Von Kai Rebmann
Die Ankündigung des „Release 3.0“ der umstrittenen Corona-Warn-App durch das Bundesgesundheitsministerium sorgte vor wenigen Tagen für Stirnrunzeln. Einerseits weil die Verträge mit den Betreibern des Programms zum 31. Mai 2023 ohnehin auslaufen und eine nochmalige Verlängerung eigentlich nicht geplant war, andererseits aufgrund des neuesten Gimmicks der App. Demnach können Nutzer Warnungen ab sofort auch schon mit einem positiven Selbsttest auslösen – dem Missbrauch in Form von absichtlichen Fehlalarmen wird also Tür und Tor geöffnet. Nicht minder fragwürdig erscheint die Tatsache, weshalb eine App, die in wenigen Monaten ohnehin eingemottet werden sollte, noch ein weiteres kostspieliges Update benötigt. Auch ohne diese Neuerung, deren Sinnhaftigkeit sich auch bei längerem Nachdenken nicht erschließen will, hat die Corona-Warn-App bisher 220 Millionen Euro verschlungen und damit ein Vielfaches wie ähnliche Programme in anderen Ländern und viermal mehr als die ursprünglich kalkulierten 50 Millionen Euro.
Aber zumindest zu der Frage, weshalb für die App überhaupt noch einmal zusätzliches Steuergeld in die Hand genommen wurde, kommt jetzt etwas Licht ins Dunkel. Das Ende des Millionen-Flops scheint alles andere als besiegelt zu sein. Es sei zwar richtig, dass die Menschen die App „in ihrer ursprünglichen Form“ nicht mehr benötigen, „aber der Bund sollte sie nicht einfach auslaufen lassen“, sagte Klaus Holetschek (CSU) dem Bayerischen Rundfunk. Der Gesundheitsminister des Freistaats forderte stattdessen eine Weiterentwicklung „im Sinne der Nachhaltigkeit“, ohne seine Pläne dabei zu konkretisieren. Die gesammelten Erfahrungen und der dadurch erreichte Digitalisierungsstand seien jedoch eine gute Ausgangsbasis „auch für EU-weite Projekte“, wie Holetschek ergänzte.
Arztbesuch künftig nur noch mit der Corona-Warn-App?
Zustimmung kommt aus dem Lager der Grünen. Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Bundestag, sprach sich ebenfalls für „neue Funktionen“ für die Corona-Warn-App aus und würde es begrüßen, wenn diese „auf möglichst vielen Smartphone“ bliebe. Das Programm könne als „Schnittstelle zwischen Bürgern und Gesundheitswesen“ dienen und den Zugang zu „Gesundheitsinformationen, Gesunderhaltungsangeboten oder Terminen und Daten“ ermöglichen.
Man soll ja nicht unken, aber es braucht nicht allzu viel Fantasie, um zu verstehen, wohin diese Pläne zwar nicht zwangsläufig führen müssen, aber durchaus können. Arztbesuche, Medikamente aus der Apotheke – sofern sie gerade vorhanden sind – oder Zusatzangebote der Krankenkasse – all das könnte es bei entsprechender Interpretation der Pläne künftig nur noch mit und über eine wie auch immer geartete Weiterentwicklung der bisher als „Corona-Warn-App“ bekannten Datenkrake geben.
Widerstand zeichnet sich jedoch in den Reihen der FDP ab. Andrew Ullmann sprach sich deutlich gegen weitere Investitionen in das Programm aus. „Die pandemische Situation in Deutschland ist vorbei, die App hat ihre Schuldigkeit getan“, und jede weitere denkbare Weiterentwicklung sei „Verschwendung von Zeit und Steuergeldern“, stellte der Gesundheitsexperte der Liberalen klar.
Und auch im Bundesgesundheitsministerium selbst, bei dem letztlich die Entscheidungskompetenz über die Zukunft der Corona-Warn-App liegt, scheint inzwischen doch wieder ein Umdenken einzusetzen. Dem Bericht zufolge diskutiert die Bundesregierung derzeit „die Frage der weiteren Nutzung.“ Dabei kommen derartige Debatten nicht nur vor dem Hintergrund einer inzwischen auch offiziell für beendet erklärten „Pandemie“ zur Unzeit – oder sind Karl Lauterbach und Co die Zustände im Gesundheitswesen im Allgemeinen und den Krankenhäusern im Speziellen entgangen? Einmal mehr drängt sich der Verdacht auf, dass hier die falschen Prioritäten zur falschen Zeit und vor allem an der falschen Stelle gesetzt werden.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog. Bild: Frederic Legrand – COMEO/ShutterstockMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de