Von Sylvie Weber
Im Rahmen der Aktion „#allesaufdentisch“ hat der Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen Ende September 2021 in einem Interview mit dem Schauspieler Volker Bruch festgestellt, dass sich die Motivation der Faktenchecker in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Ursprünglich gegründet, Regierungsfakten oder Äußerungen von Politikern auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, sind sie mittlerweile zu Instrumenten von Regierungen und den großen Tech-Firmen mutiert. Im Zuge der Corona-Pandemie erreichte das Faktenchecken ungeahnte Ausmaße: Die harten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden als „alternativlos“ und die wenigen regierungsberatenden Wissenschaftler als alleinige seriöse Quelle dargestellt. Und die Faktenchecker unterstützten diese Argumente unisono. Sie urteilten selbstsicher und ohne Zweifel, widerlegten selbst Argumente angesehener, hochdotierter und langjährig in ihrem Fachgebiet forschender Experten.
In der Eigenwahrnehmung sind die neugegründeten Recherche-Organisationen journalistische Institutionen, die Fakten auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen und Desinformationen im Internet unterbinden wollen. Sie sehen Fake News als ernsthafte Gefahr für die Demokratie und sich selbst als Bollwerk dagegen.
Aber sind Faktenchecker wirklich die neutralen, unabhängigen, seriösen und objektiven Quellen, die sie vorzugeben scheinen? Recherchieren sie die reinen Fakten? Oder gilt auch hier: „cui bono?“, wer profitiert?
Wie arbeiten die Faktenchecker und ihr Netzwerk und wer finanziert sie?
Meyen spricht in dem Interview das „International Fact-Checking Network“ (IFCN) an, ein weltweites Netzwerk kooperierender Faktenchecker. Es wurde 2015 als neue Abteilung des Poynter Instituts, einer Journalistenschule in Florida, gegründet. Das IFCN bietet Beratungen an, erstellt Newsletter zum Thema, organisiert Veranstaltungen und Seminare. Die bedeutendste Aufgabe des Netzwerkes ist die Erstellung von Zertifikaten, die es Faktencheckern überhaupt erst ermöglichen, Aufträge für größere Social-Media-Kanäle wie z.B. Facebook und Google zu bekommen.
Schon 2017 waren bedeutende internationale Nachrichtenagenturen, TV-Sender und Tageszeitungen im Team. In Deutschland bekam das Recherchezentrum Correctiv das gewinnträchtige Zertifikat. Zusätzlich ging das IFCN eine Partnerschaft mit dem Google News Lab ein.
Die Partner in dem Netzwerk werden durch einen Verhaltenskodex verpflichtet: Dazu gehören auf der einen Seite Überparteilichkeit und Fairness, Quellentransparenz, Angaben zur eigenen Finanzierung sowie Arbeitsweise und Transparenz bei den Prüfmethoden und Korrekturen. Es sollen keine politischen Positionen bezogen werden. Alle Fakten sollen mit gleichem Standard in alle Richtungen geprüft werden. Widersprüchlich ist dagegen die im Bewerbungsleitfaden (Application Guideline) auf Seite 8 zu findende Aufforderung, sich bei mindestens 75% der Faktenüberprüfungen auf Behauptungen zu Themen zu konzentrieren, die sich auf das Wohlergehen von Einzelpersonen oder der Gesellschaft beziehen:
Im Durchschnitt konzentrieren sich mindestens 75 % der Faktenprüfungen des Antragstellers auf Behauptungen zu Themen, die sich nach Ansicht des IFCN auf das Wohlergehen oder das Wohlergehen von Einzelpersonen, der Allgemeinheit oder der Gesellschaft beziehen oder darauf auswirken könnten. (übersetzt mit translate.google.de).
Es wird ein, zwar schwammig formulierter, aber deutlicher Fokus gelegt. Wenn aber Fakten inhaltlich im Verhaltenskodex als überprüfenswert definiert werden – oder halt nicht – fehlt sowohl Objektivität, wie auch Neutralität und Unparteilichkeit. So wurde dann auch die rechtsgerichtete indische Nachrichtenwebsite „Opindia“ abgelehnt, obwohl sie die strengen Anforderungen erfüllte. Das IFCN stellte fest, dass sie sich auf eine bestimmte politische Organisation mit einer bestimmten Ideologie konzentriert.
