Kaum etwas dürfte die entgegengesetzten politischen Richtungen, in die sich Deutschland und Italien entwickeln, besser veranschaulichen als zwei Nachrichten, die dieser Tage die Runde machen. Auf der einen Seite will die Wahlsiegerin in Rom, Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die bisher in Italien geltende Bargeld-Obergrenze von 2.000 auf 10.000 Euro anheben. Bisher durften in der Republik nur noch maximal 2.000 Euro in Bargeld bezahlt werden . Melonis Vorgänger Mario Draghi, der frühere Goldman-Sachs-Banker, wollte die Grenze zum Jahreswechsel gar auf 1.000 Euro senken.
Deutschland, wo es bisher gar keine Bargeld-Obergrenze gab, will nun den umgekehrten Weg gehen. Wenn es nach Innenministerin Nancy Faeser geht, wird bald eine Obergrenze eingeführt. Witzigerweise soll diese bei 10.000 Euro liegen – also genau der Summe, die Meloni einführen möchte. Nur, dass dies für Italien eine Erleichterung darstellt – für Deutschland dagegen eine Verschärfung.
„Ich setze mich für die Einführung einer allgemeinen Bargeldobergrenze von 10.000 Euro ein. Das verringert die Gefahr, dass Vermögenswerte von Kriminellen verschleiert werden“, sagte die Sozialdemokratin der „Bild am Sonntag“. Wenn sie sich durchsetzt, müssen künftig alle Geschäfte mit einem Wert von mehr als 10.000 Euro elektronisch und damit für die Behörden überprüfbar gehandhabt werden. Offiziell ist die Begründung, dass damit die Legalisierung von illegal erworbenem Geld erschwert werde – also die Geldwäsche.
Die EU-Kommission hat schon im Sommer 2021 eine solche Obergrenze von 10.000 Euro vorgeschlagen. In Frankreich gibt es sie bereits ebenso wie in Italien.
Kritiker sehen in der Neuregelung einen weiteren Schritt hin zur Abschaffung des Bargelds und zur Schaffung des gläsernen Bürgers. Bargeld ist immer auch Freiheit. Mit der Einschränkung seiner Nutzung wird Freiheit beschränkt. Fast alle Einschränkungen von Freiheit werden mit der Bekämpfung von Kriminalität oder Terrorismus begründet.
Andere Möglichkeiten
Der Hang zur Überregulierung und absoluten Kontrolle ist heute in fast allen Geschäfts- und Lebensbereichen sichtbar. Die 10.000-Euro-Regelung wäre hier einerseits nur ein weiterer Dominostein, der fällt. Andererseits wäre es fatal, diese Entwicklung schweigend hinzunehmen. So wichtig die Bekämpfung von Kriminalität und gerade auch Clan-Kriminalität ist – es gibt dafür genügend Möglichkeiten abseits von Bargeld-Beschränkungen, die der Staat noch ausschöpfen könnte.
Solange die Politik die Clan-Kriminalität nur halbherzig bekämpft, wirkt es fadenscheinig, wenn sie nun ein Bargeld-Verbot ab 10.000 Euro ausgerechnet mit der Kriminalitäts-Bekämpfung rechtfertigt. Der Verdacht, dass es vorrangig um eine weitere Einschränkung unserer aller Freiheit geht, liegt auf der Hand.