Von Daniel Weinmann
Paul Cullen polarisiert – und steht auch dann zu seiner Meinung, wenn es eng wird. Der Allgemeine Studentenausschuss der Uni Münster warf ihm vor gut einem Jahr unwissenschaftliche Corona-Verharmlosungen vor und forderte den Entzug seiner Professur. Dem Molekularbiologen, der an der medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität klinische Chemie lehrt, solle wegen seiner Corona verharmlosenden Äußerungen die Professur entzogen werden.
Das Video, in dem sich Cullen damit beschäftigte, ob PCR-Tests überhaupt als Beweis für eine Infektion genutzt werden können und Genesene besser gegen Corona gewappnet sind als Geimpfte, wurde von Youtube gelöscht. Die „Welt“ ließ sich davon nicht beirren und gab dem Leiter des MVZ (Medizinisches Labor Münster) kürzlich via Interview eine prominente Plattform.
Eines seiner wichtigsten Anliegen ist die genaue Aufarbeitung der Risikofaktoren und Nebenwirkungen der mRNA-Vakzine. „Es gibt laut Paul-Ehrlich-Institut 2.255 Verdachtsfall-Meldungen zu einem tödlichen Ausgang. In 85 dieser Fälle bewertet das PEI den Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich. Das ist ein erheblicher Anstieg.“
»Es ist einfach so: Es ist viel Arbeit für den Arzt«
Dazu müsse man wissen, dass das Paul-Ehrlich-Institut nur in den wenigsten Fällen tatsächlich überprüft habe, woran ein Patient gestorben sei. Ärzte seien zwar verpflichtet, Verdachtsfälle zu melden. Doch werde überhaupt nicht überprüft, ob die Meldungen vollständig seien oder nicht: „Der Arzt muss selbst den Verdacht schöpfen, dass die Komplikation, die er sieht, mit der Impfung zusammenhängen kann.“
Die Crux: Impft der Mediziner selbst, hat er womöglich unbewusste Vorbehalte – während der Patient nicht ohne Weiteres Nebenwirkungen zugeben will. Zudem ist die Meldung nach Ansicht von Cullen aufwendig. „Das dauert mindestens eine halbe Stunde und wird nicht extra vergütet. Ich will nicht sagen, dass die Ärzte das dann nicht machen, wenn es nicht bezahlt wird. Aber es ist einfach so: Es ist viel Arbeit für den Arzt. Er kriegt es nicht bezahlt und er muss erst mal den Verdacht haben, dass es tatsächlich mit der Impfung zusammenhängen könnte.“
Mit Blick auf die Dunkelziffer der Nebenwirkungen sieht er zwei Sichtweisen: „Das Paul-Ehrlich-Institut sagt, weil die Impfstoffe neu sind und im Fokus stehen, ist es wahrscheinlich, dass Nebenwirkungen häufiger gemeldet werden als sonst.“
»Das ist etwas, was ich dem Bundesgesundheitsministerium vorwerfe«
Die konträre Lesart geht so: „Weil man keine Erfahrung hat mit den Nebenwirkungen und weil die Impfung so positiv gesehen wird und als ‘Weg aus der Pandemie‘, ist die Neigung, Verdachtsfälle zu melden, geringer als sonst.“ Cullen glaubt, „dass die Dunkelziffer mindestens fünfmal so hoch“ sei, eventuell noch höher. „Das ist das, was die Literatur sagt, wissen tut es keiner.“
„Woher wollen wir also bei diesem neuartigen Impfstoff wissen, wie er langfristig im Körper wirkt?“, fragt Cullen. In einzelnen Fällen seien Entzündungsreaktionen nach mehreren Wochen aufgetreten. Doch „die langfristigen Auswirkungen kennen wir nicht, weil wir keine Erfahrung haben mit diesem Impfstoff. Das ist etwas, was ich dem Bundesgesundheitsministerium vorwerfe, weil dieser Aufklärungswillen nicht vorhanden ist. Deswegen überlege ich, eine Struktur aufzubauen, die das ermöglicht.“
Zusammen mit anderen Wissenschaftlern, Epidemiologen, Statistikern und Mathematikern will er einen Forschungsansatz ins Leben rufen, der das Profil der Impf-Nebenwirkungen so lückenlos wie möglich erfasst. „Wir brauchen eine systematische Erfassung von Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe“, fordert der Hochschullehrer.
Booster-Effekt verfliegt nach ein paar Wochen
Gerade bei Mehrfachimpfungen sind die Nebenwirkungen für ihn „nicht überschaubar“. Einen Anhaltspunkt sieht er in Daten aus England. Diese zeigen nach seiner Auffassung „ziemlich klar, dass doppelt Geimpfte sich häufiger mit Omikron anstecken als Menschen, die überhaupt nicht geimpft sind.“
Für Geboosterte bewertet er das Risiko noch höher: „Nach dem Boostern ist das Risiko für einen tödlichen Verlauf ein wenig geringer als bei den anderen beiden Gruppen: doppelt geimpft und nicht geimpft. Aber dieser Effekt verfliegt nach ein paar Wochen.“
Vom Nach-Impfen hält er nichts. „Verschiedene Arzneimittelbehörden haben gesagt, wenn man den Menschen immer wieder impft, kann es zu einer Störung des Immunsystems kommen. Es besteht also die Gefahr, dass wenn man drei, vier, fünf Mal impft, dass das Immunsystem geschädigt wird.“ Dann sei das Risiko für bestimmte Infektionen, möglicherweise auch für Krebserkrankungen erhöht.
„Wir Mediziner beobachten, dass einige Patienten nach der Impfung Herpes zoster bekommen, also Gürtelrose.“ Dies sei ein Zeichen, dass das Immunsystem durch die Impfung unterdrückt werde. Sein Fazit: „Impft man häufiger, ist dieses Risiko einfach höher.“
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: ShutterstockText: dw