Erinnern Sie sich noch an Karl-Theodor zu Guttenberg? Der Verteidigungsminister aus den Reihen der CSU musste 2011 sein Amt niederlegen, weil er bei seiner Doktorarbeit abgeschrieben hatte. In Zeiten, in denen Politiker noch nicht an ihren Amtssesseln klebten wie heute die Klima-Extremisten an den Straßen.
Jetzt kommt heraus: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat 1995 seinen Lebenslauf gefälscht. „Damals ging es um eine Professur in Tübingen und ein Projekt, von dem sich heute nichts mehr finden lässt“, wie die „Welt“ berichtet. In einem Artikel, der – für Lauterbach praktischerweise – hinter einer Bezahlschranke steht.
Wetten, dass Lauterbach anders als Guttenberg deswegen nicht wird zurücktreten müssen? Und dass die großen Medien, die damals aus allen Rohren gegen Guttenberg feuerten, diesmal mit angezogener Handbremse berichten werden?
Zum Sachverhalt: „Als die Tübinger Eberhard-Karls-Universität im Herbst 1995 die C4-Professur ‚Gesundheitssystemforschung‘ ausschreibt, ist Karl Lauterbach 32 Jahre alt“, wie die „Welt“ ausführt: „Er hat gerade seinen Aufenthalt in den USA beendet, in der Tasche den ‚Doctor of Science‘ der Harvard School of Public Health. Der aufstrebende Wissenschaftler verschenkt keine Zeit, am 10. Dezember schickt er eine Bewerbung für die Professur nach Tübingen.“
Zwei Millionen D-Mark
Die Akten aus dem Berufungsverfahren von damals sind im Universitätsarchiv einsehbar. Und wenn Deutschlands politische Klasse inzwischen nicht losgelöst wäre von Verantwortung, könnten sie ein großes Problem sein für den Minister. Seine Bewerbung „lässt sich mit seiner tatsächlichen Laufbahn nicht in Einklang bringen“, wie die „Welt“ schreibt. Demnach überzeugte vor allem ein Passus in der Bewerbung die Berufungskommission: „Laufende Forschungsprojekte (Drittmittelförderung, Auswahl)“. Drei Beispiele nannte Lauterbach dem Blatt zufolge, eines davon: „Qualitätssicherung in der Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms durch das Tumorzentrum Aachen e. V., Studienleiter. Gefördert durch das Bundesgesundheitsministerium (2 Mill. DM).“
Bei einer persönlichen Vorsprache soll Lauterbach nachgelegt haben, wie das Blatt schreibt: „In einem Protokoll heißt es, der Bewerber habe angegeben, ‚einen beträchtlichen Teil‘ seiner eingeworbenen Drittmittel nach Tübingen transferieren zu können – ein dickes Plus für Lauterbach im Bewerbungsverfahren, denn die finanzielle Lage der Uni war prekär.“
Das Gesundheitsministerium musste auf Anfrage der „Welt“ aber eingestehen, dass ein Projekt mit diesem Namen gar nicht bekannt sei. Auch im Bundesarchiv fanden die Kollegen keine Dokumentation dazu. Der Verleger Thomas Kubo hatte dem Bericht zufolge bereits monatelang nach Belegen gesucht und war nicht fündig geworden; darüber schrieb er jüngst im Blog „Hintergrund“.
In der Bewerbung hatte Lauterbach laut „Welt“ das Tumorzentrum Aachen als Studienstandort angegeben. Dessen Ärztliche Leiterin Angela Spelsberg, damals mit Lauterbach verheiratet, erklärte gegenüber der Zeitung jedoch, zu einem Projekt mit dieser Beschreibung gäbe es keinerlei Unterlagen. Spelsberg verwies stattdessen auf eine 2002 erschienene, vom Gesundheitsministerium geförderte Brustkrebs-Studie zu Krebsdaten in Aachen. „Als Autoren werden sechs Personen aufgeführt – Karl Lauterbach ist nicht darunter“, schreibt die „Welt“: „Und dann ist da noch ein Buch, das in der Berliner Stadtbibliothek lagert – mit exakt dem Titel, den Lauterbach in seiner Bewerbung angegeben hatte. Die Danksagung richtet sich an ‚600 Kollegen, Mitarbeiter und Helfer‘“.
