1,4 Millionen von Bill Gates für Hirschhausen-Stiftung Jetzt fordert Arztkomiker „umfassenden gesellschaftlichen Wandel“

Von Alexander Wallasch

Entertainer Harald Schmidt gilt als Entdecker von Dr. Eckart von Hirschhausen. Der Arzt, Comedian und Hobby-Zauberer ist heute eine Art medizinpopuläres Gesamtkunstwerk samt Bestsellerautor-Status. In der Late Night Show von Schmidt wurde Hirschhausen einem größeren Publikum bekannt. Heute allerdings ruft sein einstiger Förderer ihm Übellauniges hinterher:

Im Rahmen eines Podcast-Gesprächs plauderte Schmidt aus dem Nähkästchen. Sein Team hätte von Hirschhausen „gehasst“, der sei „schmierig“ gewesen, wie eine „wiederauferstandene Schwarzwaldklinik“. Und „anhänglich“ sei er gewesen, „er ist wie ’ne Klette, wie ein Schatten hinter einem her.“ Schmidt erzählt, er hätte sich zuletzt konsequent verleugnen lassen („Ghosting“), um Hirschhausens Avancen abzuwehren.

Aber darum soll es hier nicht gehen. Denn jetzt kam das zunächst absurd klingende Gerücht auf, dass ausgerechnet eine Stiftungsgründung dieses seichten Spaßvogels – von Hirschhausen hat Anfang 2022 an der Uni in Marburg eine Professur zur Erheiterung der Studenten angenommen – von der Bill & Melinda Gates Stiftung finanziert worden sei.

Das klingt zunächst wie eine Ente, weil man nicht glauben mag, dass Bill Gates über dessen Stiftung einen deutschsprachigen Hofnarren mit medizinischen Kenntnissen angeheuert hat. Auch die Summe, die genannt wurde, klingt in dem Kontext obszön: 100.000 Dollar pro Monat sollen es über einen bestimmten Zeitraum sein, bei einer Gesamtfördersumme von 1,4 Millionen Dollar.

Aber nur ein Witzemacher im steifen Kostüm will von Hirschhausen schon lange nicht mehr sein. Im Spiegel schrieb er beispielsweise hinter der Bezahlschranke über „Pandemie, Klimakatastrophe, Artensterben“ und fragte die Leser unter anderem: „Warum sind Verschwörungstheoretiker so erfolgreich? Und was kann man dagegen tun?“

Hirschhausen hatte schon zu Beginn der Krise zu einer, wie er es nennt, „radikalen Akzeptanz“ der Corona-Maßnahmen der Bundesregierung geraten.

Und auch zu Maßnahmenkritikern hat von Hirschhausen eine klare Meinung: Die Bundesregierung sei bisher nicht konsequent genug gegen Verschwörungstheorien und Falschinformationen vorgegangen. „Ich erlebe zwei Welten – eine offizielle und eine komplette Parallelwelt in den sozialen Medien“, so von Hirschhausen.

Gates-Geld für Spiegel und Hirschhausen

Aber was will von Hirschhausens Stiftung jetzt mit 100.000 Euro im Monat? Denn gemessen an der Förderung der Gatesfoundation beispielsweise für das deutsche Magazin „Spiegel“ sind das fast doppelt so viel aufs Jahr gerechnet: Der Spiegel erhält 760.000 Euro pro Jahr, vorerst bis 2025.

Seit 2018 unterhält die US-amerikanische Foundation (Stiftung) nach London auch ein Büro in Berlin. Die Stiftung ist in drei Bereiche gegliedert: Bildungsprojekte in den USA, globale Entwicklung und globale Gesundheit. Da will also ein steinreich gewordener Amerikaner nicht nur sein Land, sondern gleich die ganze Welt beglücken? Sei es ihm und uns gegönnt.

Die „Bill & Melinda Gates Foundation“ ist mit Einlagen von knapp 46,8 Milliarden US-Dollar die größte private Stiftung der Welt. Seit 2017 wurden bereits fast 40 Milliarden an Spenden und Fördergeldern an Projekte in mehr als hundert Länder ausgezahlt, die meisten davon zweckgebunden.

Und nein, die Förderung von Eckart von Hirschhausens Stiftung ab März 2021 ist kein Scherz. Der bisher hauptsächlich über die Spaßbühnen bekannt gewordene Arzt agiert nämlich, bisher unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung, massiv politisch.

