Von Kai Rebmann
Ist es nur Zufall oder beweist die Zeitgeschichte hier einen besonders feinen Sinn für Humor? Gerade als die Tagesschau im Begriff war, der Tilgung des Begriffs „Mutter“ – oder vielmehr des entsprechenden Titels – aus dem deutschen Sprachschatz Vorschub zu leisten, lässt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aufhorchen. In Straßburg wurde jetzt klargestellt, und das gleich in zwei voneinander unabhängigen Fällen, dass es sich bei den Vater- und Mutterrollen eben doch um weit mehr handelt als nur ein soziales Konstrukt.
Geklagt hatten je ein Trans-Mann und eine Trans-Frau, die in den Geburtsurkunden ihrer Kinder eine Eintragung gemäß ihres selbst gewählten Geschlechts erreichen wollten. Der Trans-Mann, der eigentlich eine Frau ist, wollte also Vater sein, während die als Mann geborene Trans-Frau als Mutter durchzugehen wünschte. Beiden Ansinnen erteilten die Richter in Straßburg jedoch eine Absage und bestätigten damit frühere Urteile des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesgerichtshofs.
Trans-Mann darf kein Vater sein
Die Geschichte des ersten Falls begann bereits im Jahr 2011. Damals hatte das Amtsgericht Berlin-Schöneberg den heutigen Kläger als Mann erkannt. Weil die gebürtige Frau daraufhin ihre Hormonbehandlung aber wieder abgesetzt hatte, wurde sie wieder fruchtbar, sprich gebärfähig. Im Jahr 2013 brachte der Trans-Mann dann ein Kind zur Welt, welches mittels einer Samenspende gezeugt worden war.
Entgegen seinem Antrag, dafür aber den biologischen Fakten entsprechend, wurde der Kläger vom Amtsgericht als Mutter eingetragen, und zwar unter dem Namen, den er als Frau getragen hatte. Beides, sowohl der Eintrag an sich als auch der Eintrag des Namens, wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt. Die damalige Begründung: Mutter eines Kindes ist diejenige Person, die das Kind geboren hat.
Der Bundesgerichtshof stellte unmissverständlich klar, dass Vater und Mutter mehr sind als nur ein soziales Konstrukt. Darüber hinaus lasse sich aus dem Grundgesetz keinerlei Verpflichtung zur Schaffung eines „geschlechtsneutralen Abstammungsrechts“ schaffen, weshalb die Verbindung zwischen der Fortpflanzungsfunktion und dem Geschlecht allein auf biologischen Tatsachen beruhe. Auch eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 blieb letztlich ebenso erfolglos wie jetzt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Trans-Frau darf keine Mutter sein
Den nächsten Tiefschlag für die Einhorn-Fraktion gab es mit dem zweiten Urteil zu einem ähnlich gelagerten Fall. Unter umgekehrten Vorzeichen wollte nun eine als Mann geborene Trans-Frau als Mutter tituliert werden. Doch Straßburg blieb seiner Linie treu und wies auch diese Klage ab. Die logische und folgerichtige Begründung: Da sie das Kind nicht geboren hat, kann die Klägerin auch nicht als Mutter eingetragen werden.
Genauso hatte das im Jahr 2015 auch ein Standesamt in Berlin gesehen, weshalb die Trans-Frau als Vater eingetragen wurde, weil – und auch das ist schlüssig – das Kind durch „ihren Samen“ gezeugt worden ist. Als Mutter wurde hingegen die Person eingetragen, die das Kind zur Welt gebracht hat, weshalb beide – Mutter und Vater – in Straßburg als gemeinsame Kläger auftraten.
Wie im erstgenannten Fall hatte das Standesamt auch hier den ursprünglichen Namen des Vaters eingetragen. Die Berliner Behörden hatten sich dabei auf ihre Rechtsauslegung berufen, wonach auch dann der Geburtsvorname einzutragen ist, wenn das Kind nach einer Geschlechtsumwandlung gezeugt worden ist, was hier offenbar der Fall war. Der Bundesgerichtshof hat das Vorgehen bzw. die Einschätzung des Berliner Standesamtes im Jahr 2017 bestätigt.
Deutsche Rechtsprechung damals und heute
Die Richter in Straßburg zogen als Grundlage ihrer Entscheidungen neben dem deutschen Recht, konkret dem Bürgerlichen Gesetzbuch, auch EU-Recht heran. In beiden Fällen konnte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weder eine schwerwiegende Diskriminierung noch einen Verstoß gegen geltendes Recht feststellen.
Aber: Die Richtersprüche auf Bundesebene stammen aus den Jahren 2017 bzw. 2018, was aus heutiger Sicht fast wie eine Ewigkeit her wirkt. Angesichts der Erfahrungen der vergangenen zwei bis drei Jahre sollte sich niemand zu sicher sein, dass die höchsten Instanzen der deutschen Gerichtbarkeit heute wieder so entscheiden würden. Die Rechtsgrundlagen haben sich seither zwar nicht großartig geändert, sehr wohl aber die Gesinnung des hohen Hauses in Karlsruhe.
Nach dem, was ich erlebt habe, und meiner Operation, muss ich meine Arbeit deutlich ruhiger angehen und mich schonen. Dazu haben mich die Ärzte eindringlich aufgefordert. Und ich glaube, das bin ich meinen Nächsten, meinem Team und auch Ihnen schuldig. Wir wollen ja noch eine Weile etwas voneinander haben! Und nach drei Jahren mit Vollgas und an vorderster Front hat der Motor etwas Schonung verdient. Umso mehr bin ich Ihnen dankbar für Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, weiterzumachen! Und sie gibt mir die Sicherheit, mich auch ein wenig zurücklehnen zu können zur Genesung. Auf dass wir noch ein langes Miteinander vor uns haben! Ganz, ganz herzlichen Dank!
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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