Pillen-Notstand: Fiebersaft und wichtige Medikamente fehlen Zustände wie in einem Entwicklungsland

„In den Apotheken ist derzeit manches Medikament kaum lieferbar – auch Fiebersaft für Kinder. So will Gesundheitsminister Karl Lauterbach jetzt gegensteuern.“ Diese Schlagzeile findet sich gerade in der „Frankfurter Allgemeinen“. Und sie steht symbolisch für das, woran wir in Deutschland leiden. Auf der einen Seite spricht es für sich, dass es in einem der reichsten Industrieländer an elementarsten Arzneimitteln fehlt. In einem Land, dessen sogenannte „Elite“ für sich in Anspruch nimmt, das Weltklima entscheidend beeinflussen zu können – aber nicht einmal elementarste medizinische Bedürfnisse sicherstellen kann.

Ich dachte bei der Schlagzeile unvermittelt an die Sowjetunion. Kritiker des Sozialismus dort echauffierten sich, dass die Sozialisten im Kreml die Welt retten, ja „erlösen“ wollten – und dabei die eigene Bevölkerung nicht ausreichend mit elementarsten Gütern wie Windeln oder Toilettenpapier versorgen konnten. So weit sind wir in der Bundesrepublik noch nicht, obwohl Kommandowirtschaft in immer weiteren Bereichen den freien Markt beeinträchtigt. Doch die Gangrichtung ist offensichtlich.

Für die spricht der zweite Teil der Schlagzeile der „Frankfurter Allgemeinen“: „So will Gesundheitsminister Karl Lauterbach jetzt gegensteuern.“ Die Hoffnung also auch hier auf einen allmächtigen Staat, der es richten soll. Als hätte der nicht genügend Schaden angerichtet. Und wenn er schon allmächtig ist – warum hat er dann nicht vorgebeugt? Schon vor vielen Monaten sprach sich selbst bis zu mir herum, obwohl ich nicht vom Fach bin, dass Fiebersaft bald Mangelware sein wird. Aber Lauterbach ist offenbar zu sehr mit Panikmache in Sachen Corona und Verschleiern von Impfnebenwirkungen beschäftigt, als dass er sich rechtzeitig (!) um solche Lapalien wie Fiebersaft für Kinder kümmern könnte.

Auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk?

Auch der nächste Satz in der „Frankfurter Allgemeinen“ erinnert mich an die Sowjetunion. Da steht: „Wenn wichtige Medikamente in der Apotheke fehlen, ist das in einem Land wie Deutschland ein Aufreger.“ Wie bitte? Hier wird tatsächlich beschwichtigt und relativiert und das alles basiert auf Überheblichkeit und Arroganz. Meinen die Kollegen etwa, in einem weniger reichen Land sei es kein Aufreger, wenn wichtige Medikamente in den Apotheken fehlen? Oder sollen sich die Deutschen nach Ansicht der FAZ-Journalisten abgewöhnen, von Apotheken eine ausreichende Medikamenten-Versorgung zu erwarten?

Weiter im Text wird dann zwar die Dramatik der Situation geschildert: „Wenn wie derzeit Medikamente für Kinder fehlen, sind Eltern nicht nur aufgeregt, sondern regelrecht verzweifelt, wie Kinderärzte berichten.“ Sodann heißt es: „Zwar ist es nicht ganz neu, dass selbst einfache Arzneien wie Fiebersäfte angesichts einer Welle von Erkrankungen mit daraus resultierender hoher Nachfrage nur schwer verfügbar sind.“ Wie bitte? Warum, werte Kollegen, habt Ihr dann nicht früher Alarm geschlagen? Warum fragt Ihr dann jetzt nicht nach Verantwortlichen, wenn das Problem nicht neu ist?

Zwingende Frage

Stattdessen wird noch mehr beschwichtigt: „Der zeitweilige Mangel bestimmter Präparate, auch außerhalb der Pädiatrie, ist aber schon länger bekannt, so dass das Bundesgesundheitsministerium ohnehin Neuregelungen plant.“ Wenn der Mangel „schon länger“ bekannt ist – warum wird dann eine Neuregelung erst noch geplant, und ist nicht schon längst ausgearbeitet? Und warum, werte Kollegen, stellt Ihr diese zwingende Frage nicht?

