Von Daniel Weinmann
Deutschland, im Jahr 2010 vom britischen „Economist“ noch als „europäisches Powerhouse“ bezeichnet, rutscht in Sachen Wirtschaft immer weiter ab. Der Abstieg lässt sich längst nicht mehr als Verschwörungstheorie wegdiffamieren. „Heute wissen alle, dass der gleichzeitige Ausstieg aus Kernkraft und Kohle, kombiniert mit einer halbherzigen Energiewende und einer blauäugig immer weiter verstärkten Abhängigkeit von russischen Energielieferungen, ein toxisches Gemisch gewesen ist“, schrieb etwa Matthias Zachert, Chef des Spezialchemie-Konzerns Lanxess, in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“.
Düster blickt auch die Deutsche Bank in die Zukunft: „Wenn wir in etwa zehn Jahren auf die gegenwärtige Energiekrise zurückblicken werden, könnten wir diese Zeit als Ausgangspunkt für eine beschleunigte Deindustrialisierung in Deutschland betrachten“, prognostizierten die Ökonomen schon im vergangenen Oktober.
Nun legt der Präsident des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) nach, der vorgestern zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz die Hannover Messe eröffnet hat. „Die bedenklichen Signale nehmen stetig zu in Deutschland“, sagte Gunther Kegel gegenüber der „Welt“. „Es werden kaum neue Fabriken gebaut, in bestehende wird nicht ausreichend investiert und mit den kriegsbedingt stark gestiegenen Energiepreisen droht nun auch noch ein schneller Abschied vieler Unternehmen aus den energieintensiven Branchen.“ Doch die seien Grundlage und Ausgangspunkt vieler Wertschöpfungsketten, was insbesondere mittelständische Firmen in Not bringe.
Kräfte, die einzelne Industriezweige extra kaputtgehen lassen wollen
Dies ist aber nur ein Teil der Misere. Denn laut Kegel schmilzt der Anteil der Industrie an der deutschen Wirtschaftsleistung schon seit Jahren in bedenklichem Ausmaß. „Mittlerweile sind wir bei rund 20 Prozent, vor der Finanzkrise 2008 waren es noch 25 Prozent. Und dieser Trend kann sich sogar beschleunigen – wenn wir in Deutschland keine aktive Industriepolitik machen, sondern einfach nur hoffen, dass sich alles irgendwie von selbst regelt.“
Da dies aber nicht passiert, drohen der Bundesrepublik nach Ansicht des ZVEI-Präsidenten massive Wohlstandsverluste. „Denn verloren gehen Industriearbeitsplätze und damit besonders gut bezahlte, sozialversicherungspflichtige Jobs“, unterstreicht Kegel.
Zwar sehen nach seinem Eindruck große Teile der Politik den Ernst der Lage. Das Problem sei jedoch, dass es Kräfte gebe, die sich darüber sogar freuen und einzelne Industriezweige extra kaputtgehen lassen wollen, um etwas Neues zu schaffen und die zweifellos nötige Transformation in Richtung Klimaneutralität in einer kaum zu schaffenden Art und Weise beschleunigen wollen. „Das sind ideologische Weltenretter, die aller Welt zeigen und vormachen wollen, wie die Industrie in Zukunft auszusehen hat“, wettert Kegel mit Blick auf die Grünen. „Viele Länder gucken völlig verstört auf uns und wundern sich, wie und warum man die eigene Industrie sehenden Auges dermaßen an die Wand fährt.“
„Wir regulieren uns immer noch zu Tode“, moniert der Elektrotechniker. „Was wir brauchen, ist aber weniger Regulierung durch Vorgaben und Gesetze und auch weniger Bürokratie und Dokumentationspflichten, sondern stattdessen mehr Offenheit für Menschen, die etwas bewegen wollen.“ Die Zeit drängt, so Kegel. Denn die Industrie brauche für ihre Zukunftsplanungen verlässliche Prognosen, auch und vor allem zur Verfügbarkeit und den Kosten von Energie. „Sonst wandern die Unternehmen dorthin ab, wo die Rahmenbedingungen besser sind.“
Der Kanzler lebt in seiner eigenen Traumwelt
Ampel-Chef Scholz ordnet die Lage diametral anders ein. Passend zu seinem mangelnden wirtschaftspolitischen Weitblick sieht er in der Umgestaltung der Wirtschaft „eine riesige Chance für unser Land“. Die Transformation hin zur Klimaneutralität sei ein großer Treiber für Beschäftigung und Wachstum.
Wie sich Scholz die Wirklichkeit schönredet, zeigt auch diese Einlassung. Damit aus der Transformation ein großer Aufschwung werde, brauche das Land Fachkräfte. Deshalb sei im Kabinett die umfassendste Reform zur Fachkräftesicherung auf den Weg gebracht worden, die es in Deutschland je gegeben habe, so der SPD-Politiker.
Es gelte, das inländische Potenzial voll auszuschöpfen und für ausländische Fachkräfte die Einwanderung zu erleichtern. Dass sich die Bundesrepublik derzeit im Attraktivitätsranking der OECD-Länder für hochqualifizierte Führungskräfte nur auf dem 15. Platz findet, scheint Scholz entgangen zu sein.
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