Scholz erklärt durch die Blume, dass er auf die Verfassung pfeift Übersetzung aus dem Kanzlersprech in Klartext

Ich fürchte, man muss in einem sozialistischen oder postsozialistischen Staat gelebt haben, um die „Dialektik“ zu verstehen, die jetzt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an den Tag legt. Vielleicht reicht auch generell Erfahrung in einem autoritären Staat, das kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls ist es eine sorgsam in einen demokratischen Schafspelz gehüllte Unverfrorenheit, die sich der Regierungschef jetzt auf Twitter erlaubte. Dort tweetete er nämlich folgendes: “Friedlich seine Meinung zu äußern, das ist eines der wichtigsten Rechte unserer Demokratie. Wenn Kundgebungen von Extremisten, Querdenkern und Verfassungsfeinden gekapert werden, nehmen wir das nicht hin. Denn unsere Demokratie ist wehrhaft. #GdPBundeskongress2022”.

Wer in einem demokratischen Staat aufgewachsen ist und die letzten Jahre nicht sonderlich wachsam war, wird da sicherlich mit dem Kopf nicken. Denn wer würde bezweifeln, dass die Meinungsfreiheit eines der wichtigsten Rechte unserer Demokratie ist? Hat Scholz hier nicht etwas Richtiges gesagt? Formell ja, aber er hat es mit einer politischen Giftpille versehen, die es ad absurdum führt.

In Zeiten, in denen die Menschen aus der bürgerlichen Mitte zu „Extremisten“ und „Verfassungsfeinden“ umdeklariert werden, ist die Aussage eine Verhöhnung unserer Verfassung und demokratischer Grundsätze. Ebenso verhält es sich mit der Umdeutung des Begriffs „Querdenker“: Sie sind eigentlich eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine demokratische Gesellschaft. Heute werden mit diesem Ausdruck alle diffamiert, ja kriminalisiert, die deutliche Kritik an den Corona-Maßnahmen üben.

Gefälligst den Mund halten!

Ich übersetze die Scholz-Aussage in Klartext – und in das, was gemeint ist: Diejenigen, die unserer Meinung sind, haben Meinungsfreiheit und dürfen auch demonstrieren (etwa Klima-Aktivisten oder Rotgrüne). Aber diejenigen, die eine andere Meinung haben als wir, haben gefälligst den Mund zu halten. Und Zuhause zu bleiben. Sonst werden sie niedergeknüppelt. Und aus der Gesellschaft ausgeschlossen.

Ich wähle bewusst das Wort „niedergeknüppelt“ in meiner „Übersetzung“, weil die Aussage ja für den Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei bestimmt ist.

Wer schützt unser Grundgesetz vor den Verfassungsfeinden, die sich heute in höchsten Ämtern festgesetzt haben und die Grundrechte mit Füßen treten? Die unsere Freiheit Schritt für Schritt abschaffen. Die eines der wichtigsten Grundrechte, das Demonstrationsrecht, delegitimieren. Und die sich dann zynisch hinstellen und diejenigen, die diese Freiheitsbeschneidungen offen ansprechen und sich gegen sie wehren, zu Staatsfeinden erklären.

Wer die sozialistischen Staaten oder ihre Nachfolger erlebt hat, erkennt den Zynismus der finsteren Zeiten wieder. Vielleicht hat die frühere Sympathie von Scholz für die DDR tiefere Spuren hinterlassen, als viele annehmen. Es wird höchste Zeit, dass auch die Glücklichen, denen diese Erfahrung erspart blieb, aufwachen, diesen Zynismus erkennen und sich dagegen wehren.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!


Bild: IMAGO/Bernd Elmenthaler
Text: br

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