Im weiteren Text heißt es, Lauterbach „stellte klar, dass auch einige Wirkstoffe für Erwachsene rar seien, etwa Krebsmittel und Antibiotika. Verantwortlich für die Knappheiten sei eine falsche Preispolitik.“ Sodann wird der Minister zitiert: „Wir sind auch in diesem Bereich mit der Ökonomisierung zu weit gegangen“. Und: „Hier hat der Preis die alleinige Rolle gespielt, die Verfügbarkeit der Arzneimittel hat eine zu geringe Rolle gespielt. Das wollen wir aufheben.“

Unkritische Weitergabe

Wie bitte? Die ganze Geschichte zeigt, dass in der Regel eine staatliche Regulierung zu Mangel führt – und es nicht umgekehrt ist. Als Nicht-Fachmann lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen. Zumal der Begriff „Ökonomisierung“ durchaus unterschiedlich interpretierbar ist. Umso mehr müsste die Zeitung hier aufklären. Aber das versucht die einstige „Qualitätszeitung“ erst gar nicht – sondern gibt einfach die Beteuerungen des Ministers unkritisch wieder.

Allenfalls zwischen den Zeilen kann der Leser die Zusammenhänge erahnen – und die Widersprüche. Etwa wenn es heißt: „Erschwerend kam…hinzu, dass ein … wichtiger Hersteller von paracetamolhaltigen Fiebersäften, der etwa einen Marktanteil von 30 Prozent gehabt habe, ausgestiegen ist, weil die Produktion nicht mehr kostendeckend war.“ Produktions-Stilllegung wegen zu niedriger Preise und gleichzeitig als Ausweg mehr staatliche Regulierung statt Markt? Auch hier lasse ich mich gerne aufklären, dass ich mich irre und der Widerspruch, den ich sehe, falsch ist. Aber ich lasse mich ungern in die Irre führen, durch das Übertünchen solcher Widersprüche – statt ihrer Auflösung für den Leser.

Schrumpfende Anteile

Auch den nächsten Widerspruch erfährt nur der hartnäckige Leser, weil er erst im unteren Bereich des Artikels steht: „Der Herstellerverband Pro Generika macht politische Regulierungen für die Mangellage verantwortlich. ‘Die aktuellen Engpässe sind Folge eines jahrelangen Drucks auf Preise und Herstellkosten bei Generika‘, betont der Verband. Seit Jahren stemmten die Hersteller von Nachahmerpräparaten einen stetig wachsenden Anteil an der Versorgung – zu einem schrumpfenden Anteil der Kosten.“

Hier wird es endgültig absurd. Denn sehen wir uns einmal die Definition des Begriffs „Ökonomisierung“ an – also dessen, was Lauterbach beklagt: „Der Begriff Ökonomisierung bezeichnet die Ausbreitung des Marktes samt seinen Prinzipien und Prioritäten auf Bereiche, in denen ökonomische Überlegungen in der Vergangenheit eine eher untergeordnete Rolle spielten bzw. die solidarisch oder privat organisiert waren“, klärt die Uni Bremen auf.

Für mich beißt sich die Katze hier endgültig in den Schwanz. Wenn Hersteller schließen, weil die Produktion nicht mehr wirtschaftlich ist, zeigt dies in meinen Augen klar, dass hier eben zu wenig Markt herrscht – sonst würden die Preise bis zur Wirtschaftlichkeit steigen. Und dass staatliche oder ähnliche Eingriffe zu einem Missverhältnis geführt haben. Und das soll jetzt mit (noch) mehr staatlichen Eingriffen gelöst werden? Mag sein, dass ich mich hier irre. Und dass ein Fachmann den Widerspruch, den ich sehe, auflösen kann. Dass die „Frankfurter Allgemeine“ das nicht schafft, ist ein journalistisches Armutszeugnis. Und, so fürchte ich, einer der Gründe der Misere: Ohne eine funktionierende vierte Macht in Form kritischer Medien kann eine Regierung ihre Fehler nicht erkennen und damit auch nicht korrigieren.

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