Diagnose „Klimawandelleugnung“ Alte Methode, neu verpackt: Pathologisierung von Andersdenkenden

"Von Ekaterina Quehl

Was gibt es Komfortableres für eine Gesellschaft, als Andersdenkende als geistige Sonderfälle abzustempeln? Menschen können doch gar nicht bei gesundem Verstand sein, wenn sie menschengemachten Klimawandel, die Sicherheit einer Covid-Impfung oder die Logik von sozialen Konstrukten wie 72 Geschlechter in Frage stellen.

Der sowjetische Dissident Wladimir Bukowski hat den Mechanismus von Pathologisierung von Andersdenkenden in seinen Büchern sehr ausführlich und sehr präzise beschrieben. In der Sowjetunion war es die gängige Methode, Oppositionelle für Geisteskranke zu erklären und in Psychiatrien einzuweisen, wo sie gefoltert und zwangsbehandelt wurden. Die sowjetischen Machthaber schafften es, System-Kritik in eine „medizinische Abweichung“ umzudeklarieren.

Denn „die Existenz von Menschen im Land anzuerkennen, die sich bewusst und vernünftig gegen dessen Regime aussprechen, ist aus der Sicht der sowjetischen Ideologie sehr schwierig“, sagte Bukowski in einem Interview mit Radio Swoboda nach seinem Gefangenenaustausch und Ausweisung aus sowjetischer Haft 1977 in die Schweiz. „Wie kann nach 60 Jahren sozialistischer Herrschaft ein nicht-sozialistisches Bewusstsein entstehen? Die einzige Antwort auf diese Frage ist die Annahme, dass Menschen mit einem solch sonderbaren Bewusstsein schlichtweg geisteskrank sind. Hinzu kommt natürlich der Komfort, den eine solche Lösung den sowjetischen Machthabern bietet. Jemand, der für geisteskrank erklärt wird, wird als Träger einer Ideologie diskreditiert. Man kann ihn sehr leicht loswerden.“ (Übersetzt aus dem Russischen, siehe hier die Originalquelle).

Natürlich liegen zwischen der Sowjetunion und Deutschland Welten. Aber der Mechanismus, Kritik in eine „Abweichung“ umzudeuten, wirkt sehr ähnlich. Wenn hierzulande Kritiker als Leugner umdeklariert werden, ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihren Argumenten überflüssig. Damit wird ihr Protest entwertet und ihr Wort entmachtet.

Im Artikel „Wie Leugner den Klimaschutz ausbremsen“, der neulich im Deutschlandfunk erschien, ist dieser Mechanismus deutlich zu erkennen. Schritt für Schritt werden Menschen, die den „menschengemachten Klimawandel“ und die Maßnahmen der Regierung kritisch hinterfragen, im psychologischen Feld quasi-wissenschaftlich auseinandergenommen.

Im ersten Schritt beschreiben die Autoren klar sichtbare Folgen des Klimawandels und erzeugen gleich am Anfang damit eine Art moralische Spannung. Sie stellen auch die „Klimawandelleugner“ vor, und zwar sehr plakativ.

Im zweiten Schritt beginnt das, was die groteske Manipulation sehr gut veranschaulicht.

„Neben dieser klassischen Form der Klimawandelleugnung haben sich auch subtilere Formen herausgebildet. Dabei wird der Klimawandel als solches nicht mehr angezweifelt, doch dafür wird der eigene Einfluss heruntergespielt – oder Klimaschutzmaßnahmen angegriffen. Dann spricht man von Climate Obstruction oder Klimaschutzverhinderung.“, schreiben die Autoren.

Angst sei der Grund, behauptet Marlis Wullenkord, die im „schwedischen Lund zur Psychologie der Klimawandelleugner“ forscht. Allein, dass man zur „Psychologie der Klimawandelleugner forschen kann“, ist bemerkenswert. Doch dann werden auch die Gründe dieses „psychologischen Phänomens“ genannt: Angst vor Veränderungen, Angst vor Verlust von Eigentum oder Freiheit.

Damit wird die Kritik der „Leugner“ und „Verhinderer“ nicht als rationale Abwägung dargestellt, sondern als emotional gesteuert. An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, ob Klima-Kleber der „Letzten Generation“ und verängstigte Friday-for-Future-Kinder als Musterbeispiel nüchterner Vernunft gelten sollen.

Laut den Artikel-Autoren unterteile sich das „Phänomen der Klimawandelleugnung“ in der Psychologie in drei Arten:

„- Die buchstäbliche Leugnung, in welcher die Existenz des menschengemachten Klimawandels bestritten wird.

– Die interpretative Leugnung, in welcher der Klimawandel zwar anerkannt wird, seine Folgen aber verharmlost werden.

