum vor sich geht. Wie hier beim Bezahlen im Duty-Free-Shop. In Varadero, Kubas bestem Stück: Feinster Strand mit Bettenburgen und Devisen-Läden, für Auslands-Touristen im Stundentakt herausgeputzt und keimfrei.

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Von den Camel-Stangen über die Gummibärchen, die auch deutsche Kinder froh machen bis hin zu Duftwässerchen, die einem aus heimischen Hochglanzjournalen bekannt vorkommen: Man könnte in dem Laden glauben, man sei in Berlin, Paris oder Moskau.

'Pasaporte' für den Einkauf

Fast. Denn die Oberschwester an der Kasse studiert noch immer mein Rum-Fläschchen und macht sich angeregt Notizen. Mein Gott, es sind doch nur 40 Millimeter Rum, will ich mich schon rechtfertigen, wobei ich die Berufung auf den Allmächtigen hier auf Kuba im real existierenden Sozialismus wohl außen vor lassen sollte. Doch die Kassiererin mit der etwas angejahrten Dauerwelle kommt mir zuvor. „Pasaporte“, fährt sie mich so streng an wie ein deutscher Straßenbahn-Kontrolleur, der auf einen Schwarzfahrer gestoßen ist.

Staatseigene Alkoholiker-Liste?

Wieder schreibt sie. Wie habe ich nur ihren Verdacht erweckt? Kommen jetzt gleich Uniformierte mit Handschellen? Werde ich in die staatseigene Alkoholiker-Liste eingetragen? Oder, im Gegenteil, gilt es als Beleidigung der kulturellen Bräuche Kubas, Nationalheiligtümer wie Rum in so winzigen, fast schon homöopathischen Mengen zu erwerben? Stand die Flasche unter Artenschutz? Habe ich mich verirrt und bin ich nicht beim Einkaufen, sondern bei der Zollkontrolle?

Gläserner Kunde auf kubanisch

Ich traue meinen Augen nicht, als sie auch die Gummibärchen, die Zigarren und das Kilo Kuba-Zucker sorgfältig unter die Lupe, will sagen ihre Brille, nimmt und sich fein säuberlich Notizen macht. Gläserner Kunde auf kubanisch? Die dummen Gedanken müssen mich für einen entscheidenden Moment abgelenkt haben. Denn als ich verdutzt meinen Blick wieder Richtung Tresen hebe, hat die arme Frau schon mein neues Hab und Gut in eine weiße Plastiktüte mit der Aufschrift „Exzellenter Service ist unser Ziel“ gepackt, drückt mir die Einkaufs-Beute in die Hand und winkt mich mit einem breiten Lächeln durch.

Lebendige Strichcode-Leserin

In meiner Neugierde bleibe ich noch eine Weile stehen – und muss plötzlich zu meiner Schande erkennen, dass meine Gedanken in eine völlig falsche Richtung gegangen waren, und ich der armen Frau geradezu böswillig Dinge unterstellte, die ihr völlig fern lagen: Ihr besonderer Einsatz, die Qual, die sie für ihre kurzsichtigen Augen auf sich nahm, war kein Spionage-Einsatz – sie arbeitete lediglich als lebendige Strich-Code Leserin – offenbar, weil ein entsprechender Computer fehlte. Ihre Notizen waren nichts anderes als die Zahlenkolonnen unter den schwarzen Balken, die sie fein säuberlich in ein Kassen-Büchlein übertrug.

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