Die Deutschen verlangen nach besserer Politik Einige Schlussfolgerungen aus dem Europawahlergebnis

Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld

Am Tag zwei nach der Europawahl möchte ich mit Ihnen einige Schlussfolgerungen aus der Analyse der Ergebnisse teilen – für die kompletten Zahlen empfehle ich die Seiten der Bundeswahlleiterin.

Zunächst die klar auf der Hand liegenden Fakten:

Gewinner der Wahl sind die Union, die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht. Klare Verlierer sind die Grünen, die Ampel, die SPD, die Linkspartei und das liberal-konservative Lager.

Mit dem Ergebnis mehr oder weniger zufrieden sein können die FDP, Volt, die Freien Wähler und Die Partei.

Im Detail:

Durch das punktgenaue Erreichen der 30-Prozent-Marke hat die Union genau das Ergebnis erreicht, bei dem sie sich als Wahlsieger fühlen kann. Trotzdem sollte Ihr Vorsitzender Merz die Botschaft der Wählerinnen und Wähler genau aufnehmen: Ja, er hat das Mandat die Union in den nächsten Bundestagswahlkampf zu führen, aber nein, auf keinen Fall mit Schwarz-Grün liebäugeln.

Die Grünen habe eine ganz klare Botschaft bekommen: Bis hierher und nicht weiter! Verbrenner-Aus, irre Energiepolitik, irre Migrationspolitik, Gender- und CancelCulture-Wahn, Kampf-gegen-Rechts-Hysterie, bei gleichzeitiger Blindheit gegenüber der Gefahr des Islamismus? Alles das muss ein Ende haben.

Auch die SPD sollte die Warnungen ganz ernst nehmen: Nicht nur Kanzler Scholz (und das politische Leichtgewicht, die EU-Spitzenkandidatin Katharina Barley), sondern vor allem das Führungsduo Lars Klingbeil und Saskia Esken müssen den Weg frei machen: Die SPD hat nur eine Chance, wenn sie die Ampel aufkündigt und unter neuer Führung zusammen mit der Union den unausweichlichen Politikwechsel in Deutschland anstößt.

Die FDP hat für mich unverdient stark abgeschnitten (ähnlich die Freien Wähler). Für mich ein Zeichen, dass die Hoffnung zuletzt stirbt, oder es ist dem Umstand zu verdanken, dass die liberal-konservativen Kräfte versagt haben.

Das moderate AfD-Führungsduo Weidel/Chrupalla hat auch eine Botschaft bekommen, ich kann nur hoffen, dass diese auch ankommt: Die AfD wurde trotz, nicht wegen ihrer Personalien gewählt. Und auch trotz und nicht wegen mancher Inhalte. Der Leidensdruck durch die falsche Politik der Ampelunion ist einfach zu groß.

Weidel und Chrupalla sollten das Ergebnis auf keinen Fall als Signal für ein „weiter so“ fehlinterpretieren. Die beiden EU-Spitzenkandidaten waren eine blanke Peinlichkeit, der Rausschmiss der EU-Gruppe durch Marine le Pen eine Warnung. Die AfD-Führung muss jetzt ein klares Signal der Seriosität und Entschlossenheit senden: Nur ohne Krah und Bystron werden die AfD-MdEP Teil einer starken rechtskonservativen Fraktion werden können. Und es muss geliefert werden: Der green deal muss komplett revidiert werden, alles, was die Energiepreise treibt, muss weg! Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie für Industrie und Verbraucher muss in Europa an erster, zweiter, und dritter Stelle stehen! Und natürlich muss parallel die Migrationspolitik weiter verändert werden: Steuerung und Begrenzung sofort!

Die Linke ist endlich an dem Punkt, auf den wir seit dem Fall der Mauer warten: Es gibt keinen Platz für eine SED-Nostalgiker-Linksradikalen-Truppe mehr – das Verstecken ihrer Spitzenkandidatin Rackete hat der Linkspartei nichts genützt: Sie ist jetzt eine von drei gewählten MdEP. Ich kann dem noch amtierenden Ministerpräsidenten von Thüringen Bodo Ramelow nur raten, mit den verbliebenen moderaten Getreuen zur SPD zu wechseln – das Kapitel SED-Fortsetzung muss endlich abgeschlossen werden.