Mit Corona wurde dann noch deutlicher, in welche politische Richtung Faktenchecker agieren. Schon im Januar 2020 stieg das IFCN in den Kampf gegen Falschinformationen über das Corona-Virus ein, mit mehr als 100 Partnern in über 70 Ländern: der Corona-Virus-Facts-Allianz. Sie wurde zu einem Zeitpunkt gegründet, als das Corona-Virus nur in China nachgewiesen war. Es wurde schon frühzeitig mit einer „Infodemie“ gerechnet.
Der deutsche Partner Correctiv, der auch für Facebook Fakten überprüft, hat sogleich im März 2020 den Kampf um die Deutungshoheit begonnen. Er startete einen Feldzug gegen den angesehenen Lungenfacharzt Dr. Wolfgang Wodarg dermaßen erfolgreich, dass dessen Ansehen seitdem nachhaltig beschädigt ist.
Aber wer finanziert die Faktenchecker? Wie Michael Meyen in dem Interview mit Volker Bruch feststellte, fallen bei der Recherche immer wieder dieselben Namen: Google, die Gates- Stiftung, „Luminate“ von der „Omidyar Network Stiftung“ des Ebay Gründers Pierre Omidyar, die „Open Society Stiftung“ von George Soros und andere Philanthropenstiftungen sowie Facebook.
So hat das IFCN 2017 1 Mio. US-Dollar von Omidyar und 0,3 Mio. US-Dollar von Soros erhalten. Die Zahlen der Spenden für die folgenden Jahre wurden in der Einnahmen-Ausgaben-Übersicht nur in Prozenten angegeben. Dabei ist eine Verschiebung der Finanzierung erkennbar: Von 2017 bis 2019 gab Pierre Omidyar zwischen 30 % und 45 % der Einnahmen, Soros zwischen 15 % und 20 % und Google in den Jahren 2018 und 2019 zwischen 25 % und 30 %. Im Jahr 2020 veränderte sich das Finanzierungsmodell und die Stiftungsgelder lagen bei unter 5 % der Einnahmen. Dafür schnellten die Einnahmen von Facebook auf 35 %, Youtube auf 27 % und Whatsapp auf 17 %.
Auch beim deutschen Recherchezentrum Correctiv ähneln sich die Sponsoren. Es bezeichnet sich als spendenfinanziertes, investigativ arbeitendes Medium. Ein Blick in den Finanzplan enthüllt eine gewisse Diskrepanz zu dieser Selbsteinschätzung. Neben den Spenden von Unterstützern findet sich eine Reihe von Stiftungen, die das Budget erheblich aufbessern.
Gestartet wurde das Recherchezentrum 2014 mit 675.000 Euro in Essen aus der dort ansässigen Brost-Stiftung, die Gelder aus der WAZ Mediengruppe verwaltet. Bis 2021 summierten sich diese Zuwendungen auf mehr als 3,8 Mio. Euro. Und wieder ist »Luminate« der »Omidyar Network Foundation« mit 1,5 Mio. Euro über die Jahre dabei. Auch die »Open Society Stiftung« von George Soros unterstützte Correctiv mit knapp 350.000 Euro. Unterstützung aus der Wirtschaft gab es von der Deutschen Telekom, von der AOK, von der Deutschen Bank, von der GLS und vom Verband der PSD-Banken. Aber auch wieder von Google Germany, von Twitter und Facebook. Auch Steuergelder flossen zu Correctiv, z.B. von der Bundeszentrale für Politische Bildung und einigen Parteistiftungen.
Insgesamt ist zu sagen, dass große Summen in das Geschäft des Faktencheckings geflossen sind. Im April 2020 stellte Google News 6,5 Mio. US-Dollar zur Verfügung, um „Desinformationen“ über das Corona-Virus einzuschränken. In dem Zuge wurde auch das IFCN bedacht.
Die EU hat ebenfalls finanziell aufgerüstet, um die Bürger vor angeblichen Fehlinformationen zu schützen. Die 2015 eingerichtete »East StratCom Task Force« konzentriert sich ausschließlich auf die Kommunikation der EU mit den Oststaaten. Allein im Jahr 2018 flossen 1,1 Mio. Euro Steuergelder in dieses Projekt. Seit 2020 wurde ein weiteres Faktenchecker-Programm namens »Soma« aufgelegt, welches gegen Desinformationen vorgehen soll.
Was sind die Ziele der Faktenchecker?
Doch was sind die Ziele der millionenschweren Faktenchecker? Ursprünglich wurden sie gegründet, um Aussagen von Politikern, Regierungsmitarbeitern oder anderen Personen des öffentlichen Lebens auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Mittlerweile liegt der Schwerpunkt auf der Suche nach irreführenden oder gar falschen Informationen in den Sozialen Netzwerken und in Suchmaschinen. Besonders bei strittigen Themen, die viel Aufmerksamkeit bekommen, sehen sie akuten Handlungs-, sprich Löschbedarf. Hass und Hetze sollen im Internet eingedämmt werden, da ihnen Taten im realen Leben folgen können. Dies schlussfolgerte der „Faktenfinder“ der Tagesschau nach dem Tankstellenmord von Idar-Oberstein im Oktober 2021 schnell.
Haben die Regierungen Einfluss auf die Faktenchecks?
Wie schon festgestellt, beteiligen sich auch Regierungen oder regierungsnahe Institutionen an der Finanzierung der Faktenchecker. Dies würde nicht geschehen, wenn aus diesen Organisationen ernstzunehmende Kritik käme. So werden vor allem Videos und Berichte aus den alternativen Medien dergestalt recherchiert, dass mit dem Ergebnis das öffentliche Narrativ bestätigt wird. Es ist plausibel, dass Faktenchecker die Unterstützung nicht bekämen, wenn sie ihren Kodex ernst nähmen. Es gilt auch hier die alte Weisheit: Man beißt nicht die Hand, die einen füttert.
Aber Druck kommt noch von anderer Seite. Die Tech-Firmen standen wegen ihrer Monopolstellung in den letzten Jahren unter massiver Kritik. Mehrere Regierungen drohten Regulierung oder sogar Zerschlagung an. Nur so ist zu erklären, dass die Social-Media-Kanäle im vorauseilenden Gehorsam die gewünschten Checks anboten. Dass dabei Fakten als wahr definiert werden, die dem Regierungshandeln zuwiderlaufen, ist aus genannten Gründen nicht wahrscheinlich. Facebook & Co haben aber keine eigene Motivation, Teile ihrer Kundschaft zu verprellen. Oder strittige Themen zu blocken. Oder finanzielle Mittel für Faktenchecks aufzuwenden. Diese indirekte staatliche Intervention ist Wirtschafts-„Nudging“, ein mehr oder weniger sanftes Stupsen in die gewünschte Richtung.
Mittlerweile zeigt sich, dass dieses Handeln deutliche Zensur bewirkt. Wenn Social-Media-Kanäle ihren Kunden ein Verbot aussprechen, Impfschäden zu dokumentieren, hat das nichts mehr mit Neutralität oder Objektivität zu tun, sondern ist nur noch als Schützenhilfe für die staatliche Impfpropaganda zu erklären. Der Gipfel der Absurdität allerdings wurde mit dem Verbot von Youtube erreicht, über eventuelle Manipulationen der Bundestagswahl zu berichten:
Inhalte, die falsche Behauptungen aufstellen, dass weit verbreitete Betrugsfälle, Fehler oder Pannen das Ergebnis ausgewählter vergangener nationaler Wahlen verändert haben, nachdem die endgültigen Wahlergebnisse offiziell bestätigt wurden. Dies gilt derzeit für:
• Alle vergangenen US-Präsidentschaftswahlen
• Die Bundestagswahl 2021 (übersetzt mit translate.google.de)
Hier wird also die Löschandrohung schon vor das Ereignis gestellt. Das ist als weitere Zensureskalation zu betrachten. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass schon während des Wahlvorganges tatsächlich konkrete, berichtenswerte Probleme auftauchten.
Helfen Faktenchecker der Demokratie oder schaden sie eher?