Was müssen Hirschhausen und seine paar Leute für das viele Geld machen? Der Zweck wird von der Gates-Stiftung so ausgewiesen: „Purpose – to demonstrate the importance of Global Health and the link between Planetary and Global Health.“ Übersetzt geht es demnach um die Bedeutung der globalen Gesundheit und die Verbindung zwischen dem Zustand des Planeten und der Gesundheit der Menschen, die ihn bewohnen.

So darf das Engagement von Gates nicht als spleenige Langeweile eines Menschen verstanden werden, dem das Geld zu den Ohren herauswächst und der es nur irgendwie an irgendwen loswerden muss.

Nein, Bill Gates und die Seinen gehen planvoll damit um, verfolgen eine Agenda und haben auf der globalen Ebene oftmals mehr Einfluss, als es das außenpolitische Engagement von Einzelstaaten je haben könnte.

Spielball WHO

So titelte beispielsweise der SWR2 im September 2020: „Die WHO am Bettelstab: Was gesund ist, bestimmt Bill Gates.“ Da hieß es weiter über den sich als Philanthropen gerierenden Gates:

„Reiche Privatspender manipulieren die Politik der WHO, vor allem seit die USA ihren Beitrag zusammenstreichen. Das schadet Entwicklungsländern – und vielen armen Kranken. (…) Problematisch ist, dass Bill Gates durch seine Stiftungen seine Vorstellung von Gesundheitsförderung durchsetzt.“

Und mit BR24 schreibt ein weiterer öffentlich-rechtlicher Sender aus Deutschland: „Tatsächlich kann Gates über diese Zahlungen einen gewissen Einfluss auf die WHO nehmen. Dieser entsteht dadurch, dass die meisten freiwilligen Geldmittel zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden.“

Aber zurück zu von Hirschhausen. Der nämlich bekommt die Millionen-Zuwendung von Bill Gates nicht als Einzelperson, sondern die von ihm gegründete „Stiftung Gesunde Erde Gesunde Menschen gGmbH“.

Aber warum eine Stiftung als gGmbH?

Das weiß ein Stiftungsmagazin genauer: „Im Vergleich mit einem Verein ist die gGmbH eigenständiger. Es gibt keine Mitgliederversammlung, die abzuwarten und zu organisieren ist, keinen Einfluss von Mitgliedern außer den Gesellschaftern und somit schnelle und unbürokratische Entscheidungsprozesse. Anders als rechtsfähige Stiftungen unterliegt die gGmbH keiner staatlichen Aufsicht.“

Oder mit anderen Worten: „Neben der Vermeidung der Stiftungsaufsicht bei Gründung und laufendem Betrieb bietet die gGmbH eine Reihe weiterer Vorzüge. Sie lässt ebenso eine Ein-Mann-Gründung zu und der Stifter kann als Gesellschafter-Geschäftsführer die gGmbH komplett kontrollieren.“

Was genau passiert mit den fast eineinhalb Millionen Dollar? Was haben Gates‘ Leute da mit dem Witze erzählenden Arzt aus Frankfurt ausgeknobelt? „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“, heißt es auf der Webseite von Hirschhausens gGmbH.

Von Hirschhausen ist politisch. Unter der Überschrift „Unsere politischen Forderungen“ heißt es da in einem pdf zum Download, Gesundheit sei ein Menschenrecht, „universell, unveräußerlich und unteilbar“.

Und weiter: „Wer also den Menschen schützen will, muss unseren Lebensraum schützen: Den Planeten. Klimapolitik und Gesundheitspolitik müssen gemeinsam gedacht werden, um menschliches Leben zu verlängern und zu verbessern.“

Man kann also behaupten, Bill Gates fördert über den Umweg von Hirschhausen grüne Politik, sprich die Politik der Ampel-Regierung. Warum Gates das Geld nicht gleich als Parteispende vergeben hat, könnte am beengten Rahmen solcher Spenden-Möglichkeit liegen.