Das liberal-konservative Lager ist der weitere schlimme Verlierer dieser Wahl.

Bündnis Deutschland hat die Hürde von 0,6 Prozent für den einen Sitz verpasst – trotz Erwähnung bei Reichelt, trotz Unterstützung von anderen political influencern: Die Wählerinnen und Wähler haben wohl doch gemerkt, dass hier die politischen Kleinpartei-Vereinseitelkeiten über allem stehen – statt  gemeinsame starke Listen aufzustellen, gibt es Klein-Klein-Hick-Hack-Gegeneinander.

Dabei war die Ausgangslage günstig. Trotzdem ist es schon fast vergessen, dass Anfang des Jahres neben dem Bündnis Sahra Wagenknecht auch liberal-konservative Kräfte in den Ring gestiegen sind. WerteUnion und  Bündnis Deutschland. Wie kann es sein, dass man sich in diesem Segment, bei dem politischen Anspruch eines Platzes zwischen Union und AfD, so verzettelt? Statt einig zu siegen, ließ man sich getrennt schlagen.

Lag das an den Medien? Bestimmt nicht. Erstens sahen sie den Versuch, für Thüringen eine gemeinsame Liste zu bilden, eher interessiert, als ablehnend zu. Zweitens haben die Familienpartei und die Partei des Fortschritts jeweils ein Europamandat erhalten, ohne Medien-Push. Ihr Totalversagen haben sich WerteUnion, Bündnis Deutschland und alle anderen komplett selbst zuzuschreiben – nur wenn wenigstens diese Einsicht reifen würde, sehe ich noch eine Chance in den kommenden Wahlen.

Und übrigens hat dieses Chaos indirekt mit dafür gesorgt, dass die Freien Wähler trotz mehr als durchwachsener EU-Liste relativ stark abgeschnitten haben. Ich sehe hier eine ähnliche Botschaft des Wahlvolks, wie bei der AfD.

Und Bündnis Sahra Wagenknecht wird es natürlich gefreut haben: Sie sind mit 6 Prozent ein weiterer klarer Sieger und gehen mit vollem Rückenwind in die drei ostdeutschen Landtagswahlen. In Sachsen und Thüringen mit klarem Kurs auf Regierungsbeteiligung. Und zwar zusammen mit der CDU. Die Wählerinnen und Wähler haben hier auch die organisatorische und kommunikative Klarheit honoriert, die sich insbesondere von dem oft dilettantischen Gebaren im liberal-konservativen Lager abhebt. Wagenknecht hat aus dem Scheitern von „Aufbruch“ gelernt.

Zum Abschluss möchte ich ein Kompliment machen, da dieser Punkt im Parteiengezänk viel zu oft nicht beachtet wird: Ein großes Kompliment dem Wahlvolk!

Es ist für mich wirklich beeindruckend, wie die Deutschen aus dieser Lage noch so viel rausgeholt haben: Die Bevölkerung will keine Revolution, die Bevölkerung ist viel demokratischer, als der herrschende Partei-Funktionärsapparat, aber die Bevölkerung verlangt nach besserer Politik! Diese Botschaft ist für mich aus dem Wahlergebnis, man beachte auch die gestiegene Wahlbeteiligung, ganz klar herauszulesen.

Es ist hohe Zeit, dass die Politiker die Signale des Souveräns verstehen!

Hier finden Sie Wahlergebnisse im Detail:

(Anmerkung: Als ich gestern die erste Version des Artikels geschrieben habe, war Krah noch nicht aus der AfD-Delegation geflogen – dann ist dieser erste Schritt aber gemacht worden)

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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.


Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, zunächst bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, ab 1996 für die CDU. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin. 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Sie betreibt einen Blog, den ich sehr empfehle.

Bild: PhotoSGH/Shutterstock

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