Staatlich geförderter Ablasshandel fürs Klima – auf Kosten der Steuerzahler Dreiecksbeziehung im Umweltbundesamt

Von Kai Rebmann

Wer regelmäßig im Fernbus, auf dem Schiff oder – Gott bewahre! – vielleicht sogar mit dem Flugzeug verreist, der wird sie kennen: die schon seit einigen Jahren allgegenwärtigen CO₂-Rechner. Mit diesem Instrument soll uns schon bei der Buchung ein schlechtes Gewissen gemacht werden, das wir idealerweise durch die „freiwillige“ Zahlung einer Kompensation beruhigen sollen.

Auf diesen Zug mit dem modernen Ablasshandel fürs Klima ist seit einiger Zeit auch das Umweltbundesamt (UBA) aufgesprungen. Interessierte Bürger können sich auf der Webseite die Größe des CO₂-Fußabdrucks vorrechnen lassen, die der eigene Lebensstil verursacht. Und ehe er sich versieht, landet der geneigte Nutzer auf einer „Projektseite“, auf der er eine Spende in aus der Sicht des Betreibers angemessener Höhe tätigen kann.

Bis vor rund zwei Wochen war beim CO₂-Rechner auf der Seite der Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) unterstellten Behörde noch folgende offensichtlich nur rhetorisch gemeinte Frage zu lesen: „Sie wollen Ihre CO₂-Bilanzen über mehrere Jahre speichern und vergleichen und das Umweltbundesamt bei seiner Forschung unterstützen?“ Denn die Antwort wird sogleich mitgeliefert: „Dann füllen Sie den UBA-CO₂-Rechner direkt auf der Projektseite KliX3 aus und profitieren Sie von zusätzlichen Informationen, Angeboten und Anregungen.“

Kleine Anfrage der Union bringt Stein ins Rollen

Inzwischen ist dieser Hinweis verschwunden, und das dürfte einen guten Grund haben. Aber nicht etwa den, dass Werbung auf den Kanälen einer Bundesbehörde per se schon zumindest höchst fragwürdig erscheint. Nein, die offensichtliche Wahrheit ist für Ministerin Lemke als oberste Dienstherrin noch weitaus problematischer.

Die Löschung erfolgte wohl nicht ganz zufällig nur wenige Tage nach einer von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag eingebrachten Kleine Anfrage zu seltsamen Verknüpfungen zwischen Umweltbundesamt und Klima-Lobbyisten im Zusammenhang mit dem CO₂-Rechner auf der Webseite des UBA.

Hinter der „Projektseite KliX3“ stehen der eingetragene Verein „3 fürs Klima“ sowie ein wirtschaftliches, also auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Unternehmen namens „KlimAktiv gGmbH“. Letztere verkauft über die dem Unternehmen angeschlossene „KlimAktiv Consulting GmbH“ verschiedene Dienstleistungen zum Wohle des Klimaschutzes, unter anderem auch eine für den privatwirtschaftlichen Sektor entwickelte Version eines CO₂-Rechners. Und, wie ganz selbstverständlich, stellt KlimAktiv auch den CO₂-Rechner auf der Seite des Umweltbundesamts zur Verfügung.

An dieser Stelle kommen zwei Namen ins Spiel, die ein ohne schon zumindest fragwürdiges Konstrukt zum handfesten Skandal machen. Michael Billharz ist Sprecher des Vorstands bei „3 fürs Klima e.V.“ und Stephan Schunkert sitzt im Fachbeirat des Vereins. Darüber hinaus ist Billharz aber auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter direkt beim UBA angestellt, während Schunkert sowohl Hauptanteilseigner und Geschäftsführer bei der KlimAktiv gGmbH als auch Alleingesellschafter bei der KlimAktiv Consulting GmbH ist.

Umweltbundesamt wird mehr und mehr zur Skandalbehörde

Mit anderen Worten: Das zur Neutralität verpflichtete Umweltbundesamt wirbt auf Kosten des Steuerzahlers für Spenden an einen angeblichen gemeinnützigen Verein, der bei genauerem Hinsehen aber von Klima-Lobbyisten mit wirtschaftlichen wie ideologischen Interessen getragen wird. Völlig unklar ist ferner, ob die Bereitstellung des CO₂-Rechners für das UBA durch KlimAktiv unentgeltlich geschieht und, falls nein, ob es hierzu eine ordentliche Ausschreibung gegeben hat.

Die „Welt“ zitiert den CDU-Abgeordneten Steffen Bilger wie folgt, wenn auch leider nur hinter der Bezahlschranke: „Das Umweltbundesamt wird mehr und mehr zur Skandalbehörde. Die Bundesregierung muss beim CO₂-Rechner des Umweltbundesamtes dringend für Aufklärung sorgen. Die enge, auch personelle Vernetzung, die es bei diesem Rechner zwischen der Webseite einer obersten Bundesbehörde und dem Lobbyverein ‚3 fürs Klima e.V.‘ gibt, ist inakzeptabel.“ Den Christdemokraten beschleicht zudem das Gefühl, „dass überhöht angesetzte CO₂-Werte zu mehr Spendenaufkommen an den Verein für Klima-Kompensationsmaßnahmen führen sollen.“

Was Bilger damit meint: Neben vielen anderen zumindest umstrittenen Parametern bewertet der CO₂-Rechner zum Beispiel Holz nicht als „klimaneutral“, sondern als „klimaschädlich“. Diese Einstufung hält der CDU-Politiker für „wissenschaftlich nicht haltbar“ und wirft dem UBA mangelnde Transparenz sowie Missachtung der behördlichen Neutralität vor.

Zu den wesentlichen Vorwürfen schweigen sich die Beteiligten aus. Einen Mehrwert hat der umstrittene CO₂-Rechner des UBA dem vermeintlich gemeinnützig agierenden Verein „3 fürs Klima“ aber offenbar nicht gebracht. Laut Michael Billharz, dem für das UBA arbeitenden Vorstandssprecher des Vereins, soll sich das Spendenaufkommen in diesem Jahr auf einem ähnlichen Niveau bewegen wie im Jahr 2023, als 25.000 Euro zusammengekommen sein.

Trotz aller Beteuerungen – und das ist freilich sehr vielsagend – wurde die bisherige „Kooperation“ zwischen den Partnern im Laufe der vergangenen Woche beendet. Billharz erklärt dazu, offensichtlich weniger in der Eigenschaft als UBA-Mitarbeiter und mehr in seiner Funktion als Vereinsvorstand sprechend: „Wir bedauern die einseitige Kündigung der Kooperation durch das UBA, haben aber auch Verständnis für diesen Schritt angesichts des aktuellen Debattenniveaus und hoffen, dass er zur Versachlichung der notwendigen Debatte über das Niveau und die Art und Weise der Holzenergienutzung beiträgt.“

Entlarvender hätten diese Worte wohl kaum gewählt werden können: Anstatt zumindest den Versuch zu unternehmen, die grundsätzliche Problematik hinter einem derartigen Konstrukt zu verstehen, drängt sich der Klima-Lobbyist in die Opferrolle und verheddert sich in der Frage, ob Holz dem Klima nun eher schadet oder nützt.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Shutterstock

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