Monopoly in Grün

Besagte politische Forderungen der gGmbH lesen sich wie dem Ampel-Koalitionsvertrag entrissen:

„Wir brauchen eine effektive Klimapolitik – und Formen der politischen Willensbildung und Kommunikation, die die Bevölkerung bei notwendigen Veränderungen mitnimmt und einbindet.“ Eine zentrale Forderung lautet bei Hirschhausen: „Der Klimawandel macht einen umfassenden gesellschaftlichen Wandel notwendig.“

Wohin mit 100.000 Dollar monatlich seit März 2021? Hirschhausens gGmbH baut große Netzwerke auf und alles weitere, so die Stiftung auf Anruf von reitschuster.de, könne man nachlesen unter „Über uns“ und dort – „bitte weiter nach unten scrollen“ unter „Häufig gestellte Fragen“.

Machen wir sofort. Die Zusammenarbeit der gGmbH sei, so heißt es da, umfangreich vernetzt mit „Wissenschaftlern und Experten, anderen Stiftungen, Verbänden und Organisationen, Menschen in den Gesundheitsberufen oder Kirchen, SchauspielerInnen, SportlerInnen, MusikerInnen und anderen Multiplikatoren.“

Hirschhausen will „Menschen in der Mitte der Gesellschaft begeistern und existierende Netzwerke mit hohem Einfluss für das Thema gewinnen.“ Die so großzügig von Gates geförderte gGmbH ist „Mitglied der Klima-Allianz Deutschland, der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit, der Global Climate and Health Alliance und der Planetary Health Alliance.“

Auf die Frage, wie sich die gGmbH finanziert, wird einmal aufgeführt, was mit dem Geld von Gates passiert:

„So wird z.B. die Kampagne „Gesundheit ist ansteckend“ (Beginn Mai 2021) von der Bill & Melinda Gates Stiftung gefördert. Dazu zählen etwa Produktionskosten für unsere Videos oder Verwaltungskosten, die bei der Organisation der Kampagne anfallen.“

1,4 Millionen Dollar sind eine üppige Ausstattung für eine Kampagne. Die gGmbH weiß das und ergänzt, das sie selbst, die Mitarbeiter oder Eckart von Hirschhausen „keinerlei persönlichen finanziellen Vorteil durch die Förderung“ hätten.

Weiter heißt es, man sei politisch unabhängig, aber natürlich sei man „oft im Austausch mit politischen Akteuren, um unsere Anliegen zielgerichtet zu kommunizieren.“

Die Frage: „Welchen Einfluss hat die Bill & Melinda Gates Stiftung auf die Kampagne?“, stellt und beantwortet sich die gGmbH selbst: „Keinen. Die Bill & Melinda Gates Stiftung finanziert nur die Mittel für die Kampagne, hat aber keinen redaktionellen Einfluss auf die Arbeit von GEGM.“

Und weiter:

„Wir erhalten eine Förderung der Bill & Melinda Gates Stiftung in Höhe von knapp 1.230.000 EUR, um die Kampagne umzusetzen. Dies umfasst beispielsweise Ausgaben für Veranstaltungen, Forschungskooperationen, Personal, Reisekosten.“

Fakt bleibt allerdings, dass diese millionenschwere Förderung eng mit der Kampagne verbunden ist. Bill Gates bestimmt also den Rahmen, lediglich die Ausgestaltung obliegt der gGmbH von Hirschhausen.

Demokratische Prozesse ausgehebelt

Es wäre falsch zu sagen, die Gesellschaft verändere sich aus sich heraus. Sie wird verändert, vielfach gegen ihren Willen. Ein wichtiger Akteur ist hier Bill Gates, der seine Milliarden gezielt dafür einsetzt, einflussreiche Personen für seine Agenda einzuspannen.

Die „Bill & Melinda Gates Foundation“ ist die größte private Stiftung der Welt. Neu mag hier allenfalls sein, dass es nicht mehr nur die politischen und wirtschaftlichen Entscheider sind, die mit den Milliarden beglückt werden, auch Protagonisten aus dem Showbiz profitieren.

Bill Gates ist übrigens lange nicht der einzige Milliardär, der sich mit einer nicht demokratisch oder sonstwie legitimierten Agenda über Europa und die Welt beugt. Auch der Milliardär George Soros nimmt mit seinen Stiftungsgeldern (Open Society) Einfluss auf die Geschicke Europas. So gehört der österreichische Thinktank-Gründer (ISI) Gerald Knaus zu den Geförderten. Jener Knaus, dem zugeschrieben wird, er sei der Konstrukteur des EU-Türkei-Deals in der Migrationsfrage. Ein Deal, der die Geschicke Europas massiv beeinflusst hat.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann), schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

Bild: screenshot Eckart von Hirschhausen
Text: wal

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