Zu Stillschweigen geraten
Auch hier wird Lauterbach dem Bericht zufolge nicht einmal als Autor erwähnt. Dabei gab er doch an, „Studienleiter“ gewesen zu sein. „Als eben jener wird Christian Mittermayer aufgeführt, damals Direktor des Instituts für Pathologie der RWTH Aachen“, so die „Welt“. Am Telefon sagte Mittermayer der Zeitung, „an Lauterbach erinnere er sich noch gut. In Bezug auf dessen Bewerbung in Tübingen möchte er allerdings Stillschweigen bewahren. Dazu habe man ihm geraten.“
Wer genau diesen Rat gab, verrät der damalige Direktor nicht – und die „Welt“ hakte offenbar leider auch nicht nach. Zur Zeit der Bewerbung gab sich Mittermayer nicht so wortkarg. In einer schriftlichen Einschätzung zum Bewerber Lauterbach schrieb er laut „Welt“ an den Dekan der Uni Tübingen, der heutige Minister „habe am Institut für Pathologie eine halbe Assistentenstelle innegehabt, ‚um ein Forschungsprojekt über Mammakarzinome zu bearbeiten‘“. Das heißt: Entgegen seiner Beteuerung war er eben nicht Leiter einer solchen Studie, sondern wirkte lediglich als Assistent mit.
Auch zu den angeblichen zwei Millionen D-Mark an möglichen Drittmitteln wollte Mittermayer der „Welt“ nichts sagen – außer einer eher lapidaren Auskunft: „Ich war damals in Aachen berühmt dafür, der King of Drittmittel zu sein.“
Nicht rekonstruierbar
Die „Welt“ schickte jetzt noch einmal detaillierte Fragen an Lauterbachs Sprecher Hanno Kautz. Unter anderem wollte das Blatt wissen: „Um welche Studie geht es? Wer waren die Co-Autoren? Von wem und wann wurde ein Antrag auf Förderung gestellt? Wann wurde der Förderung stattgegeben? Wann floss das Geld?“ Die Antwort des Lauterbach-Sprechers und früheren Bild-Journalisten, mit dem ich oft in der Bundespressekonferenz aneinandergeraten bin: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass nach mehr als einem viertel Jahrhundert die Details zu den von Ihnen erwähnten Studien nicht rekonstruiert werden können.“
Kautz verwies die „Welt“ auf einen Vortrag Lauterbachs zu Mammakarzinomen im Jahr 1997. „Wurden dafür zwei Millionen D-Mark gezahlt? Habe ich das gesagt?“, erwiderte Kautz dem Blatt schriftlich. Die Bitte um ein Gespräch mit dem Minister wies sein Sprecher zurück. Auch direkt an ihn gerichtete Fragen wollte Lauterbach nicht beantworten, wie das Blatt schreibt.
Dem Bericht zufolge ist auch eine zweite Behauptung zu Drittmitteln in der Bewerbung offenbar unrichtig. Lauterbach schrieb demzufolge: „Cost-Containment and the Diffusion of new Technology in Health Care“, Studienmitleitung. Gefördert durch die Robert Wood Johnson Foundation, Princeton, USA. (100,000 US$).“ Studienleiter Alan B.Cohen teilte der „Welt“ mit, er selbst habe die 100.000 Dollar beschafft: „Karl war nicht an der Beschaffung der Förderung beteiligt.“ Der Minister habe lediglich „bei der Konzeption und der Analyse der frühen Projektphasen ‚geholfen‘.
