Von Kai Rebmann
Allein die Tatsache bzw. Feststellung, dass sich Politiker gerne den einen oder anderen Euro nebenher verdienen, ist leider keine bahnbrechende Neuigkeit. Dasselbe gilt wohl auch für den Umstand, dass dies allzu oft hart am Rande der Legalität geschieht und wenn es sein muss auch darüber hinaus. Über fragwürdige Maskendeals in Bayern oder dubiose Schleuserringe im Osten musste reitschuster.de in der Vergangenheit schon mehrfach berichten.
Bei dem jetzt aufgedeckten Schleuser-Skandal handelt es sich dennoch um eine ganz neue Dimension, wie schon das Ausmaß einer zu Beginn der Woche durchgeführten Razzia zeigt. In acht Bundesländern durchsuchten mehr als 1.000 Bundespolizisten und Staatsanwälte Dutzende Wohnungen und Geschäftsräume. Dabei soll es zu mehreren Festnahmen und der Sicherstellung von Bargeld im Wert von rund 1,2 Millionen Euro gekommen sein. Die Ermittler gehen demnach aktuell von mindestens 305 bekannten Fällen und bis zu 58 Beschuldigten aus.
Hauptverdächtiger packt in der U-Haft aus
Hintergrund: Bereits im April 2024 wurden zwei Rechtsanwälte als mutmaßliche Köpfe der Bande verhaftet. Claus B. und Johannes D. sollen die Fahnder aus der U-Haft heraus schließlich auf die Spur mehrerer Komplizen gebracht haben. Das kriminelle Schleuser-Netzwerk erstreckt sich demnach bis in Rathäuser, Landratsämter und weitere Behörden, vorrangig in Nordrhein-Westfalen. So soll unter anderem Tim Kurzbach (SPD), Oberbürgermeister von Solingen, bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf als Beschuldigter geführt werden, auch der Name des Dürener Landrats Wolfgang Spelthahn (CDU) soll dabei gefallen sein.
Das Modell: Über mehrere Jahre hinweg sollen wohlhabende Geschäftsleute aus China, aber auch den Vereinigten Arabischen Emiraten oder dem Oman, nach Deutschland geschleust worden sein. Über eigens gegründete Scheinfirmen sollen sich knapp 150 Nutznießer einen vermeintlich legalen Aufenthaltstitel erschlichen haben. Durch Familiennachzug erhöhte sich die Zahl der letztlich illegal eingeschleusten Chinesen und Araber im fraglichen Zeitraum auf rund 350 Personen.
Der Preis für diese „Dienstleistung“ soll bei bis zu 350.000 Euro gelegen haben. Die „Bild“ zitiert den Hauptbeschuldigten Claus B., der in der Vergangenheit immer wieder öffentlich mit OB Tim Kurzbach aufgetreten ist, mit einem Satz, der in den jetzt aufgedeckten Zusammenhängen frei interpretierbar erscheint: „In Solingen können wir uns auf feste Ansprechpartner und kurze Wege in der Verwaltung verlassen.“ Tatsächlich stehen neben dem Rathaus-Chef auch mehrere Mitarbeiter von verschiedenen Behörden der Stadtverwaltung im Fokus der Ermittlungen.
Zum Kreis der hochrangigen Beschuldigten gehören auch Landrat Wolfgang Spelthahn und zwei weitere Dezernenten im Landratsamt Düren (NRW). Der CDU-Politiker soll zumindest Kenntnis von den offenkundig fingierten Firmenmodellen gehabt haben, dabei aber wohlwollend weggesehen haben. Ein Sprecher der Staatsanwalt Düsseldorf bestätigte, dass gegen den Landrat wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeitermittelt werde. Spelthahn ließ die Vorwürfe über einen Anwalt umgehend zurückweisen.
Wer oder was wurden mit SPD-Parteispenden finanziert?
Haben bei der CDU bisher nur einzelne Personen das Interesse der Ermittler geweckt, könnte die Affäre um mutmaßlichen Menschenhandel die SPD als gesamte Partei erschüttern. So prüft die Staatsanwaltschaft in eben diesem Zusammenhang aktuell zum Beispiel zwei Großspenden eines Familienunternehmens in Höhe insgesamt knapp 20.000 Euro aus den Jahren 2019 und 2020. Das Geld soll dabei auf zwei Raten von jeweils unter 10.000 Euro aufgeteilt worden sein, um so der Meldepflicht zu entgehen. Der Sohn des Unternehmers soll eine bedeutende Rolle innerhalb der Schleuser-Bande spielen.
Ebenfalls brisant: In Jens Bröker gilt der frühere SPD-Geschäftsführer der Unterbezirke Heinsberg und Euskirchen als Verbindungsmann zwischen den zuständigen Schnittstellen innerhalb der Verwaltungen und den beschuldigten Landräten. Heinsberg? War da nicht etwas? Richtig, ausgerechnet dieser Landkreis galt einst als einer der größten Corona-Hotspots in ganz Deutschland. Es muss zwar Spekulation bleiben, erwähnenswert ist das Ganze aber schon, wenn man insbesondere die Herkunft der allermeisten der illegal Eingeschleusten berücksichtigt.
Deutlich greifbarer ist hingegen ein anderer „Zufall“. Die bundesweite Razzia begann am Abend des 10. Juni, also just am Tag nach (!) der EU-Wahl. Und das, obwohl die Ermittlungen in diesem Komplex bereits seit mindestens April 2024 laufen, sehr wahrscheinlich aber sogar schon deutlich länger. Und dann soll es bloßer Zufall sein, dass die Fahnder mit dem Zugriff bis nach einem für die SPD und den gesamten rot-grünen Flügel des Parteienspektrums nicht unwichtigen Datum warten? Beweisen lässt sich auch in dieser Frage nichts, aber hinterfragen kann bzw. muss man den Zeitpunkt der Razzia aber natürlich trotzdem.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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