Von Kai Rebmann
Das Klima denkt in sehr langfristigen Zeiträumen, weshalb es nicht nur begrifflich klar vom Wetter zu trennen ist. Und so wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, machen einzelne Wetterereignisse noch lange keinen Klimawandel, jedenfalls nicht zwangsläufig. Ob dieser, wenn er denn gerade mal stattfindet, menschengemacht ist oder nicht – das wäre dann noch einmal eine ganz andere Frage.
Es muss wohl um die Jahrtausendwende gewesen sein, als die gesellschaftliche Diskussion um den Klimawandel an Fahrt aufgenommen hat und was politisch dagegen zu tun sei. Ironischerweise ist es aber just in dieser Zeit – genauer gesagt zwischen 1998 und 2013 – auf der Erde kaum wärmer geworden, zumindest soweit sich das auf die Oberflächentemperatur bezieht.
Dieser Fakt wird bzw. wurde damals auch von kaum jemandem in Abrede gestellt. Trotzdem wird er in der aktuellen Debatte um den Klimawandel entweder schlicht ignoriert oder es müssen reichlich fragwürdige Argumente herhalten, um diese vermeintliche Anomalie zu erklären. In der Fachwelt wird dieses Phänomen auch als „Pause der globalen Erwärmung“ bezeichnet.
Medien und Wissenschaft ohne Maulkorb
Auch wenn es heutzutage wie die Erinnerung aus einer längst vergessenen Zeit anmutet – es gab sie einmal, eine Zeit, in der in Medien und Wissenschaft noch kein Einbahnstraßen-Denken vorherrschte. Und so fragte etwa die FAZ am 1. September 2013 in einer Überschrift: „Warum macht der Klimawandel Pause?“ Schon in der Einleitung seines Artikels machte Andreas Frey damals deutlich, dass diese Pause für Klimaforscher ein echtes Problem darstelle.
Der Kollege schrieb dazu: „Je länger sie dauert, desto unruhiger werden sie. Die Pause wird zum Problem. Seit fünfzehn Jahren ist die Temperatur auf der Erde nicht mehr signifikant gestiegen. Die Erderwärmung stagniert – obwohl die Menschheit noch nie so viel Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen hat, das dort die Abstrahlung langwelliger Wärmeabstrahlung im All behindert. Da fragen sich nicht nur Wissenschaftler: Wie kann das sein?“
Bemerkenswert: Schon vor zehn Jahren stellte Frey fest, dass sich das Gros der Klimaforscher in zwei Lager einteilen lasse. Aber nicht etwa in jene, die für oder gegen den (menschengemachten) Klimawandel argumentieren. Vielmehr gebe es, so der FAZ-Journalist, diejenigen, die das Wort „Pause“ in Anführungszeichen setzten, weil diese angeblich nicht existiere, und eben jene, die die Pause sehr wohl zur Kenntnis nähmen – darin aber „ein ernstzunehmendes Problem“ sähen.
Weil sie eben den sorgfältig berechneten Computer-Modellen widersprach, die bis zum Jahr 2100 eine im Durchschnitt um bis zu vier Grad erwärmte Erde prognostizieren. Problem: Im besagten Zeitraum, also zwischen 1998 und 2013, betrug der Anstieg der Temperatur aber gerade einmal 0,06 Grad. Viel zu wenig für einen gepflegten Alarmismus über die nahende Klima-Katastrophe. Und so konnte der Klimastatistiker Hans von Storch konstatieren, dass „irgendwo in den Modellen“ etwas fehlen müsse. Oder anders ausgedrückt: „Die Klimaforschung steht vor einem Rätsel.“
Können ‚natürliche Schwankungen‘ 15 Jahre dauern?
Natürlich, das war anno 2013 anscheinend auch bei der FAZ noch üblich, kam auch die Gegenseite zu Wort. Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf gehörte zumindest damals offensichtlich zum Lager derer, die von einer „Pause“ des Klimawandels sprachen. Er versuchte dieses Phänomen mit „La Niña“ zu erklären, der kleinen Schwester bzw. dem Gegenteil von „El Niño“. „La Niña“ habe das Muster der Meerestemperaturen im Pazifik durcheinander gebracht und so das Wetter verändert.
Ja, das Wetter, so steht es in besagtem FAZ-Artikel, obwohl das bei der Erklärung eines langjährigen Phänomens zumindest merkwürdig klingt. Jedenfalls habe „La Niña“, so der Klimaforscher, die äquatorialen Passatwinde angefacht und damit zu einer kalten Phase geführt. Die Folge fasste die FAZ so zusammen: „Der Ozean schluckt die überschüssige Wärme und speichert sie. Das Wasser erwärmt sich also weiter, die Luft hingegen nicht. Erst während der warmen El-Niño-Phase gibt der Ozean die Wärme wieder frei.“
Bemerkenswert auch dieses Argument von Rahmstorf: Im Jahr 1998 sei die Erde durch einen außergewöhnlich starken „El Niño“ aufgeheizt worden, weshalb dieser Startpunkt ein „Ausreißer“ gewesen sei. Deshalb sei der anschließende 15-Jahre-Intervall vielen als Pause vorgekommen.
