Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
„Es gibt in diesem Land einen Zwangskonformismus mit einer fast unsteuerbaren Eigendynamik, – einem Meinungskonformismus, der, was bestimmte Themen angeht, totalitären Charakter hat und von gnadenloser Intoleranz ist.“
Wer das für eine Zustandsbeschreibung von heute hält, liegt falsch. Es handelt sich um eine Äußerung von Eduard Neumeier zum Rücktritt des Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger. Dessen Rede am 9. November 1988, anlässlich des 50. Jahrestages der Reichspogromnacht, wurde von einem linken, heute würden wir sagen: Shitstorm, skandalisiert.
Die Absurdität der Anwürfe wurde deutlich, als Ignatz Bubis am 9. November 1989 eine Rede hielt, in welcher der spätere Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland absichtlich die problematischen Passagen aus der umstrittenen Rede Jenningers im Wortlaut übernahm, und mit nichts als Beifall bedacht wurde. Der Vorfall zeigt, dass, was wir heute an Attacken auf die Meinungsfreiheit erleben, lange Tradition in der Bundesrepublik hat.
Ebenso lang ist die Tradition der Propaganda für linke Projekte.
Nachdem die Kommunisten das Problem hatten, dass ihr Scheitern in den sozialistischen Ländern, prominent in der Sowjetunion, zu besichtigen war, schienen die Klimaretter die ideale Ideologie gefunden zu haben. Das Klima kann nicht widersprechen. Inzwischen ist die Erzählung von der Erderwärmung und deren Gefährlichkeit allgemeiner Konsens geworden. Aber kaum ist das erreicht, stößt die Erzählung auf die Realität. Europa sieht sich konfrontiert mit einer beispiellosen Energiekrise, die hausgemacht, d. h. von politischen Entscheidungen verursacht ist.
Natürlich scheut sich die Politik, ihr Versagen einzugestehen, im Gegenteil, es wird noch versucht, der Öffentlichkeit einzureden, mehr „Erneuerbare“, deren rasanter Ausbau die Energiekrise verursacht hat, weil wetterabhängige Energielieferanten unfähig sind, das nötige Gleichgewicht im Netz aufrecht zu erhalten, seien die Lösung.
Zu dieser Behauptung hat Hans Heckel in der „Preußischen Allgemeinen“ Nr. 37 eine interessante Rechnung aufgemacht:
Sein Ausgangspunkt ist, dass die „Erneuerbaren“ 2021 16 % des Primärenergiebedarfs gedeckt haben. Die Zahl ist wichtig, weil der Öffentlichkeit hauptsächlich deren Anteil an der Stromerzeugung mitgeteilt wird. Aber wenn die Energien, aus denen ausgestiegen werden soll, wegfallen, muss der Primärenergieverbrauch vollkommen aus Strom gedeckt werden. Das ist aber unmöglich.
Von den 16 % stammen 11 % aus Biomasse. Selbst wenn es gelingen sollte, diesen Anteil auf 20 % zu steigern, müssten 80 % des Primärenergieverbrauchs aus Wind und Sonne bereitgestellt werden. Deren derzeitiger Anteil von 5 % am Primärenergieverbrauch müsste um das 16-fache gesteigert werden. Ende 2021 standen rund 32.000 Windräder in Deutschland, zu Land und in deutschen Hoheitsgewässern.
Daraus müsste eine halbe Million werden.
Die Landfläche der Bundesrepublik beträgt 357-tausend Quadratkilometer. Es stünden dann etwa alle 800 m ein Windrad – und zwar überall, auf dem Land und in den Städten, in Wohn- und Naturschutzgebieten, im Wattenmeer und am Alpenrand. Um Flauten auszugleichen, die auch bei dieser Menge an Windrädern auftreten, müsste jede Menge grüner Wasserstoff bereitgestellt werden, der nur sehr energieaufwändig produziert und vor allem importiert werden muss.
Bei dieser Berechnung ist der Windschatteneffekt noch nicht berücksichtigt. Bei großen Anlagen bekommen nur die Windräder der ersten Reihe die volle Windkraft, die hinten stehenden erreicht der Wind nur noch abgeschwächt.
Ist unsere Regierung, besonders das federführende Wirtschaftsministerium nicht in der Lage, solche Berechnungen auszuführen? Ich denke schon, aber die sind politisch nicht gewollt. Denn der Windkraftausbau ist vor allem ein hoch profitables Geschäft. Nicht nur wegen der staatlichen Subventionen, inklusive garantierter Stromabnahme, sondern auch wegen der Preisbildung an der Strombörse, die Windmüllern zusätzlich leistungslose Profite beschert, indem das Preisniveau nach dem teuersten Anbieter festgelegt wird.
Indirekt erfährt auch die Öffentlichkeit davon, wenn Überlegungen publiziert werden, den Energielieferanten, als erste werden da die „Erneuerbaren“ genannt, ihre Übergewinne abzuschöpfen und an die Verbraucher zu verteilen.
Keine Umverteilung, wenn sie stattfinden sollte, kann die Schäden beseitigen, die durch die „Energiewende“ angerichtet werden.
Es hilft nur der Ausstieg aus diesem illusionären System, das dabei ist, unsere materielle Grundlage zu vernichten.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle. Der Beitrag erschien zuerst auf Vera Lengsfelds Blog.
Bild: Shutterstock/Ekaterina QuehlText: Gast