‚Noch im Druck‘
Doch damit nicht genug. Auch bei der zugesagten Förderung für ein Buchprojekt soll Lauterbach geflunkert haben. In den Bewerbungsunterlagen gab er laut „Welt“ an: „Ethik und Ökonomie im Gesundheitssystem. Buchautor. Gefördert durch die Robert-Bosch-Stiftung, Stuttgart. (20.000 DM).“ Auf Anfrage teilte die Stiftung der „Welt“ nun mit, „man habe Lauterbach die Förderung zwar zugesagt, das Geld sei aber am Ende doch nicht geflossen. Der Grund: Das Buch wurde nicht fertiggestellt.“ Unschärfen gibt es dem Bericht zufolge auch in Lauterbachs angeblicher Publikationsliste: „Alle Bücher waren zum Zeitpunkt der Bewerbung noch nicht erschienen. Und auch viele der aufgeführten von ihm verfassten Fachbeiträge befanden sich angeblich noch ‚im Druck‘.“
Was die Berufungskommission von all dem wusste, ist laut „Welt“ unklar. Klar ist demnach nur, dass sie Lauterbach unbedingt den Posten geben wollten. Doch er selbst lehnte im April 1998 den Ruf ab. Er ging einen anderen Weg: „Mit den Offerten aus Tübingen und einer weiteren aus Greifswald in der Tasche bewarb sich Lauterbach auf eine Stelle an der Kölner Universität“, schreibt die „Welt“. Die lehnte eine Bitte um Einsicht in die Unterlagen ab – sodass unklar ist, ob er auch dort flunkerte. Fakt ist: Die „Rufe der beiden anderen Universitäten zeigten jedenfalls Wirkung: Fünf Wochen nach der Absage in Tübingen stieg Lauterbach in Köln als C4-Professor für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie ein“, wie die „Welt“ schreibt.
Auf die Frage der „Welt“, ob die Berufungskommission Lauterbachs Angaben überprüft habe, antwortet die Uni Tübingen, „es sei ‚obligatorisch‘, dass alle Bewerber einer ‚Wahrheitspflicht unterliegen, von deren Einhaltung ausgegangen werden darf‘. Der Verleger Kubo hat dem Bericht zufolge die Ombudsmänner der Universitäten Köln und Tübingen um eine Untersuchung der Vorwürfe gegen den Minister gebeten. „Wie der Stand der Dinge ist, ist unklar“, schreibt die „Welt“: „Die Unis teilten mit, derartige Verfahren seien ‚streng vertraulich‘.“
Nur ein Wirrwarr?
Vergleiche mit früheren Verfehlungen von Ministern und Rücktritten zieht die „Welt“ leider nicht. Allein das, was bekannt ist, wäre früher ein riesiger Skandal gewesen und hätte mit Sicherheit dazu geführt, dass ein Minister massiv im Rampenlicht der Medien und in der Kritik steht, und mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre auch ein Rücktritt im Gespräch gewesen. Googelt man im Deutschland des Jahres 2022 „Lauterbach“ und „Universität“ Tübingen, kommt außer dem „Welt“-Bericht nur eine andere Fundstelle: Ein Bericht des Focus mit dem beschönigenden Titel: „Tübingen: Nach 28 Jahren kommt Wirrwarr in Lauterbachs Lebenslauf ans Licht“.
Dieses Schweigen der großen Medien, wenn es um Verfehlungen von rot-grünen Regierungsmitgliedern gilt, hat schon etwas von Omerta. Es zeigt, wie weit ein Großteil der Medien seine Aufgabe als Kontrollinstanz der Mächtigen und vierte Macht verraten hat. Statt im Auftrag der Bürger die Regierung zu kontrollieren, versuchen sie, im Auftrag der Regierung die Bürger zu kontrollieren, zu erziehen und zu steuern.
Ausschreibung zur Fahndung durch die Polizei, Kontenkündigungen, Ausschluss aus der Bundespressekonferenz: Wer in Deutschland kritisch berichtet, sieht sich Psychoterror ausgesetzt. Und braucht für den Spott der rot-grünen Kultur-Krieger nicht zu sorgen. Ich mache trotzdem weiter. Auch, weil ich glaube, dass ich Ihnen das schuldig bin. Entscheidend fürs Weitermachen ist Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, trotz der ganzen Schikanen weiterzumachen! Ganz, ganz herzlichen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung, und sei es nur eine symbolische!
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Der „Great Reset“ – was wirklich dahinter steckt und warum der „große Umbau“ so brandgefährlich ist: