Grüne Verkehrswende in Gefahr: ÖPNV droht Personalcrash Hälfte der Fahrer geht bis 2030 in Rente

Von Daniel Weinmann

Die Rettung des Klimas braucht die Verkehrswende, lautet das Mantra der rot-grünen Klima-Ideologen. Nachhaltige Mobilität gilt als der heilige Gral gegen die Erderwärmung. „Durch Verlagerung von Verkehren auf den öffentlichen Personenverkehr sowie Rad- und Fußverkehr kann erhebliches Minderungspotenzial von Treibhausgasemissionen gehoben werden“, hieß es bereits vor vier Jahren auf der Website des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr.

Mit der mehr als 130 Maßnahmen umfassenden ÖPNV-Strategie hatte das Kabinett 2021 einen Strategieentwurf beschlossen, wie die Verdoppelung der Fahrgastzahlen im öffentlichen Verkehr bis 2030 gelingen soll. Nach bislang einer Milliarde Euro per annum will Berlin ab 2025 den öffentlichen Nahverkehr mit zwei Milliarden Euro jährlich bezuschussen – obwohl die Finanzierung des ÖPNV grundsätzlich Aufgabe der Länder ist.

Wie eine aktuelle Studie der Management- und Strategieberatung KCW, die im Auftrag der Gewerkschaft ver.di und der Klima-Allianz Deutschland durchgeführt wurde, zeigt, gleicht die Verwirklichung des Projekts einer Quadratur des Kreises. Während demnach nämlich bis 2030 knapp die Hälfte der ÖPNV-Beschäftigten der Kommunen in Rente geht oder ihren Beruf wechselt, fehlen bis dahin allein 63.000 Fachkräfte, wenn der aktuelle Status quo gehalten werden soll. „Die Branche hat massive Probleme, Stellen zu besetzen, die Fluktuation der Beschäftigten ist überdurchschnittlich hoch und bald gehen geburtenstarke Jahrgänge in Rente“, mahnen ver.di und die Klima-Allianz Deutschland.

„Die Zeit des Lohndumpings muss endlich vorbei sein!“

Für das hehre Ziel der Verkehrsminister der Länder, die Fahrgastkilometer im ÖPNV bis 2030 verglichen mit dem Niveau von 2010 zu verdoppeln, wären laut KCW weitere 87.000 Fachkräfte vonnöten. Ein äußerst kostspieliger Spaß, wenn man sich vor Augen hält, dass ver.di Nordrhein-Westfalen die laufenden Tarifverhandlungen im ÖPNV kurz vor der Veröffentlichung der Studienergebnisse für gescheitert erklärt hatte und in einigen anderen Bundesländern ebenfalls über neue Tarifverträge verhandelt wird. Andreas Schackert, Leiter der ver.di-Fachgruppe Busse und Bahnen, fordert daher mehr Geld von Bund und Ländern für die Kommunen: „Die Zeit des Lohndumpings muss endlich vorbei sein.“

Die größte Herausforderung bei Bussen und Bahnen ist laut KCW der demografische Wandel und die hohe Fluktuation aufgrund anspruchsvoller Arbeitsbedingungen. Demnach scheiden bis 2030 fast die Hälfte der Fahrer aus dem Job aus. Das Gros geht in Rente, denn 55 Prozent des Personals sind schon jetzt älter als 50. Zudem, so schreiben die Autoren, suchen sich viele Beschäftigte einen Job in einer anderen Branche.

Als weiteres Problem nennt Gewerkschafter Schackert den hohen Krankenstand im ÖPNV, den er auf durchschnittlich deutlich mehr als zehn Prozent beziffert, in vielen Unternehmen aber auch auf über 20 oder gar 25 Prozent. Sie würden „krank durch die Belastungen, die da sind“, so Schackert. „Man findet überall bessere Arbeitsbedingungen als Busfahrer!“

Garantie des Deutschlandtickets über 2035 hinaus

Wichtig sind laut Schackert – wie könnte es bei einem Arbeitnehmervertreter anders sein – eine Verkürzung der Arbeitszeit, klar geregelte Pausenzeiten und natürlich ein höheres Gehalt – auch mit Blick auf die momentan laufenden Tarifverhandlungen. Laut der KCW-Studie liegt der Finanzierungsbedarf im Personalbereich zwischen 3,7 und 4,4 Milliarden Euro pro Jahr – Geld, das die klammen Kommunen schlicht nicht haben.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stefan Gelbhaar, hält die Verdoppelung laut „Handelsblatt“ trotz aller Bedenken für „weiterhin möglich“. Um das Angebot von Bus und Bahn zu verbessern – so viel Realitätssinn bringt er dann doch mit – seien aber „einige Anstrengungen“ nötig. Das Berufsfeld ÖPNV müsse durch „gute Verdienstmöglichkeiten und gesicherte Kinderbetreuung“ attraktiver gemacht werden, bläst Gelbhaar ins gleiche Horn wie ver.di-Sekretär Schackert.

Zum Forderungskatalog der Klima-Allianz Deutschland und ver.di zählen auch eine Garantie des Deutschlandtickets über 2035 hinaus und ein deutschlandweites Sozialticket für Menschen mit wenig Einkommen. Eine Antwort, wo die dafür nötigen Milliarden herkommen sollen, bleibt offen. Dabei belaufen sich schon die Kosten für das zusätzliche Personal laut Studie auf rund vier Milliarden Euro pro Jahr.

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

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