„Wenn man mit 10 Prozent zufrieden ist, kann man das so machen“ Kretschmann-Abrechnung mit den Grünen

Von Kai Rebmann

Eines muss man Winfried Kretschmann lassen: er hat es geschafft, erster und bis dato einziger grüner Ministerpräsident Deutschlands zu werden – und das im ansonsten eigentlich tiefschwarzen Baden-Württemberg. Das ist freilich kein Widerspruch, sondern entbehrt nicht einer gewissen Logik. Hat der ehemalige Lehrer es doch verstanden, einerseits in der Gunst der Stunde den grünen Zeitgeist zu nutzen, andererseits aber eine Politik anzubieten, die nah an der Lebenswirklichkeit der Wähler war und ist. Das unterscheidet den dienstältesten Landesvater in der Geschichte Baden-Württembergs ganz fundamental von einem Robert Habeck oder einer Annalena Baerbock, die sich als ideologisches Strohfeuer entpuppt haben und krachend gescheitert sind.

Auf den letzten Metern seiner politischen Karriere teilt der scheidende Ministerpräsident deshalb auch nochmal kräftig aus – und zwar gegen die eigene Partei. In einem Interview mit dem SWR äußerte sich Kretschmann in aller Deutlichkeit zu den Ursachen für den Absturz der Grünen, die bundesweit nur noch mit Mühe auf etwas mehr als 10 Prozent kommen. Auf Parteitagen sehe er seit Jahren immer dasselbe Spiel, das sich vor allem um die Frage drehe: „Wer formuliert noch radikalere Ziele?“ Mit Radikalität habe er es früher durchaus auch versucht, allerdings sei er damals noch Student gewesen und habe diesen „Irrtum“ zu Beginn seiner politischen Laufbahn korrigiert.

Eine alte Binsenweisheit der Politik bleibe bei den Grünen inzwischen vollends auf der Strecke: „Das Wichtigste ist, dass man Mehrheiten bekommt, hinter das, was man macht, sonst kann man in einer Demokratie nicht erfolgreich sein.“

Und genau das scheint bei den Grünen in den letzten Jahren arg in Vergessenheit zu geraten sein – oder es war und ist ihnen schlicht egal. Was kann ein Robert Habeck denn dafür, wenn sich die Realität standhaft weigert, sich an dessen Utopien auszurichten? Oder eine Annalena Baerbock, wenn andere Länder andere Prioritäten haben als eine feministische Außenpolitik? Schon verrückt, wenn man als Grüner in seinem Auto sitzt und vor lauter Geisterfahrern die Autobahn nicht mehr sieht…

Winfried Kretschmann war und ist da ein Politiker alter Schule – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Als ehemaliger Lehrer wurde er, auch das gehört zur Wahrheit dazu, im Jahr 2011 wohl nur dank der Tsunami-Katastrophe in Japan an die Macht gespült – und gab sie dann nicht mehr ab. Der „schwarze Grüne“ wendete sich immer wieder gegen Gender-Sprech, hatte ein Ohr für die Belange der Auto-Industrie im Autoland Baden-Württemberg und legte einen für Grüne ansonsten eher unüblichen Pragmatismus an den Tag, so zum Beispiel im Umgang mit illegaler Migration oder dem Verbrenner-Aus. Das machte ihn auch für eigentlich Konservative wählbar, die zwar enttäuscht von der CDU sind, der AfD aber nicht so recht über den Weg trauen.

Grüne lassen auch im Südwesten kräftig Federn

Zu ihren besten Zeiten holten die Grünen in Baden-Württemberg mit Kretschmann an der Spitze aus heutiger Sicht völlig utopische 32,6 Prozent. Das war im Frühjahr 2021 bei der letzten Landtagswahl und damit vor nicht einmal ganz fünf Jahren. Inzwischen hat sich die Öko-Partei aber auch im Südwesten nahezu halbiert und liegt bei aktuellen Umfragen nur noch knapp über 18 Prozent und damit hinter CDU und AfD nur noch auf Platz 3. Verantwortlich macht Kretschmann dafür vor allem „bundespolitische Gründe“ und zeigt mit dem Finger auf die Grünen in Berlin – und eher ungewollt mit mindestens drei Fingern derselben Hand auf sich selbst.

Aber Selbstkritik zu üben, war Kretschmanns Sache ohnehin noch nie, obwohl auch in dessen Amtszeit längst nicht alles Gold war, was glänzte. Da bleibt der Schwabe sich auch jetzt treu und geht lieber sofort wieder zum Angriff über. Den dramatischen Absturz seiner Partei in praktisch allen relevanten Umfragen begründet der Grüne mit einem „Tunnelblick“, der nur und ausschließlich die eigenen Ziele in den Fokus nehme – einen Blick nach rechts oder links, oder gar auf die Realität gibt es bei den Grünen nicht.

Dabei gibt Kretschmann zu bedenken: „Wenn man in die Breite will, dann muss man sein Programm auch breiter machen. Wenn man mit 10 Prozent zufrieden ist, dann kann man das so machen wie es die Bundespartei wieder macht. Das hat sie schon oft gemacht. Dann landet man halt dabei, und dann kann man entsprechend weniger bewegen, als wenn man 30 Prozent bekommt und in einer Koalition die Mehrheit hat.“ Als Volkspartei sieht Kretschmann die Grünen nicht (mehr), der Weg führe aktuell eher in Richtung einer Milieu-Partei.

Wie sehr das Tischtuch zwischen den Grünen und ihrem Ministerpräsidenten inzwischen zerschnitten ist, zeigt auch diese Randnotiz: Am vergangenen Wochenende fand in Hannover der Bundesparteitag statt. Wo man angesichts des politischen Gewichts und der nicht von der Hand zu weisenden Erfolge, die Kretschmann für „seine“ Partei eingefahren hat, vielleicht mit einer offiziellen Verabschiedung hätte rechnen können, gab es nicht einmal einen Blumenstrauß. Der Polit-Veteran aus dem Ländle wiederum trug es mit Fassung und bezeichnete diese vornehme Zurückhaltung „vielleicht auch ehrlich“.

Winfried Kretschmann im eher beschaulichen Sigmaringen und die Grünen in Berlin – gegenseitig vermissen werden sie sich spätestens ab März 2026 wohl nicht wirklich!

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: TobiasTropper/Shutterstock.com

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