Winter-Depression mit „tragischen Umständen“? Seltsame Fensterstürze in der russischen Elite

Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle

Pavel Antow, ein reicher russischer Politiker, ist auf einer Urlaubsreise in Indien unter mysteriösen Umständen verstorben. Der indische Fernsehsender NDTV berichtete, dass der 65-Jährige am Samstag in einer Blutlache vor seinem Hotel in der ostindischen Stadt Rayagada gefunden wurde. Er sei aus dem dritten Stock eines Hotelfensters gestürzt, teilte das russische Generalkonsulat in Kalkutta später mit.

Antow war mit einer vierköpfigen Reisegruppe unterwegs und hatte am vergangenen Mittwoch in dem Hotel eingecheckt. Erst wenige Tage vor seinem Tod, am 22. Dezember war die Leiche eines anderen Russen in einem Zimmer des gleichen Hotels entdeckt worden: Wladimir Budanow sei gemeinsam mit Antow gereist. Nach Informationen der Polizei soll der 61-Jährige an einem Herzinfarkt gestorben sein.

Russische Behörden bestätigten den Tod von Antow. Er sei unter «tragischen Umständen» gestorben.

Antov war Gründer des Fleischunternehmens «Vladimir Standard» und Abgeordneter von Wladimir Putins Regierungspartei «Geeintes Russland». 2019 belegte er laut «Forbes»-Magazin mit einem Einkommen von 9,97 Milliarden Rubel (rund 135 Millionen Schweizer Franken) den ersten Platz in der Rangliste der reichsten Beamten und Abgeordneten Russlands. Antow hinterlässt seine Ehefrau und eine Tochter.

Im Juni dieses Jahres hatte Antow sich im Internet kritisch über Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine geäußert und diesen als «Terror» bezeichnet. Sein Eintrag wurde später wieder aus dem Netz gelöscht. Antow bat öffentlich um Entschuldigung und sprach von einem „technischen Fehler“.

Vor wenigen Tagen verstarb der ehemalige Befehlshaber der russischen Landstreitkräfte, General Alexei Maslow, der einige Jahre – von 2008 bis 2011 – auch Verbindungsoffizier Russlands bei der NATO war. Offiziell hieß es, er sei einen «plötzlichen» Tod im Militärkrankenhaus Burdenko gestorben, was wenig konkret erscheint.

Auch Rawil Maganow, Vorstandschef des zweitgrößten russischen Ölkonzerns Lukoil, fiel in diesem Jahr versehentlich aus einem Fenster im sechsten Stockwerk des Moskauer Zentralkrankenhauses, in dem normalerweise die Elite aus Politik und Wirtschaft behandelt wird. Er soll Selbstmord begangen haben, so die offiziele Erklärung.

Insgesamt starben seit Ende Januar mindestens acht prominente russische Geschäftsleute durch „Selbstmord“ oder bei noch ungeklärten „Unfällen“, allein sechs von ihnen aus dem Umfeld der beiden größten Energieunternehmen Russlands. Vier dieser sechs standen mit dem staatlichen Energieriesen Gazprom oder einer seiner Tochtergesellschaften in Verbindung, die anderen zwei mit Lukoil. Vor allem in der Konzernspitze von Lukoil gab es zu Beginn des Krieges deutlichen Unmut über Putins Kurs.

Igor Wolobujew, langjähriger Vizechef der Gazprombank, bezweifelte in einem Interview Ende April, dass es sich bei diesen dubiosen Todesfällen um Selbstmorde gehandelt habe. Bevor er das Interview gab, hatte er sich in die Ukraine abgesetzt …

Am 19. Oktober gegen 7.20 Uhr wurde auf einem Gehweg vor einem russischen Botschaftsgebäude an der Behrenstraße in Berlin die Leiche eines „zweiten Botschaftssekretärs“ gefunden. Der 35-Jährige war nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB. Er fiel – so die offizielle Begründung – aus dem Fenster …

Mein Video-Tipp:

„Wir sterben wie die Fliegen“: Der Krieg der Grünen gegen die Bauern – und seine dramatischen Folgen. https://youtu.be/6sbCWsn2BJ4
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seinem Blog „Denken erwünscht“ erschienen.

Bild: yandex ifaces.ru

Mehr von Klaus Kelle auf reitschuster.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert