Der neue „antifaschistische Schutzwall“ Die erstaunliche Geschichte eines Begriffes

Die historische Erinnerung ist leider kurz. Es ist faszinierend, wie es den SED-Erben in der „Linken“ mit tatkräftiger Unterstützung von Politikern anderer Parteien und linken Journalisten gelungen ist, den Begriff „Antifaschismus“ rein zu waschen von seiner schmutzigen Vergangenheit und ihn wieder positiv zu besetzen. „Antifaschismus“ war „in den dreißiger Jahren durchaus den Bemühungen um eine tragfähige politische Strategie zur Selbstbefreiung der Deutschen geschuldet“, wie die Leipziger Historiker Wilfried Schubarth, Ronald Pschierer und Thomas Schmidt ausführten. In den vierziger und fünfziger Jahren kam es dann jedoch zu einer politischen Funktionalisierung des Begriffes für die machtpolitischen Ziele der SED. Im Hintergrund gab kein anderer als der Massenmörder Stalin den Ton an. Es ging Moskau und Ostberlin auch darum, davon abzulenken, dass Hitlers Partei „Arbeiter“ und „Sozialismus“ im Namen hatte.

Auch wenn der Nationalsozialismus in Deutschland wesentlich heftiger gewütet hat als der internationale Sozialismus, und es absurd wäre, die DDR-Diktatur mit dem Dritten Reich gleich zu setzen, muss man sich vergegenwärtigen, dass der Sozialismus in unserem Land nur ein Wurmfortsatz des sowjetischen war, der unsägliches Elend mit Terror, Willkür, Gräueln und Abermillionen Toten über das Land und die Welt gebracht hat, und an dessen Gift noch heute die Gesellschaften in zahlreichen Ländern massiv leiden.

In Namen des „Antifaschismus“ verübte die SED, die unter der Ägide des Massenmörders Stalin gegründet wurde und mit der die heutige Linke nach eigenem Bekenntnis rechtsidentisch ist, massivste Verbrechen. Die Berliner Mauer, an der viele Menschen ihren Tod fanden und die unendliches Leid anrichtete, wurde in der DDR „antifaschistischer Schutzwall“ genannt und mit dem angeblichen Kampf gegen den Faschismus (der Bundesrepublik) gerechtfertigt. Ebenfalls damit wurde auch die blutige Niederschlagung des Arbeiteraufstandes am 17. Juni 1953 gegen das DDR-Regime begründet, die zum Tod von rund 50 Menschen und zur Festnahme von 13.000 führte. Die DDR-Führung und ihre Propaganda bezeichneten den Aufstand als „westlichen faschistischen Putschversuch.

Auch der Prager Frühling 1968 und der Ungarn-Aufstand 1956 wurden als faschistische Umsturzversuche diffamiert. Ihre blutige Niederschlagung, all die Morde, Festnahmen – sie geschahen im Namen eines vermeintlichen „Antifaschismus“. Wer in den kommunistischen Regimen gegen die Unterdrückung aufstand, wurde als Faschist verunglimpft (siehe auch meinen Beitrag „Der ,Kampf gegen rechts´ von KGB und Stasi“).

Man sollte annehmen, dass dieser jahrzehntelange, blutige Missbrauch des Begriffs „Antifaschismus“ dazu geführt haben müsste, dass er als ein Mittel aus der totalitären Giftküche der Geschichte erkannt und abgelegt wurde. Zumal mit „Bekämpfung von Nationalsozialismus“ oder „Rechtsextremismus“ geeignete, historisch nicht belastete Begriffe zur Verfügung stehen.

Die Väter des Grundgesetzes hatten einen antitotalitären Grundkonsens als eine der wichtigsten Lehren aus dem Nationalsozialismus und eine der tragenden Säulen fest im Fundament der Bundesrepublik verankert. An diesem Grundpfeiler wird seit vielen Jahren massiv gesägt, von Politikern und Medien. Jetzt gelingt der Durchbruch. Die CDU schickt sich an, in Thüringen ohne jede echte Not ihren eigenen Parteitagsbeschluss zu verletzen und mit den SED-Erben von der Linken zu kooperieren. Die Christdemokraten, die jahrzehntelang ein Bollwerk gegen den Sozialismus waren (wie übrigens früher auch die SPD) wollen mit Bodo Ramelow einen Mann zum Regierungschef wählen, der vor gar nicht allzu langer Zeit noch vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, sich freundlich über den „Genossen Stalin“ äußerte und noch vor wenigen Tagen die Opfer des SED-Regimes verhöhnte (siehe hier)

