Manchmal ist Journalismus heutzutage ganz einfach. Im vorliegenden Fall musste ich nur ein Wort in der Überschrift aus einem Beitrag vom Dezember 2021 austauschen – das damalige „SPD“ gegen das heutige „CDU“. Alles andere bleibt gleich. Auch den Text von damals kann ich fast eins zu eins übernehmen – es reicht, die beiden Parteinamen auszutauschen:
"Dieser Parteitag wird ihnen ermöglicht von Pfizer, Philip Morris und der deutschen Gaswirtschaft" #cdupt22 https://t.co/D7PVlw6pMD
— abgeordnetenwatch.de | @[email protected] (@a_watch) September 9, 2022
„Als mir Leser die Nachricht schickten, dachte ich wie so oft in diesen Zeiten an einen schlechten Scherz. Und wie leider ebenso oft entpuppte es sich als Realität. Die CDU ließe sich von dem Pharma-Riesen Pfizer den Parteitag sponsern, so die Mitteilung der Leser. Ausgerechnet von dem Konzern, der gerade mit der Corona-Impfung das Geschäft seines Lebens macht. Und dessen Impfstoff einer von denen sein soll, die nach den Plänen der CDU verpflichtend und mit direktem oder indirektem Zwang jedermann in Deutschland in die Blutbahn verspritzt werden soll. Das hat mehr als das, was man in Süddeutschland ein ‚Geschmäckle‘ nennt. Es ist ein handfester Skandal. Der die Schlagzeilen beherrschen müsste in einer funktionierenden Demokratie und Medienlandschaft. Stattdessen: Schweigen in den meisten großen Medien. Hätte es noch eines Belegs bedurft für die Verschmelzung von Politik und Medien und die weitreichende Gleichtaktung des Journalismus – hier ist er. Stellen Sie sich für einen Moment vor, etwas Ähnliches wäre zu Zeiten von Helmut Kohl ruchbar gewesen – der Aufschrei in den Medien hätte alles übertönt.“
Aber nicht nur die SPD und die CDU lassen ihre Parteitage von dem Pharmakonzern und Impfstoff-Hersteller Pfizer unterstützen. Auch die FDP tat das schon 2019, wie abgeordnetenwatch.de dokumentierte.
Mit ‘Geschmäckle‘
Mit der deutschen Telekom und der Post sind Unternehmen unter den Sponsoren der CDU (und nicht nur der), die sich zumindest teilweise im Staatsbesitz befinden. Auch das hat ein „Geschmäckle“. Ebenso wie die Gelder, die die CDU vom Verband der Arzneimittel-Importeure und dem Verband der Tabakwirtschaft bekommen hat. Auch der Apothekerverband, der Bundesverband Windenergie und der Pharmakonzern Organon bezahlen mit für die CDU.
Die CDU selbst hält sich bedeckt. Stellte sie bei früheren Parteitagen noch die Liste der Sponsoren ins Internet, ist diesmal nichts dergleichen zu finden. Auch einen Transparenzhinweis sucht man zumindest via Google vergeblich. Abgeordnetenwatch.de schreibt: „In vielen Fällen kann die Öffentlichkeit nicht nachvollziehen, wie viel Geld über die Standmieten von Lobbyakteur*innen an Parteien fließt. Denn für das Parteisponsoring gibt es keine gesetzlichen Transparenzpflichten. Aufgrund der fehlenden Gesetze müssen die Parteien ihre Sponsoring-Einnahmen nicht veröffentlichen.“ Dabei sind die Summen dem Bericht zufolge durchaus erklecklich: „Für die Parteien kann sich die Vermietung von Ständen lohnen. Beim 70. Parteitag der FDP im April 2019 erzielte die parteieigene Agentur Pro Logo GmbH mit der Vermarktung einen Netto-Gesamterlös von 282.280 Euro.“
Schade, dass die CDU hier nichts von Transparenz hält. Und diese kaum bekannte Form des Lobbyismus eher schamhaft verdeckt. Dass die Partei ausgerechnet in der jetzigen Situation von Biontech-Partner Pfizer Geld annimmt, zeugt von einer besonderen politischen Instinktlosigkeit. Genauso wie es für sich spricht, dass eine Google-Suche nach dem Pfizer-Sponsoring für die Partei keine einzige Fundstelle in den großen deutschen Medien bringt. Dabei wären Berichte über solche Interessenskonflikte und solchen Lobbyismus ihre ureigene Aufgabe. Aber unsere großen Medien werden ja indirekt via Zwangsgebühren und Werbegelder vom Staat finanziert. Kein Wunder, dass sie weniger die Regierung und die Parteien im Auftrag der Bürger kontrollieren, als dass sie vielmehr die Bürger kontrollieren, damit sie keinen Unmut gegen Regierung und Parteien entwickeln.
Bild: Electric Egg/ShutterstockText: br