Journalisten als Haltungswärter, die mit „Framing“-Tricks und Methoden aus der Vergangenheit Menschen an den Pranger stellen, die gegen die Regierung protestieren. Vor kurzem hätte man es noch für unmöglich gehalten, das in Deutschland im 21. Jahrhundert zu erleben – heute ist es leider keine Seltenheit mehr. Da wird Hetze betrieben gegen Menschen, nur weil sie an einer Demonstration teilgenommen haben – und ihr Kind wird im Eifer des medialen Gefechts gleich mit in die öffentliche Geiselhaft genommen. Etwa in einer Regionalzeitung, damit der ganze Ort Bescheid weiß und das Kind gleich mit stigmatisiert ist. So geschehen nach der Querdenken-Demo am 28. August 2020 in Berlin mit einem dorthin angereisten Arzt im bayerischen Kaufering (siehe hier). Ihm wird im „Kreisboten“ verantwortungsloses Verhalten vorgeworfen, nachdem ihn – mitsamt seinem Sohn auf dem Kopf – ein Polizist mit der Hand fast umstieß (kein Formulierungs-Fehler, sondern die Logik der Kollegen aus der Zeitung, die als Dachzeile schrieben: „Mit Kind als Schutzschild?“).
Der Berliner Tagesspiegel macht es ähnlich und hetzt nun mit zweieinhalb Monaten Verspätung wegen der gleichen Demonstration gegen eine Berliner Staatsanwältin. Das Stück in dem Blatt liest sich wie aus dem Lehrbuch der Agitation. Die Methode ist eine schon im alten Rom bekannte: Man muss nur ausreichend mit Exkrementen werfen, dann bleibt schon etwas hängen. „Berliner Staatsanwältin demonstriert mit ,Reichsbürgern‘ und ‘Querdenkern‘“, lautet die Überschrift der Zeitung. Nach dem gleichen Motto könnte man, etwas zugespitzt, auch schreiben: „Angela Merkel sitzt in direkter Nachbarschaft mit AfD-Leuten“ – denn ihre Regierungsbank ist neben der AfD-Fraktion im Bundestag.
Manipulation pur
Auch weiter wird munter „Framing“ betrieben: „Es ist der 29. August, der Tag, an dem Rechtsextreme und Hooligans vor der russischen Botschaft Polizisten angreifen und später hunderte Reichsbürger versuchen, die Treppen des Reichstags zu erstürmen.“ Erstens ist das schlicht erlogen, es haben keine „hunderte Reichsbürger“ versucht, die Treppen des Reichstags zu erstürmen (siehe hier). Und zweitens: Was soll die Staatsanwältin damit zu tun haben? Man wird auch einen Bericht über Merkels Regierungserklärung nicht damit anfangen, dass an diesem Tag mehrere Frauen in der Hauptstadt vergewaltigt wurden, was laut Statistik leider sehr wahrscheinlich ist.
Sodann wird das Plakat zerlegt, das die Staatsanwältin in der Hand hält bei der Demo: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ Dazu heißt es: „Es ist ein Spruch, der besonders in der rechten Szene überaus beliebt ist, um den Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu legitimieren.“ Genauso könnte man über jemanden, der die Deutschlandfahne in der Hand hält, sagen, das sei ein Symbol, das auch Rechtsextreme nutzen. Zudem wird hier geschickt der Begriff „rechte Szene“ verwendet, um damit „rechtsextrem“ zu suggerieren und die Grenzen zu verwischen. Würde jemand den Begriff „linke Szene“ so nutzen?
Reine Doppelmoral
Im Stile von Inquisitoren haben die Mitarbeiter des „Tagesspiegel“ nicht nur herausgefunden, dass die Staatsanwältin am 29. August bei der Querdenken-Demo in Berlin war, sondern auch am 1. August. Das Hyperventilieren der Autoren ist zwischen den Zeilen regelrecht herauszulesen. Unter den Demonstranten „auch Verschwörungsgläubige, Reichsbürger und Rechtsextremisten“, so das Framing im Tagesspiegel. Erstaunlich, dass es bei linken Demonstrationen nie Kritik gibt, wenn Linksextreme wie die Antifa mitlaufen. Berlins Innensenator Geisel (früher SED, heute SPD) sagte sogar einmal: „Wenn ich als Demokrat gefordert bin, gehe ich auf die Straße. Und ich lasse mich nicht davon hindern, dass auch Extremisten die Möglichkeit nutzen, dort ihre Meinung zu sagen.“ Empört sich der Tagesspiegel auch darüber?
Die Redakteure durchstöberten auch das Facebook-Profil der Beamtin und fanden dort „Verschwörungstheorien“: „Lange stand auf ihrem Profilbild der Slogan ,Gib Gates keine Chance‘“. Ist so eine Meinungsäußerung heute etwa illegal? Sodann wird unter die Lupe genommen, was die Frau alles teilte. Der Blockwart ist wiederauferstanden in Deutschland im Jahre 2020! Wünscht sich der Tagesspiegel, der diese Geschichte auch noch groß mit „Exklusiv“ bewirbt, einen Gesinnungtest für Beamte?
Im gleichen Geiste agiert eine Twitter-Seite, auf der Nutzer Bahnfahrer denunzieren sollen, die ihre Maske abgenommen haben oder keine tragen. Sie werden dort völlig unverpixelt gezeigt (siehe hier). Der Name der Seite: „Genervte Berufspendler“. Erstaunlich, dass Twitter dieses Treiben nicht unterbindet – steht hier doch der Verdacht im Raum, dass da massiv das Recht am eigenen Bild verletzt wird. Zitate aus Bildunterschriften von der Seite: „Jeden Tag die gleiche Scheiße nur andere Idioten…“ Oder: „Pandemie? Infektionszahlen? Seit 30 Minuten mit Kinnschutz“. Einziger Trost und Hoffnungsschimmer: Die Seite hat noch so gut wie gar keine Abonnenten.
Geben wir unsere Freiheit zu leichtfertig auf? Das diskutiere ich heute mit meinem Freund Vadim. Als Migrant aus der Ex- Sowjetunion und ukrainischer Jude hat er ein etwas anderes Verhältnis zur Freiheit als viele hierzulande. Ab 14.30 Uhr im Livestream.Text: red