30 Jahre nach dem Mauerfall haben die SED-Erben damit ihr großes, strategisches Ziel erreicht. Sie haben das Grundgesetz umgedeutet und kommen damit durch. Mit Hilfe der CDU, wo eine frühere Sekretärin der SED-Nachfolgeorganisation das Sagen hat. Selbst wenn man ihr die Mitgliedschaft in dieser Organisation in aktiver Position und ihren merkwürdigen Umgang mit dieser Vergangenheit nachsehen möchte – eben deswegen müsste gerade sie auf eine besonders strikte Abgrenzung mit der SED-Nachfolgerin pochen. Sie tut das Gegenteil. Die Tochter des „roten Pastors“ Horst Kasner, der mit der kommunistischen Führung kooperierte, hat die SED faktisch rehabilitiert.

Linken-Chefin Kipping verkündete am Freitag triumphierend: „Die Verständigung in #Thüringen hat historísche Dimension: Damit ist die von CDU praktizierte Äquidistanz faktisch erledigt. Good-bye Hufeisentheorie. Dass CDU endlich die Ausgrenzung linker Ideen korrigiert, ist eine gute Nachricht für den antifaschistischen Konsens des Grundgesetzes.“

Was für ein Etikettenschwindel im alten SED-Geist! Was für schwarze Tage in der Geschichte der Bundesrepublik. Was für schwarze Tage in der Geschichte der CDU. Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Helmut Kohl würden sich im Grabe umdrehen. 30 Jahre nach dem Ende der blutigen linken Diktatur in Deutschland, hat die Mauerschützenpartei erneut den Begriff „Antifaschismus“ missbraucht, um demokratische Grundwerte mit Füßen zu treten und Macht zu erlangen. Und sie lügt wieder dreist, verdreht Begriffe, erfindet einen „antifaschistischen Konsens im Grundgesetz.“ Das ist genau der Zynismus, der einst für die kommunistischen Systeme typisch war. Einer der entscheidenden Dämme, den die Väter des Grundgesetzes gebaut haben, ist eingerissen, ja verhöhnt worden – im Windschatten einer grausamen Tat eines verwirrten Mannes, die ebenfalls in den Kontext des Faschismus („rechter Terror“) gestellt wurde.

2020 ist wieder ein „antifaschistischer Schutzwall“ errichtet worden. Am neuen wird zwar Gott sei Dank nicht geschossen. Aber auch er spaltet mit Hilfe des Missbrauchs von Begriffen ein Land. Auch er soll helfen, einer Partei, die offen den Sozialismus will, ihren Machtanspruch zu sichern und erweitern. Auch er soll helfen, eine lebensfremde Ideologie vor den logischen, negativen Folgen aus ihrem Scheitern in der Konfrontation mit der Realität zu schützen.

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Guten Tag aus Berlin,

von wo aus ich Sie heute erst einmal in die Ferne entführen will – nach Russland. In meiner Sendung im russischsprachigen deutschen Sender OstWest hatte ich gerade einen der bekanntesten russische Politologen zu Gast – der vorhersagte, dass sich Putin 2021 aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurückziehen wird, und in Russland eine neue Perestroika beginnt.

Ich hätte das sofort als Kreml-Astrologie zurückgewiesen – wäre mein Gesprächspartner, Valeri Solowej, nicht als „Kreml-Orakel“ bekannt, der etwa die Personalveränderungen in Putins Präsidialadministration – dem wahren Machtzentum im Land – haargenau vorausgesagt hat. Dennoch habe ich meine Zweifel an der Prognose – sie klingt zu optimistisch, um wahr zu sein.
Meine Video-Analyse zu Thüringen
In der Tat herrscht in Moskau, wo ich vor zwei Wochen war, zumindest bei einigen eine gedämpfte Aufbruchstimmung: Viele glauben, dass die Zeit der politischen Stagnation, für die Putin steht, einem Ende entgegen geht (auch wenn die Zahl der Pessimisten wohl größer ist). Mit Gerichtsurteilen wie gerade gegen fünf junge kremlkritische Männer, die wegen an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen und laut Bürgerrechtlern durch Folter erzwungenen, später wiederrufenen Geständnisse, zu bis zu 18 Jahren Lagerhaft verurteilt wurden, bringt das System Putin auch viele sonst eher gleichgültige Bürger gegen sich auf.

Allein dieses Beispiel zeigt, wie absurd es wäre, das System Putin und das System Merkel gleich zu setzen. In Russland müssen Kremlkritiker im schlimmsten Fall mit Gefängnis oder Ermordung rechnen. In Merkels Deutschland „nur“ mit sozialer Ausgrenzung und beruflichen Nachteilen. Aber das wird nicht dadurch weniger schlimm, dass es in Russland noch schlimmer ist. Auch wenn es paradox klingt – ich habe inzwischen in Moskau weniger Angst meine Meinung zu sagen als in Deutschland (warum, erkläre ich ausführlich in diesem Video):

Es ist erstaunlich, was für Anfeindungen man ausgesetzt ist in der Bundesrepublik, wenn man abweicht vom quasi amtlichen linksgrünen Zeitgeist. Dabei ist es immer wieder aufs Neue faszinierend, wie Leute, die glauben „gegen den Haß“ zu kämpfen und für Toleranz, Offenheit und Buntheit, sich ständig selbst entlarven. Faszinierend auch, wie viele diesem riesigen Etikettenschwindel auf den Leim gehen. Das Ganze nimmt wahnhafte Züge an. Hier ein Beispiel:

Mir kam da sofort ein Zitat des großen Arthur Schopenhauer in den Sinn, das heute so aktuell ist wie zu seinen Zeiten:

«Wenn man merkt, daß der Gegner überlegen ist und man Unrecht behalten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob. Diese Regel ist sehr beliebt, weil jeder zur Ausführung tauglich ist, und wird daher häufig angewandt.”

Die massive Spaltung unserer Gesellschaft, der große Hass, der inzwischen zu spüren ist – und zwar bei weitem nicht nur von einer Seite (auf der großen Demonstration in Erfurt, zu der Teilnehmer mit Bussen aus ganz Deutschland herangefahren wurden, waren kleine Kinder zu sehen mit Plakaten wie „Nazis in den Suppentopf“) – macht mir größte Sorgen.

Und nicht nur mir. Ich konnte Professor Hans-Rolf Vetter für einen Gastbeitrag auf meiner Seite gewinnen, in dem er wissenschaftlich fundiert das darlegt, was bei mir eher ein Bauchgefühl aufgrund meiner vielen Erfahrungen ist: Dass Deutschland in eine massive Krise hineinstolpert, die unseren Wohlstand und unseren Sozialstaat massiv erschüttern wird. Der Text ist eher für Hartgesottene – nichtsdestoweniger aber absolut lesenswert:

Weitere Höhepunkte auf der Seite in der vergangenen Woche:
„Neusprech aus Pakistan“ – Lukas Mihr über die Versuche, unseren Meinungskorridor zu minimalisieren
„Wie eine Gesellschaft kippt“ – Wenn Extremisten Politiker terrorisieren, müssten alle Demokraten zusammenstehen und das verurteilen. Stattdessen erleben wir Schweigen.
„Ein Land im (AfD-)Wahn“ – Statt mit Argumenten wird die AfD mit Stigmatisierung bekämpft. Damit werden die radikalen Kräfte in der Partei gefördert. Eine Analyse.
„Bloss nicht schwarz ärgern!“ In jedem von uns steckt Rassismus, warnt der „Antirassismus-Knigge“ der ZEIT. Die Tücke liegt in der Sprache.- selbst im schwarzen Schaf.

Daneben gibt es noch viele weitere interessante Beiträge.

Ich wünsche Ihnen einen guten Wochenstart – und freue mich auf viele virtuelle Treffen auf meiner Seite, auf Ihre Kommentare und Anregungen!

Ganz herzlichen Dank und beste Grüße
Ihr
Boris Reitschuster


Bilder: Pixabay

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