Es ist ein unglaublicher Widerspruch. Der merkwürdigerweise offenbar noch niemandem in Medien und Politik aufgefallen ist. Jede Woche veröffentlicht das Robert Koch-Institut seinen neuen Wochenbericht. Darin sind die Zahlen der „Impfdurchbrüche“ aufgeführt, wie das, was früher als „Impfversagen“ bekannt war, im Neusprech genannt wird. Voilà:
Dieser Tabelle zufolge gab es in Deutschland in den Kalenderwochen 44 bis 47 des laufenden Jahres 321.294 symptomatische COVID-19-Fälle. 11.062 Menschen davon wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Und es sind 1.451 Menschen an oder mit Corona verstorben (und bei der entscheidenden Altersgruppe 60plus war davon übrigens fast die Hälfte geimpft).
Mir kamen diese Zahlen etwas gering vor im Verhältnis zu den täglichen Zahlen, die man vom RKI liest. Also habe ich eine Unterstützerin gebeten, die Zahlen aus den jeweiligen Tagesberichten des RKI für den gleichen Zeitraum – die Kalenderwochen 44 bis 47 des laufenden Jahres – zusammenzuzählen.
Das Ergebnis bestätigte meinen Eindruck – und erweckt massivste Zweifel an den Zahlen des RKI. Anders als in Tabelle 3 des Wochenberichts sind laut Tagesberichten in den vier Wochen 3.962 Menschen mit oder an Corona gestorben. Das sind 2,73-mal so viele wie laut dem Wochenbericht. Laut Tagesberichten wurden 22.955 Menschen mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert – mehr als doppelt so viele wie laut Wochenbericht (11.062 Menschen). Die Zahl der „bestätigten Fälle“ wird aufgeteilt: Laut Tagesberichten sind es 394.700 „aktive Fälle“; die Gesamtzahl beläuft sich auf 809.845. Zur Erinnerung: Im Wochenbericht ist von 321.294 „symptomatischen COVID-19-Fällen“ die Rede.
Der erste Gedanke, der mir in den Sinn kam, war, dass die Zahlen generell falsch sind. Dass dem nicht so sein muss, erklärt aber ein Blick in die Fußnoten des Wochenberichts. Unter 1) heißt es da, dass hier nur die Fälle aufgezählt sind, in denen der Impfstatus bekannt ist. Aber genau hier entlarven die Berichte das RKI, bzw. genauer gesagt Politik und Medien. Die erwecken ja seit vielen Wochen den Eindruck, sie wüssten genau, wie das Verhältnis von Geimpften zu Ungeimpften insbesondere in den Krankenhäusern, Intensivstationen und bei den Corona-Toten ist. Schon DIVI-Chef Professor Marx hat diese Angaben mit seiner Aussage vor dem Bundestag bezüglich Intensivpatienten widerlegt (siehe hier).
Die Statistiken des RKI zeigen, dass etwa bei den Corona-Toten nur in gut einem Drittel der Fälle der Impfstatus bekannt war, bei den Hospitalisierten in knapp weniger als der Hälfte der Fälle. Ich habe dazu drei Ärzte befragt. Denn als Laie kann man ja leicht etwas falsch interpretieren. Alle drei Ärzte sagten mir übereinstimmend, die Differenz bei den Zahlen belege eindeutig, dass die vorhandenen Daten zum Verhältnis zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften unter Erkrankten und Toten nicht sicher belastbar seien.
Im Klartext: Nichts Genaues weiß man nicht.
Man könnte nun noch böse sein und fragen, wie es sein kann, dass ausgerechnet bei den Hospitalisierten und Verstorbenen plötzlich der Anteil derjenigen, bei denen der Impfstatus nicht bekannt ist, viel höher ist als bei den positiv Getesteten mit Symptomen. Die RKI-Zahlen legen nahe, dass auffallend oft genau jene ins Krankenhaus müssen oder sterben, bei denen der Impfstatus unbekannt ist. Das ist nicht auszuschließen. Aber sehr merkwürdig. Ebenso wie nicht auszuschließen ist, dass es andere „Gründe“ für dieses merkwürdige Phänomen gibt.
PS: Aufgrund unserer begrenzten Ressourcen haben wir die Zahlen aus dem Wochenbericht zu den Intensivpatienten nicht mit den entsprechenden DIVI-Zahlen abgeglichen. Wenn sich hier Leser finden, die das tun könnten, wäre ich sehr dankbar!
PPS: Trotz sorgfältiger Prüfung sind wir nie vor Fehlern gefeit. Entsprechende Hinweise von Ihnen prüfen wir sehr gerne und korrigieren dann entsprechend. Gerne werde ich auch den bei so unbequemen Angaben meist unvermeidlichen „Faktencheck“ der via Steuern und Gebühren finanzierten Wahrheits-Wächtern hier verlinken, sobald der erscheint, damit meine Leser auch bequem eine abweichende Sichtweise finden und dann selbst abwägen können.
Da auf der Bundespressekonferenz 2G gilt (anders als im Bundestag gegenüber, wo man mit Presse-Hausausweis selbst ohne 3G Eintritt hat), habe ich meine Frage zu dem oben geschilderten Sachverhalt am Montag auf der Straße vor dem Saal per Video gestellt – anzusehen hier:
Bild: Boris Reitschuster
Text: br
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