Von Kai Rebmann
Für die Bundesregierung scheint es schon jetzt beschlossene Sache: Der nächste Präsident der USA wird ein Demokrat sein – ganz gleich, wie er oder sie auch heißen mag. Fast hat man den Eindruck, die Demokraten könnten nach dem Biden-Aus auch den Gottseibeiuns höchstpersönlich aufstellen, er könnte sich der Unterstützung aus Berlin wohl dennoch sicher sein. Mit einem alles andere als unrealistischen Wiedereinzug von Donald Trump wollen sich in Deutschland offenbar nur die wenigsten befassen – und schicken sich damit an, den gleichen Fehler ein zweites Mal zu machen.
Dabei sind es nicht nur die Stimmen aus der Ampel, die sich mantraartig auf einen US-Präsidenten aus dem Lager der Demokraten festlegen und aufhorchen lassen müssen. Viel tiefer lassen die diesbezüglichen Aussagen aus den Reihen der CDU blicken. Schließlich überschnitt sich die erste Amtszeit von Donald Trump mit der Regentschaft der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Schlaflose Nächte scheint den Christdemokraten dabei vor allem die Ankündigung des Republikaners zu bereiten, den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden zu beenden. Und selbst, wenn es etwas länger dauern sollte, würden der Westen und seine polit-mediale Elite in diesem Fall ziemlich nackt dastehen.
‚Stellen Sie sich mal vor, Trump beendet diesen Krieg‘
Das scheinen auch Michael Kretschmer und Jens Spahn (beide CDU) zu ahnen. Der amtierende Ministerpräsident von Sachsen stellte bei „Maischberger“ vor wenigen Tagen die bange Frage: „Stellen Sie sich mal vor, dieser Trump wird gewählt – man will es sich gar nicht vorstellen – und der sorgt dann dafür, dass dieser Krieg beendet wird. Wie stehen wir da?“ Schließlich finde der Krieg in Europa statt und deshalb könne man „das doch nicht anderen überlassen.“
Am Donnerstag legte der ehemalige Gesundheitsminister und heutige Vize der Unionsfraktion im Bundestag bei „Maybrit Illner“ nach: „Was passiert, wenn Donald Trump Präsident Selenskyj und Präsident Putin anruft und sagt: Wir setzen uns jetzt – wo auch immer – an einen Tisch und reden. Schafft er es tatsächlich, auf beide so einen Einfluss zu haben, dass da tatsächlich was Sinnvolles rauskommt?“
Nun kann man Jens Spahn sicherlich für vieles kritisieren, was wir auf dieser Seite insbesondere in Bezug auf dessen Corona-Management auch häufig tun mussten. Andererseits gehört er zu den ganz wenigen Politikern, die sich auch auf eine mögliche Präsidentschaft von Donald Trump vorbereiten und betonen, Deutschland müsse sich auch mit einem solchen Szenario kompatibel zeigen und in beide Richtungen gesprächsbereit sein und bleiben.
Fast schon tragikomisch wirkt es, dass sich Spahn für diese offene Haltung vor der ZDF-Talkerin als vermeintlicher „Trump-Versteher“ rechtfertigen musste. Dabei betonte der CDU-Politiker lediglich, dass es in der Vergangenheit auch schon Gelegenheiten gab, bei denen sich Trumps Haltung als richtig und die Deutschlands (und Europas) als falsch herausgestellt habe, etwa in Sachen Iran.
Deutschlands Versagen auf der weltpolitischen Bühne
Und diese Liste lässt sich fortsetzen: Es war Trump, der die EU und insbesondere Deutschland im Jahr 2018 davor warnte, dass sie die selbstgewählte Abhängigkeit von Russland eines Tages noch bitterlich bereuen würden. Der damalige Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) quittierte diese Mahnung mit arrogant-höhnischem Gelächter.
Es war Trump, der die Ostsee-Pipeline sanktioniert hat – und Biden, der eben diese Sanktionen aufgehoben hat. Es war Trump, der als erster Waffen an die Ukraine geliefert hat, während die Bundesregierung eben solche Lieferungen stets zunächst kategorisch ablehnte, nur um am Ende und mit monatelanger Verspätung dann doch noch zu liefern. Es war Trump, der in Syrien auch eine russische Stellung beschießen ließ. Es war Trump, der im Nahen Osten stramm an der Seite Israels stand und damit gegen die von Putin unterstützten Syrer und Palästinenser.
Alle diese Fakten sind insbesondere vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass Politiker und Medien hierzulande nichts unversucht lassen, Donald Trump als „Putins Mann“ in Washington darzustellen. Demnach muss es wohl ein purer Zufall der Geschichte sein, dass Putin just während Trumps Präsidentschaft die Füße und Finger stillgehalten hat.
Biden als Wegbereiter für Putins Einmarsch?
Die bittere Wahrheit hingegen ist eine andere: Der Einmarsch in die Ukraine wurde erst durch den Wechsel im Weißen Haus ermöglicht oder zumindest sehr stark begünstigt. Joe Bidens vermeintliche Drohung, Russland werde in einem solchen Fall mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Sanktionen zu rechnen haben, dürfte für Putin in Wirklichkeit wie eine Einladung gewirkt haben. Denn eine wie auch immer geartete militärische Reaktion – und damit das einzige, womit man den Kreml-Chef wirklich hätte beeindrucken können – hatte der neue US-Präsident im selben Atemzug kategorisch ausgeschlossen.
Und so scheinen sowohl die USA als auch Europa – und nicht zuletzt auch Deutschland – mit dem Status quo in der Ukraine zumindest nicht unzufrieden zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass Kiew immer nur genau so viele Waffen und sonstige Unterstützung geliefert bekommt, dass die Ukraine den Krieg zwar nicht verlieren, aber auch nicht gewinnen kann.
Wenn Donald Trump also sagt, dass er diesen Konflikt umgehend lösen könne, dann muss das nicht zwangsläufig und wie in den hiesigen Medien gerne dargestellt bedeuten, dass dies nur über Gebietsabtretungen seitens der Ukraine an Russland erfolgen soll oder muss. Ganz im Gegenteil spricht vieles dafür, dass Putin eine erneute Präsidentschaft von Donald Trump fürchtet wie der Teufel das Weihwasser – weil er weiß, dass der Republikaner aus eben jenem harten Holz geschnitzt ist wie er selbst und damit auf allen Ebenen ein denkbar unbequemer Verhandlungspartner.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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