Also wirken Faktenchecker nun demokratiestützend oder -gefährdend? Besonders während der Coronakrise präsentierten sich die Leitmedien als einheitlicher Block, der das Handeln der politischen Entscheidungsträger erklärte, verteidigte und anderslautende Kritik diffamierte. Wenn überhaupt mal Kritik gegen die Verantwortlichen erhoben wurde, bezog sich das immer auf Nebenkriegsschauplätze. Beispiele dafür sind die Impfneiddebatte, die Maskendeals-Skandale oder die Diskussionen um Pannen in den Testcentern. Aber was passiert, wenn ein immer größer werdender Teil der Menschen sich in den Medien nicht mehr vertreten sieht, wenn der Meinungskorridor immer schmaler wird? Wenn immer offensichtlicher wird, wie massiv die Berichterstattung kastriert und geframed wird? Mit den Faktencheckern wurde einfach nur ein weiteres „Sicherheitsnetz“ zur Wahrung des öffentlichen Narrativs eingezogen, welches die immer gleichen Phrasen wiederkäut. Sie sind nur ein weiteres Werkzeug für Regierungs-PR. Schon allein die Macht der ständigen Wiederholung von Fakten durch Regierung, Leitmedien und jetzt noch über die Faktenchecker lässt für viele Menschen diesen Sachverhalt wahr (oder falsch) erscheinen.
Das Checken von Fakten ist zu einem Geschäftsfeld geworden, in dem immer mehr Player sich um den immer größeren Kuchen balgen. Wenn so viel Geld fließt, kann davon ausgegangen werden, dass das Geschäftsmodell nicht mehr verschwindet.
Was folgt daraus?
Eine funktionierende Demokratie ist aber auf eine gut informierte Bevölkerung angewiesen, die alle Facetten und Meinungen zu einem Thema hört und daraufhin fundiert Entscheidungen treffen kann. Diesen Auftrag hat in der Bundesrepublik der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Er müsste sich nur auf seinen Kodex rückbesinnen und zu einer ausgewogenen Berichterstattung zurückfinden.
Und braucht es dafür zusätzlich externe Faktenchecker? Laut den Grundsätzen journalistischen Arbeitens ist es die ureigene Pflicht eines Journalisten, Fakten sorgfältig auf Plausibilität zu prüfen und so viele Quellen wie erreichbar zu konsultieren. In Redaktionen wird das Vier-Augen-Prinzip erfolgreich durchgeführt, Rechercheabteilungen prüfen Geschichten auf ihren Wahrheitsgehalt. Der Faktenchecker nutzt die gleichen Werkzeuge dazu wie die Medien. Man kann ihn im journalistischen Alltag also als überflüssig bezeichnen.
Weiterhin problematisch ist die häufig fehlende Fachexpertise in den Recherchezentren. Hier urteilen Journalisten über angesehene Wissenschaftler und Experten ihres Faches. Am Beispiel von Dr. Wolfgang Wodarg lässt sich belegen, wie falsch das Team von Correctiv im März 2020 mit seiner Einschätzung lag. Viele Behauptungen des Faktenchecker-Portals sind mittlerweile auch offiziell widerlegt. So hat z. B. selbst Herr Wieler am 6.10.2021 in der Bundespressekonferenz von der Vergleichbarkeit von Influenza- und Corona-Viren gesprochen. Mehrere Studien haben mittlerweile auch festgestellt, dass in der Bevölkerung eine Kreuzimmunität mit anderen Corona-Viren besteht. Von der Öffentlichkeit wird Dr. Wolfgang Wodarg trotzdem weiterhin als Aluhutträger wahrgenommen. Faktenchecken kann sich also für Individuen, aber auch auf die Gesellschaft schädlich auswirken.
Also wie sollte man mit den Faktencheckern umgehen? Die Auflösung dieser Institutionen ist ein unrealistisches Szenario. Das durch diese Organisationen gerade praktizierte „betreute Denken“ stößt aber sehr vielen kritischen Mediennutzern mittlerweile auf und lässt das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Medien und Faktenchecker stetig sinken. Die Gleichtaktung des öffentlichen Informationsflusses ist durch Corona so offensichtlich zutage getreten. Dies kann als Chance für Neues betrachtet werden.
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Sylvie Weber; *1970; lebt in Koblenz. Sie hat ihren Lebensmittelpunkt allerdings bis auf weiteres ins Ausland verlegt. Sie ist studierte M.A. Geographie mit Politik- und Wirtschaftswissenschaften. Bis März 2020 war sie als Merchandiserin im Tour- und Eventbereich tätig – wie sie sagt, ein anstrengender, aber ein Traumjob. Sylvie Weber war 18 Jahre lang bei den Grünen politisch aktiv – mittlerweile ist sie Mitglied der Partei dieBasis.
Bild: ShutterstockText: Gast