Im vergangenen Jahr hat Gesundheitsminister Spahn noch gewarnt: „Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht nachher durch zu umfangreiches Testen […] zu viele falsch Positive haben.“ Am Freitag haben Spahn und der Leiter seiner obersten Bundesbehörde, RKI-Chef Wieler, auf die Frage, ob durch die größeren Testumfänge jetzt nicht die gleiche Gefahr bestehe, geantwortet, sie bestehe nicht. „Warum hat sich die Ansicht geändert? Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es für die Änderung dieser Ansicht?“ Das fragte ich heute Spahns Sprecher Oliver Ewald auf der Bundespressekonferenz. Seine Antwort: „Ich bitte um Verständnis, dass ich an dieser Stelle nicht die Worte des Ministers interpretieren kann. Sie wissen, wir haben ein sehr dynamisches Geschehen. Die Bewertung ist immer lageabhängig. Das ist der Hinweis, den ich Ihnen dazu geben kann.“
Ich hakte nach: „Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, auf denen diese Änderung basiert?“
Ewalds Antwort: „Ich habe jetzt das gesagt, was ich Ihnen dazu sagen kann.“
Interessant war auch, dass man bei den Journalisten-Kollegen den Eindruck bekommt, dass einer Mehrzahl in der aktuellen Situation die Einschränkungen nicht weit genug gehen, und nicht umgekehrt. Bzw. dass sie sich Sorgen machen, dass die Vorschriften nicht streng genug umgesetzt werden. Gleich dreimal wurde etwa wegen der Nicht-Einhaltung von Inzidenz-Regeln in einzelnen Regionen bzw. Städten nachgefragt – mit dem Tenor, ob die Regierung da einfach nur zusehen wolle (anzusehen im Video). Als jemand, der umgekehrt die Einschnitte in die Grundrechte für zu weitreichend bzw. zu schlecht begründet hält, fühlt man sich – diplomatisch ausgedrückt – in der Minderheit.
Meine zweite Frage ging auch an das Gesundheitsministerium: „Herr Ewald, die „Tagesschau“ schreibt, die Weltgesundheitsorganisation lehne den geplanten Impfpass ab. Wie stehen Sie zu dieser Kritik, wie gehen Sie damit um?“
Die Antwort: „Dazu haben wir schon mehrfach ausgeführt. Es gibt ja eine Entscheidung auf europäischer Ebene, einen digitalen Impfpass einzuführen. Das Coronakabinett hat auch einen entsprechenden Beschluss dazu gefasst. Wir haben hier in der letzten Woche dazu ausgeführt, dass jetzt im Rahmen einer Ausschreibung der digitale Impfpass entwickelt wird, sozusagen als Alternative zur analogen Form, zum gelben Heft.
Der zweite Aspekt, der in diesem Zusammenhang diskutiert wird, nämlich die Frage, ob der digitale Impfpass möglicherweise einen Zugang zu gesellschaftlichen Ereignissen, zu Restaurantbesuchen, zu Kulturveranstaltungen ermöglicht, ist ein anderes Element der Diskussion, aber dazu kann ich Ihnen noch nichts Verbindliches sagen. Der Minister hat das zuletzt ja auch an dieser Stelle deutlich gemacht.“
Ich fragte nach: „Danke, das ist interessant, aber Sie haben die eigentliche Frage nicht beantwortet, nämlich wie Sie mit der Kritik der WHO umgehen.“
Ewalds Antwort: „Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist ein europäisches Projekt, das die EU-Staaten jetzt ausführen. Es ist ja auch begründet, warum wir das machen. Ich glaube, die WHO-Kritik bezog sich auf die Frage, inwieweit das einen privilegierten Zugang ermöglicht. Über diese Frage ist noch gar nicht gesprochen worden.“
Meine dritte Frage drehte sich um die Gelder aus Berliner Corona-Hilfen, die offenbar bei Terroristen im Nahen Osten landeten. Sehen Sie diese Frage und noch viele weitere Momente von insgesamt drei Bundespressekonferenzen – ich war noch auf einer mit der AfD und mit DIE LINKE – hier in meinem aktuellen Video.
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Bild: Boris Reitschuster
Text: br