– Die implikatorische Leugnung, die weder den Klimawandel noch dessen Folgen leugnet, aber daraus kein Handeln ableitet, sondern auf angebliche Zukunftstechnologien setzt oder die eigene Verantwortung ignoriert.“

Die Autoren sprechen weiterhin über individuelle (Einzelpersonen) und organisierte Leugnung (Konzerne und Parteien). Zwar nehme die „klassische Leugnung“ aktuell ab (was für ein Zufall), „die Klimaschutzverhinderer dafür aber einen Höhenflug erleben.“, so der im Artikel zitierte Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin Achim Brunnengräber. Diese Bewegung bestehe aus unterschiedlichen Organisationen mit ihren eigenen Zielen.

„Sie alle eint, dass sie wissenschaftliche Erkenntnisse ablehnen oder verdrehen und sich gegen die Transformation der Wirtschaft wenden.“ Die „organisierten Leugner“ werden von „libertären Thinktanks angetrieben“, haben Verbindungen zu einflussreichen Konzernen und Politikern, versuchen, eigene Wissenschaftler und Politiker zu etablieren und nutzen kommunikative Strategien. Im Vergleich zum Kleben der Hände an den Straßen, Farbanschlägen auf Gebäude und Denkmäler, Hysterien auf den Klima-Demos, Förderung von absurden Hitzeschutzprojekten, Verängstigen der Kinder mit apokalyptischen Szenarien in Schulbüchern, Sendungen und Apps wirken die Aktivitäten der „Klimawandelleugner“ fast schon verdächtig nüchtern.

Der gesamte Text des Beitrags klingt wissenschaftlich, viele Begriffe stammen aus dem Bereich Psychologie. Doch sie werden in den Kontext eines Konflikts verlagert, bei dem die eigene Position a priori als normale und gesunde Wahrnehmung wirkt. Die Kritik der Opponenten aber als eine Pathologie, die analysiert werden muss.

Durch ein quasi-psychologisches Modell, bei dem die „Klimawandelleugner“ in drei Kategorien unterteilt werden, wird ein Frame geschaffen, nach dem jede Form des Widerspruchs weder Meinung noch Analyse ist, sondern eine Abweichung, die schon fast wie eine Diagnose wirkt: Typ A, Typ B, Typ C. Bei dem Begriff „organisiert“ entstehen Assoziationen mit Sekten. Renommierte Wissenschaftler, Politiker, Fachleute und Menschen, die ihre kritischen Stimmen ernst nehmen, werden hier praktisch als kollektive Wahnsinnige dargestellt, die gezielt destruktiv handeln und andere Menschen manipulieren. Die klare Botschaft des Beitrags soll somit sein: Kritik am „menschengemachten Klimawandel“ und an politischen Maßnahmen ist Ausdruck von Angst und irrationalem Handeln.

Besonders perfide ist, dass im Beitrag der Mechanismus der Pathologisierung eher subtil angewendet wird. Doch gerade deshalb wirkt er so stark. Die Autoren sprechen nicht davon, dass Skeptiker dumm oder inkompetent seien. Sie nutzen einen eleganteren Weg: Sie kommunizieren, dass das Problem der existierenden Kritik sehr ernst sei. Jedoch nicht auf einer sachlichen Ebene. Inhalte der Kritiker sind somit nur aus der Perspektive ihres gefährlichen Einflusses auf die Gesellschaft relevant. Die Begriffe aus Psychologie und Medizin, Klassifizierung der „Abweichung“ je nach ihrer Intensität und Form des Ausdrucks und Untermauerung der Thesen mit zahlreichen Expertenmeinungen geben dem Artikel einen sachlichen Flair. Doch in Wahrheit ist er nichts anderes, als eine perfide Diffamierung kritischer Stimmen, serviert auf einem pseudo-wissenschaftlichen Tablett.

„Es ist sehr leicht zu behaupten, dass alles, was er (Kritiker) sagt, ein Produkt seiner kranken Fantasie und Wahnvorstellungen sei. Und ist es sehr leicht mit ihm fertigzuwerden und so Fragen nach politischen Meinungsverschiedenheiten oder seiner gesellschaftlichen Position zu vermeiden.“, erklärte Wladimir Bukowski, als er gefragt wurde, warum das sowjetische Regime Kritiker für Geisteskranke erklärt. Vor 60 Jahren schlugen seine auf eigenen Erfahrungen basierenden Offenlegungen zu diesem Thema große Wellen im Westen. Heute nutzt der Staat ähnliche Methoden. Zum Glück noch ohne Zwangsanweisung in die Psychiatrie.

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Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin und lebt seit über 20 Jahren in Deutschland. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Sie arbeitet für reitschuster.de.

Bild: Shutterstock.com

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