Der FAZ-Kollege stellte dazu ganz nüchtern fest: „Zum damaligen Zeitpunkt allerdings, und das sagen die Verfechter dieser These nicht, kam dieser Ausreißer gelegen, um die Gefahr des menschengemachten Klimawandels zu untermauern.“ Fakt ist außerdem: Der Beginn der Wetteraufzeichnungen, auf den sich Klima-Alarmisten immer so gerne berufen, erfolgte Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Zeit, als es auf der Erde so kalt war wie in den letzten 10.000 Jahren nicht.
Etwa eineinhalb Jahre später, am 2. Februar 2015, wurde die Pause der globalen Erwärmung mit diesem Artikel zu entkräften versucht. Kritische Wissenschaftler kamen damals aber schon nicht mehr zu Wort. Trotzdem mussten die Autoren einräumen, dass die Entwicklung in den ersten 14 Jahren des 21. Jahrhunderts nicht in die gängigen Klima-Modelle des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) passe, da sich die Erde in dieser Zeit eben nur um die bereits genannten 0,06 Grad aufgeheizt habe.
Den Lesern wurde eine erschreckend einfache Erklärung aufgetischt: „Die momentan stattfindende Erwärmungspause sei also eine völlig natürliche Schwankung, die aus den zufälligen Prozessen im Klimasystem resultiert“, heißt es in dem Artikel unter Berufung auf die Forscher Jochem Marotzke und Piers M. Forster.
Hatte sich Stefan Rahmstorf zumindest noch die Mühe gemacht und dieses Phänomen mit „La-Niña-Ereignissen“ im Pazifik zu erklären versucht, reichten anno 2015 schon Hinweise auf „natürliche Schwankungen“ und „zufällige Prozesse“ als vermeintlicher Beweis aus. In Teufels Küche kommt hingegen, wer etwa bei der Ahr-Flut von einer „natürlichen Schwankung“ oder der vermeintlichen „Rekord-Dürre“ am Gardasee von der Folge eines „zufälligen Prozesses“ spricht. Und überhaupt: Können „natürliche Schwankungen“ über eineinhalb Jahrzehnte hinweg andauern?
Erstaunliches Fazit
Natürlich haben sich Marotzke und Piers andere mögliche Erklärungen „ganz genau“ angeschaut, wie es heißt, insbesondere die Argumente der „Klimaskeptiker“. Und weil die Koryphäen nicht fündig geworden sind, kamen die Autoren zu diesem erstaunlichen Schluss: „Doch die Forscher kamen dabei schnell zu dem Ergebnis, dass keiner dieser physikalischen Gründe eine Erklärung für die große Diskrepanz zwischen Realität und Prognose bietet, sondern dass zufällige natürliche Schwankungen des Klimas dafür verantwortlich sein müssen.“
Ja, so muss es wohl sein – denn etwas Anderes darf ja auch nicht sein, oder? Und ganz so, als ob die Wiederholung eines auf äußerst schwachen Beinen daherkommenden Arguments dessen Aussagekraft stärken könne, heißt es im Fazit des Artikels wenige Zeilen später noch einmal: „Die momentan stattfindende Erwärmungspause ist eine natürliche Schwankung des Klimas und die Prognosen zur globalen Erwärmung, die durch die Modellsimulationen erstellt wurden, sind grundsätzlich richtig.“ Ein Schelm, der bei solchen Worten an ein trotziges Kind denkt.
Noch einfacher macht es sich eine bekannte Enzyklopädie, die unter linksgrüner Fuchtel agiert. Dort erachtet man offenbar schon die bloße Möglichkeit des Entstehens einer freien und unvoreingenommen Debatte über das Thema als gemeine Gefahr für das eigene Narrativ. Schon im ersten Satz des dazugehörigen Eintrags wird die Pause der globalen Erwärmung als „sogenannte Kontroverse“ bezeichnet.
Das lässt sehr tief blicken, zumal die Pause der globalen Erwärmung als solche nicht einmal von Forschern wie Stefan Rahmstorf, Jochem Marotzke oder Piers M. Forster bestritten wird, die grundsätzlich an die Aussagekraft der IPCC-Modelle glauben. Aber auch hier scheint der Grundsatz zu gelten: Was nicht sein darf, kann auch nicht sein!
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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