Von Daniel Weinmann
Entscheidet die Bundesregierung, was wahr und falsch ist? Was klingt wie eine finstere Verschwörungstheorie ist hierzulande eine traurige Tatsache. Im September tauchte ein geleaktes Dokument der Bundesregierung auf, das auf zehn Seiten offenbart, wie die Ampelkoalition auf wichtige Medien einwirkt, um die Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine zu beeinflussen.
Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Götz Frömming, wollte die Echtheit des Papiers verifizieren und stellte Anfang Oktober eine schriftliche Anfrage an die Bundesregierung: „Kann die Bundesregierung die Echtheit des durch einen Whistleblower in die Öffentlichkeit gelangten Dokuments mit dem Titel ‚Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR‘ bestätigen oder dementieren?“
Die knappe Antwort des Innenministeriums vor wenigen Tagen gleicht einem Offenbarungseid: „Die Gesamtübersicht ‚Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR‘ wurde von der Bundesregierung erstellt.“ Die Begründung zeigt, wie vertrauenswürdig die hiesigen Medien im besten Deutschland aller Zeiten wirklich sind: Laut Innenministerium soll das Dokument „einen gemeinsamen Informationsstand über die Maßnahmen gewährleisten, die von den Ressorts und Behörden ergriffen wurden, um der gezielten Verbreitung von falschen oder irreführenden Informationen insbesondere im Kontext von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine entgegenzuwirken“.
»Presse und Medien dürfen in einer Demokratie nicht vom Staat gelenkt werden«
Einfacher ausgedrückt bedeutet dies: Die Regierung entscheidet, was wahr und falsch ist. Mehr noch: Sie trifft sich offenbar hinter den Kulissen mit reichweitenstarken Medien wie dem Spiegel, Tagesspiegel und Stern (die in dem geleakten Dokument genannt werden), um zu bestimmen, was Desinformation im Zusammenhang mit Ukraine und Russland ist. Die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit der Medien werden mit Füßen getreten und das Vertrauen zerstört.
„Die in diesem Dossier beschriebenen Maßnahmen lassen darauf schließen, dass die Bundesregierung offenbar versucht, die Berichterstattung und öffentliche Meinungsbildung zum Krieg in der Ukraine gezielt und in großem Maßstab zu steuern“, gibt Frömming gegenüber reitschuster.de zu bedenken. Dies sei auch verfassungsrechtlich äußerst problematisch. „Presse und Medien dürfen in einer Demokratie nicht vom Staat gelenkt werden“, so Frömming, „sie sollten unabhängig und frei berichten“.
Gleichschaltung der Medien auch bei der Corona-Berichterstattung?
Gerade dies mache ja den Unterschied zu autoritären Regimen aus. Die berechtigte Kritik an Desinformation und gesteuerter Propaganda anderer Staaten werde unglaubwürdig, wenn die Bundesregierung selbst zu diesen Mitteln greife. „Die Angst muss groß sein, dass die Stimmung zum Krieg in der Ukraine kippen könnte“, vermutet Frömming, „mit diesem ‚Hilfspaket‘ hat die Bundesregierung unserer Demokratie, aber auch der Ukraine, die sich gegen die russische Okkupation wehrt, einen Bärendienst erwiesen. Man darf darauf wetten, dass Putin bei einer seiner nächsten Reden genüsslich aus diesem Geheimpapier zitieren wird.“
Die AfD-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung auf, alle in diesem Dokument beschriebenen Aktivitäten unverzüglich einzustellen. Zudem müsse das Parlament den gesamten Komplex aufklären. „Wir werden prüfen, ob ein Untersuchungsausschuss das dafür geeignete Instrument ist“, kündigte Frömming gegenüber Reitschuster.de an.
Fragt sich, in welchen Bereichen die Bundesregierung ebenso verfährt. Vieles spricht dafür, dass Berlin ebenso die Corona-Berichterstattung im direkten Kontakt mit den Medien auf Linie gebracht hat, auch wenn handfeste Beweise – noch – fehlen.
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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
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